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Die Spur fuehrt nach Tahiti

Die Spur fuehrt nach Tahiti

Titel: Die Spur fuehrt nach Tahiti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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begleiteten es. Korallenriffe leuchteten in allen Farben durch das Wasser. Und als jetzt ein Pelikan vom sumpfigen Uferstreifen ganz dicht über seinen Kopf in den Himmel flatterte und fast den Schornstein des Schiffes streifte, war Krumpeter total von den Socken. Ekke, sagte er zu sich — wenn er mit sich selbst redete, sagte er immer Ekke — , wenn es irgendwo auf der Welt ein Paradies gibt, dann ist es hier.
    Schon am Ende der Einfahrt hörte die Dünung auf, und die „Aurora“ tastete sich in das glatte ruhige Wasser der Lagune hinein. Sie lag blau und glasklar da wie ein riesiger See.
    Jetzt konnte man am Ufer zwischen den hohen Kokospalmen bereits die Hütten mit ihren Blechdächern erkennen. Zwischen ihnen ein größeres Haus mit einem Ziegeldach.
    Weil das Wasser dem Strand zu für die mächtige „Europa“ nicht tief genug war, hatte sie auf Reede ankern müssen. Sie hatte über die Toppen geflaggt, und als der Schoner aus dem Kanal gekommen war und jetzt an ihr vorbeifuhr, ließ sie zur Begrüßung von der Brücke herunter ihre Sirenen aufheulen.
    Der Kapitän der „Aurora“ antwortete mit mehrfachem dumpfen Tuten und ließ gleichzeitig eine Leuchtrakete in den Himmel schießen.
    An dem kleinen Pier des Dorfes, der in erster Linie für das Versorgungsschiff aus Papeete gebaut worden war, hatte ein Motorschiff des Ozeanriesen angelegt. Aus ihm kletterten die Passagiere auf den breiten Holzsteg. Ein zweiter Tender kam mit einer weiteren Ladung gerade angerauscht.
    „ Die ,Europa’ kommt nur zwei- oder höchstens dreimal im Jahr zu uns, und es ist jammerschade, daß sie ausgerechnet heute hier ihre Fahrgäste ausspuckt“, sagte der Baron. Er stand neben Krumpeter an der Reling, und beide blickten zum Ufer hinüber, das immer näher kam. „Jetzt kriegen Sie einen ganz falschen Eindruck. Aber schon in ein paar Stunden ist das ganze Touristengewimmel verschwunden. Dann sind wir wieder unter uns, und die Insel wird sich so zeigen, wie sie wirklich ist. Die Perlentaucher werden mit ihren Booten zum Riff hinausfahren, das einzige laute Geräusch wird das Brüllen der Brandung gegen das Riff sein, und wenn die Menschen hier Sorgen haben, dann nur die Angst vor einem Hurrikan, wie vor zwei Jahren.“ Er zog seine rohseidene Jacke an, die er bisher über dem Arm gehabt hatte. „Kein Streß, kein Smog, keine Bettler an jeder zweiten Straßenecke wie in Paris oder London, wo kaum einer lächelt und keiner Zeit hat.“
    „Sie sind ein außergewöhnlicher Mann“, sagte Krumpeter und grinste dabei über das ganze Gesicht.
    „Wir sind alle außergewöhnlich“, erwiderte der Baron. Er zündete sich eine Pfeife an und hatte damit keine Mühe, denn es war kein Wind zu spüren, nicht einmal ein Hauch so sanft wie eine Katzenpfote.
    Während sie jetzt beide schweigend zu dem Gedränge am Pier hinüberschauten, überlegte Krumpeter, daß es vielleicht gar nicht so schlecht war, wenn die Eingeborenen im Augenblick nur an den Passagieren der „Europa“ interessiert und durch sie abgelenkt waren. Wenn er jetzt ganz allein in der Begleitung des Barons als einziger Fremder ankäme, würde man ihn todsicher neugierig anstaunen und mit tausend Fragen bombardieren. Aber versteckt unter den paar hundert Inselbesuchern, würde er, ohne groß aufzufallen, an Land gehen können.
    Es war so ähnlich, wie es mit der Reisegesellschaft nach der Landung auf dem Flugplatz von Papeete gewesen war.
    Und auch das Zeremoniell mit den Blütenkränzen wiederholte sich.
    Nur waren diesmal die Kränze aus stark duftenden Gardenien und Frangi-Pani-Blüten geflochten, und die tahitischen Mädchen, die sie den verschwitzten Passagieren umhängten, trugen regelrechte Blumenkronen auf dem Kopf und einzelne Blüten auch hinter den Ohren. Sie kicherten, redeten mit hellen Vogelstimmen durcheinander, und zwischendurch sagten sie immer wieder einmal „ia ora“, was soviel wie „Guten Tag“ bedeutet.
    Eine knappe Stunde später kam Ekke Krumpeter in seinem weißen Leinenanzug, der keine Bügelfalten mehr hatte, vom Deck über das Fallreep, und genau um elf Uhr dreiundvierzig betrat er behutsam zuerst mit dem rechten und dann mit dem linken Fuß den hölzernen Pier von Fakarava.
    Es war ein Gefühl, als hätte er den ersten Schritt auf den Mond gemacht.
    Den eingeborenen Mädchen waren bei den vielen Passagieren der „Europa“ die Blütenkränze ausgegangen. Sie saßen jetzt wie Schauspielerinnen, die ihre Rollen zu Ende gespielt hatten,

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