Die Spuren der Seele
Geschlechtsunterschiede. Die eigentliche Aufgabe wäre wohl darin zu sehen, dass der Mann für sich und die Seinen ein treten und hervor treten kann, um sich zu zeigen, und die Frau steht ihm darin heute nicht nach. Dabei könnte er aber auch so großartig sein, anderen zuweilen den Vor tritt zu lassen, weil er es sich leisten kann, höflich zurückzu stehen . Er könnte kräftige Schritte in Neuland wagen, und oft wüchse kein Gras mehr, wo der hintritt, weil er solchen Eindruck hinterließe. Sein Auftreten wäre ein großer Auftritt, und jedes Erscheinen würde zu einem solchen. Von der Evolution zu großen Sprüngen und ebensolchen Schritten aufgefordert, könnte er sich mit Siebenmeilenstiefeln auf den Weg machen. Trittfest und trittsicher sollte er auch sichere Standpunkte finden und sie entsprechend verteidigen, um so zügig auf der Bergtour des Lebens voranzukommen. Dies alles hat natürlich Bedeutung im übertragenen Sinn, und die Tatsache, dass der Größenzuwachs vor allem im Körperlichen liegt, dürfte mit Defiziten auf anderen Ebenen wie der des Bewusstseins zusammenhängen.
Vieles im Bereich unserer Wurzeln ist vorherbestimmt und wird ins Leben mitgebracht. Trotzdem sind auf dieser Ebene noch Entwicklung und Befreiung möglich. So vermitteln auch die Füße ein Abbild der Spannung zwischen Potenzial und Umsetzung.
Grundsätzlich gibt es zwei Entwicklungsmöglichkeiten. Der vorgegebene Plan wird bereitwillig und früh angenommen und erfüllt. Dann spiegeln die Füße dieses Muster und die dadurch möglich gewordene Befreiung wider. Wer sich freiwillig dem Unabänderlichen stellt, erreicht in jeder Hinsicht noch am meisten Freiheit. Andererseits kann das Leben aber auch durch aufgezwungene Einschränkungen Spuren hinterlassen, besonders wenn die Herausforderungen nicht angenommen werden (können). Falls jemand mitgebrachte Aufgaben verweigert, zeigen seine Füße es in zunehmender Beschränkung ihrer Ausdrucksmöglichkeiten, was bis zur Verkrüppelung gehen kann.
Obwohl vieles an der Gestalt unserer Füße angeboren ist, verändern sie sich ein Leben lang und legen Zeugnis davon ab, wie es ihrem Besitzer im jeweiligen Lebensabschnitt geht. Wachsen die Füße bei Erwachsenen weiter, nicht selten pro Schwangerschaft um eine ganze Schuhgröße, bedeutet es, dass etwas im eigenen Wurzelbereich wachsen will. Im Fall der Schwangerschaft sollten die Verantwortung für das Kind und das gemeinsame Nest und die entsprechende Verwurzelung zunehmen. Falls dies im übertragenen Sinn nicht ausreichend klappt, springen die Füße ein und verleihen der Notwendigkeit von mehr Verwurzelung Ausdruck. Auf diese Weise deutet der Organismus schwangeren Frauen in wachsenden Füßen an, dass sie einen besseren Stand brauchen, um allem Kommenden gerecht zu werden. Väter nutzen diese Zeit der Vorbereitung auf das Kind hingegen nur sehr selten zu diesem Wachstum.
Die Füße wachsen also mit ihren »Aufgaben«. Wenn ein neuer Standplatz, eine neue Position im Leben gefunden ist, passen sie sich an, strecken sich entsprechend und dehnen sich zu neuer Größe. Eventuell signalisieren sie damit auch ihrem Besitzer, dass sie nun für größere Aufgaben im Berufs- oder Privatleben gerüstet sind. Das Wachstum der körperlichen Wurzeln zeigt aber vor allem die Notwendigkeit von geistig-seelischem Wachstum. Statt konkret die Füße wachsen zu lassen, sollten die Betreffenden im Bereich ihrer Wurzeln nachwachsen und mehr Sicherheit und Standfestigkeit gewinnen. Sie wollen unbewusst besser zu sich stehen.
Nach oben flexible Zehen künden von Angst statt vom Leben auf großem Fuß.
Dagegen werden Füße im Allgemeinen nicht schrumpfen, es kann lediglich so aussehen oder sich so anfühlen. Kurz nach dem Fasten sind sie etwas kleiner, und die Schuhe wirken wegen des entwässernden Effektes vorübergehend zu groß. Dies dürfte ein weiterer Grund sein, der Fasten bei Frauen so überaus beliebt macht. Auch wenn sich die Zehen zusammenkrallen, mag manchmal eine ganze Schuhgröße auf der Strecke bleiben. In Wahrheit entspricht dem ein seelisches Kleinerwerden, ein Sich-Kleinmachen(lassen). Dieses Phänomen trifft Menschen, die auf Rückzug ins Private geschaltet haben oder die Außenkontakte in einer neuen Umgebung scheuen, die sich freiwillig kleinmachen, um weniger aufzufallen, oder die sich zurückstutzen ließen oder sich zurückzogen, weil ihnen ständig jemand auf die Zehen trat . Manche machen sich auch kleiner, um weniger Gegenwind
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