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Die Spur des Dschingis-Khan

Titel: Die Spur des Dschingis-Khan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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verließen, zeigten ihre Gesichter nichts mehr von der Sorge, die bis dahin auf ihnen gelastet hatte.
    *

Mittagsglut lag auf den Ruinen von Karakorum. Zerfallen waren die alten Paläste, in Trümmern lagen die Häuser. Nur noch wenige ärmliche Ansiedler hausten in den Überbleibseln der einstigen großen Hauptstadt.
    Außerdem noch die Gefangenen Collin Camerons. Als damals Wellington Fox in Urga auftauchte, wußte Cameron sofort, daß der Aufenthalt der Witthusens entdeckt sei, daß Freunde am Werk wären, um sie zu befreien. Ein anderer sicherer Ort mußte für sie gefunden werden, und Cameron verfiel auf die alte Thingstätte der Mongolen, auf Karakorum. Hier, in der Schamowüste, fern von allem Verkehr, würde sie so leicht niemand suchen und finden.
    Noch in der Nacht nach der Gefangennahme von Wellington Fox war eine Karawane aus Urga nach dem Südwesten aufgebrochen und hatte die Gefangenen nach Karakorum geschafft.
    Seit vielen Jahrhunderten war die Stadt ein Trümmerhaufen. Aber unter den Ruinen gab es auch weniger verfallene, die zur Not bewohnbar waren. Einen solchen Bau hatte Collin Cameron für seine Gefangenen bestimmt. Die Wärter, die er ihnen mitgab, die würden sich auch nicht bestechen lassen. Dessen glaubte er sicher zu sein. Hatte er sie zur größeren Sicherheit doch noch den schmerzvollen Tod jenes bestochenen Wärters in Urga mit ansehen lassen, bevor die Karawane aufbrach.
    Wellington Fox ging mit langen Schritten rastlos in dem von einer hohen Mauer umgebenen Hof ihres neuen Gefängnisses im Kreis entlang.
    Hundertfünfzig Schritte in der einen Richtung, wenn er linksherum ging … hunderteinundfünfzig Schritte in der anderen Richtung, wenn er den Kreis an den Mauern und Wänden rechtsherum lief.
    Diese Differenz von einem Schritt zwischen den beiden Richtungen schuf ihm unaufhörliches Nachdenken … und dieses Denken zusammen mit der körperlichen Bewegung des Rundganges bewahrte ihn vor jener trostlosen Erschlaffung, der Theodor Witthusen zu erliegen drohte.
    Wellington Fox spazierte und zählte dabei:
    »… Hundertneunundvierzig … hundertfünfzig … hunderteinundfünfzig … Himmeldonnerwetter, wie ist denn das möglich … es bleibt bei der unerklärlichen Differenz von einem Schritt … All right … versuchen wir es noch einmal in der anderen Richtung.«
    Auf dem linken Absatz vollführte er eine energische Kehrtwendung. Doch bevor er den Marsch in der anderen Richtung wieder antrat, blieb er erst kurze Zeit stehen, zog das Tuch und trocknete sich den strömenden Schweiß von der Stirn.
    Dann ging er wieder los und begann mechanisch die Schritte zu zählen. »… Eins … zwei … drei …«
    Auf seinem Rundgang kam er an der Stelle vorüber, an der Witthusen im Schatten saß. Er blieb stehen und trocknete sich von neuem die Stirn.
    »Eine schauderhafte Hitze, Herr Witthusen … Wie erträgt es Ihre Tochter?«
    Mit einer matten Bewegung hob Witthusen den Kopf.
    »Sie bleibt fast den ganzen Tag in ihrem Zimmer. Sie leidet und hofft …«
    »Hofft sie auch, daß Isenbrandt uns schließlich auch hier entdecken und dem gelben Gesindel entreißen wird?«
    »Sie hofft, Herr Fox … wir alle hoffen … auch andere Freunde bemühen sich um uns. Mr. Cameron ist in Peking und wird alles tun, um unsere Freilassung …«
    »Mr. Cameron!«
    Scharf und hart war Fox dem Alten ins Wort gefallen.
    »Mr. Cameron! … Sie glauben, daß er …«
    Jäh brach Wellington Fox seine Rede ab. Was hatte es für einen Zweck, sich mit Witthusen über Cameron zu unterhalten.
    Wellington Fox machte sich wieder auf den Marsch. Dann blieb er stehen und betrachtete kopfschüttelnd den Himmel. Dessen stahlblauer Glanz begann einem verwaschenen Grau zu weichen.
    Wellington Fox marschierte weiter. Jetzt war der ganze Himmel nur noch ein einziges dunkles Grau. Ein leichter Luftzug bewegte die Zweige der halbvertrockneten Bäume jenseits der Hofmauer.
    Vor Witthusen machte Wellington Fox wieder halt.
    »Sehen Sie den Himmel, Herr Witthusen?«
    Der Alte blickte empor.
    »Ich sehe … Regenhimmel? … Wolken hier in der Wüste, in der es oft jahrelang nicht regnet … das verstehe ich nicht, Herr Fox.«
    Wellington Fox streckte die Hand aus und wartete, bis die ersten Tropfen ihm auf die Hand fielen.
    Verständnislos blickte Witthusen auf die Hand von Fox.
    »Regen … ich weiß nicht, was es zu bedeuten hat.«
    Wellington Fox streckte beide Hände in das stärker fallende Naß. Dann vollführte er einen

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