Die Spur des Dschingis-Khan
Uhr.
»Zwanzig Minuten nach Fünf.«
In einer Pause zwischen zwei Donnerschlägen klangen die Worte durch den Raum.
Der Regen begann jetzt milder zu fallen. Aus dem Wolkenbruch wurde ein Landregen.
Seltener wurden die Donnerschläge, seltener die zuckenden Blitze. Aber die Helligkeit im Raum wurde nicht geringer. Der Himmel selbst schien zu leuchten.
Wellington Fox lief bis an die Hoftür. Er streckte die Hände in den Regen und zog sie mit einem Aufschrei zurück. Kochendes Wasser hatte ihn verbrüht.
Er kehrte in das Zimmer zurück und rieb sich die schmerzende Hand. Spürte dabei, wie die Wärme auch im Zimmer zunahm.
Wellington Fox sah auf die Uhr.
»Halb sechs!«
Mit schnellem Griff löste er den Verschluß der Tube, schüttete den ganzen Inhalt auf den Krug, warf auch die Tube nebst Deckel hinein. Trat dann wieder zu den Witthusens.
Wie Feuer leuchtete der Himmel durch die Fenster. Soweit das Firmament durch die kleinen Öffnungen zu übersehen war, schien es in Flammen zu stehen.
Noch einmal wagte Wellington Fox den Gang bis zur Hoftür. Schon auf dem Flur vom Zimmer bis zum Hof schlug ihm drückende Hitze entgegen.
Dann stand er einen Augenblick an der geöffneten Tür und sah, wie aus dem Wasserregen ein Feuerregen geworden war.
Die brennende Hitze trieb Wellington Fox zurück. Er schlug die schwere Bohlentür hinter sich zu und eilte über den Flur wieder in das Zimmer.
Erfrischende Kühle umfing ihn hier. Er blickte zum Tisch.
Wo er vor kurzem noch den Krug gesehen hatte, lag jetzt ein gewaltiger massiver Eisblock. Graue Nebel umwallten ihn, liefen über die Tischplatte, fielen schwer zu Boden und wogten durch das Zimmer, um an den Wänden langsam emporzusteigen. Nebel, die eine herbe Kälte durch den ganzen Raum verbreiteten.
Wellington Fox begann den Plan des Freundes zu begreifen. Da draußen tobte die Wut des Dynotherms, ließ Feuer vom Himmel fallen und vernichtete alles Leben, soweit es in den Ruinen vorhanden war. Hier drinnen bei ihnen in diesem kleinen Raum arbeitete die Macht des Antidynotherms der Glut entgegen und schützte ihr Leben.
Mit wunderbarer, genau abgemessener Genauigkeit vollzog sich das Spiel und Gegenspiel der Riesenkräfte und ließ in der brennenden Ruinenstadt hier allein einen Ort, an dem das Leben den allgemeinen Untergang überstehen konnte.
Mit Staunen und Grauen sahen die Eingeschlossenen das furchtbare Schauspiel. Auch dem sonst nie um Worte verlegenen Fox fehlte die Sprache.
Unablässig fiel das Feuer … bis es nach langer Zeit schwächer wurde.
Nur noch matt glänzten jetzt die Fensteröffnungen. Ganz allmählich ging dort der gelbe Schimmer in einen grünlichen über.
Eine Viertelstunde … und dann noch eine.
Ein Geräusch schreckte sie aus ihrer Erstarrung empor.
Ein Rasseln an der Außentür. Ein Poltern, als ob sie in Trümmern zusammenstürzte.
Dann Schritte auf dem Flur.
Die Tür zum Zimmer wurde aufgerissen. Rotgolden flutete das Licht der Abendsonne in den Raum. Vor ihnen stand Georg Isenbrandt.
»Hurra! Gerettet!« schrie Wellington Fox.
Mit erhobenen Armen eilte Theodor Witthusen auf den Retter zu.
Doch der sah sie beide nicht. Seine Augen waren auf Maria gerichtet.
»Maria!«
»Georg!«
Mr. Garvin streifte nachdenklich die Asche von seiner Zigarre. Sein Blick glitt über die Abhänge des Matteostocks und die blaue Flut des Stillen Ozeans, um dann an der Gestalt von Wellington Fox haften zu bleiben.
Anders als damals in Wierny blickte Francis Garvin heute auf den Journalisten, der in lässiger Haltung auf der schmalen Balustrade saß und vergnügt mit den Beinen schlenkerte, als hätte er eben irgendeine Belanglosigkeit zum besten gegeben. Schon der gute Humor, mit dem Fox seine Abenteuer in Urga und Karakorum erzählte, hatte dem kühlen Geschäftsmann gefallen.
»Und niemand hat außer Ihnen beizeiten die schwere Gefahr erkannt, die unser Land bedroht?«
»Keine Seele! Als ich dem Meister unseres Weißen Ordens hier in Frisko die nötigen Mitteilungen machen wollte, feierten sie gerade das hohe Fest des Holundermarks …«
Garvin schaute ihn fragend an.
»Was ist das?«
»Ein Humbug in Reinkultur. Der Meister hatte gerade die Zeremonie beendet, als ich ihn um eine Unterredung bat.
Ich habe selten ein so erstauntes Gesicht gesehen bei einem Mann, der doch sonst als kluger und energischer Politiker bekannt ist.«
Garvin lachte.
»Und weiter?«
»Ich mußte es bewundern, wie schnell und richtig er dann aber die Sache
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