Die Spur Des Feuers
trug sie das letzte Stück die Treppe hinunter. »Ich kann das nicht länger mit ansehen. Ich komme zu Ihnen rein. Nur eine Minute. Rein und wieder raus. Ich verspreche es.«
Der Schmerz ließ nach. Der Rauch lichtete sich.
Sie waren in der Bibliothek angekommen. Er setzte sich mit ihr in einen großen Ledersessel vor dem Kamin und wiegte sie auf dem Schoß wie ein kleines Kind. »Sie sind wach. Nichts kann Ihnen geschehen. Das wird Ihnen schon bald klar werden.
Ich bleibe hier mit Ihnen sitzen. Sobald Sie sich fit genug fühlen, um aufzustehen, und in die Küche und mit mir eine Tasse Kaffee trinken wollen, sagen Sie mir Bescheid.«
Kein Rauch. Kein Schmerz.
Wärme. Stärke. Es duftete nach Kräutern. Nach Rasierwasser.
»Alles ist gut.« Er streichelte ihr übers Haar. »Entspannen Sie sich. Es wird Ihnen kein Leid geschehen. Kommen Sie zu mir zurück. Das wollen Sie doch, oder?«
Sie nickte benommen. Sie hörte sein Herz an ihrem Ohr schlagen.
»Jetzt lassen Sie alles los. Kein Rauch. Kein Schmerz.
Es ist vorbei. Ich gehe wieder raus.«
Seltsam. Leere. Friede.
Sie war wach.
Gott im Himmel!
Sie setzte sich auf. »Mist!«, fluchte sie vor sich hin und sprang auf.
»Nicht gerade die netteste Reaktion auf meine Fürsorglichkeit.«
Er legte einen Arm um ihre Schultern. »Alles in Ordnung?«
»Nein! Sie haben es schon wieder getan, verdammt!«
Er runzelte die Stirn. »Ich bekenne mich schuldig. Aber ich konnte es nicht länger – Sie waren so verzweifelt. Was zum Teufel hätte ich denn tun sollen?«
»Was jeder normale Mann getan hätte.«
»Das habe ich, aber es hat nicht geholfen. Ich konnte nicht –
So schlimm war es doch nicht. Verdammt, ich habe Sie sogar vorgewarnt. Und Sie waren richtig froh, dass ich bei Ihnen war.
Also hören Sie auf, mir die Hölle heiß zu machen.«
»Aber ich wollte nicht, dass Sie –« Sie brach ab und holte tief Luft. Es hatte keinen Zweck, ihm und sich selbst etwas vorzumachen. Er hatte Recht. Sie wäre für jede Behandlung dankbar gewesen, die diesen grauenhaften Albtraum beendet hätte, egal wie. Sie war tatsächlich froh gewesen, dass er ihr zu Hilfe gekommen war.
»Also gut, es war nicht allein Ihre Schuld.«
»Gott, ist Ihnen das schwer gefallen! Trotzdem, ich bin froh über das Eingeständnis. Bettler müssen nehmen, was sie kriegen. Kommen Sie, trinken wir eine Tasse Kaffee.«
»Ich brauche keinen Kaffee.«
»Ich aber. Sie haben mich ganz schön strapaziert heute Nacht.
Ich brauche entweder einen Drink oder Coffein, und ich glaube, ich ziehe einen klaren Kopf vor.«
Sie folgte ihm aus der Bibliothek in die Diele. Der Marmorboden fühlte sich kalt an unter ihren nackten Füßen, und zum ersten Mal fiel ihr auf, dass er ebenfalls barfuß war und einen braunen, samtenen Morgenmantel trug. »Hab ich Sie schon wieder geweckt?«
»Ja, das kann man wohl sagen. Plötzlich wurde ich in die Hölle gerissen und von Flammen und Schwefel verschlungen.
Dann habe ich es nicht geschafft, Sie zu wecken und uns so beide aus dieser Hölle zu befreien.« Er öffnete die Küchentür.
»Und weil ich das nicht nochmal durchmachen will, werden wir jetzt zusammen Kaffee trinken, und Sie werden mir erzählen, was sich in Ihrem Kopf abgespielt hat. Einverstanden?«
»Glauben Sie etwa, ich hätte Lust, das nochmal zu –«
Ihre Blicke begegneten sich und sie nickte. »Einverstanden.«
»Gut.« Er trat an den Küchenschrank und nahm eine Dose Kaffeepulver heraus. »Setzen Sie sich an den Tisch und entspannen Sie sich, während ich den Kaffee aufsetze.« Er schaute sie über die Schulter hinweg an. »Immerhin haben Sie aufgehört zu zittern.«
Aber innerlich zitterte sie immer noch. »Ich bin eigentlich kein Feigling. Es war nicht –«
»Himmel, Herrgott, ich weiß, was Sie durchgemacht haben!
Ich war dabei. Zumindest am Rande habe ich es miterlebt. Ich hab mir eingebildet, die von mir errichtete Blockade wäre stark genug, dass der Albtraum Sie nicht schon wieder heimsuchen würde. Wahrscheinlich bin ich nicht so gut, wie ich dachte.«
»Blockade? Eine Art posthypnotische Suggestion? Ist das die Methode, die Sie anwenden?«
»In etwa.« Er schaltete die Kaffeemaschine an und ließ sich ihr gegenüber auf einen Stuhl fallen. »Aber jemand, der sich hypnotisieren lässt, muss innerlich dazu bereit sein, und manche Leute, in deren Psyche ich einzudringen versuche, wehren sich mit Händen und Füßen. Häufig muss ich sozusagen verdeckt vorgehen, um den Kampf zu
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