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Die Staatsanwältin - Thriller

Die Staatsanwältin - Thriller

Titel: Die Staatsanwältin - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hänssler-Verlag
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dass Chris es sehen konnte. Jeder Zentimeter war mit winzigen handschriftlichen Notizen bedeckt. Papier war ein wertvoller Rohstoff im Gefängnis.
    Â»Das sind die Dinge, für die ich bete. Sie stehen hier drauf und ihre Schwester auch. Ihr Vater stand auch drauf …« Antoine konnte Chris nicht in die Augen sehen, und das Papier zitterte ein bisschen in seiner Hand. »Sie haben keine Ahnung, wie viel es mir bedeutet hat, dass Sie mir geschrieben haben, dass Sie mir vergeben.«
    Antoine schürzte die Lippen und legte das Papier hin. Er öffnete eine Bibel, die sprichwörtlich auseinanderfiel. »Ich will eines Tages Prediger sein wie Sie«, sagte Antoine. »Ich glaube, ich habe die Gabe.«
    Er zeigte Chris ein paar Seiten in der Bibel, wo er Notizen an den Rand geschrieben hatte. »Das ist eine Predigt, die ich über die Frau am Brunnen geschrieben habe«, sagte er. In kleiner Handschrift, über den ganzen Rand der Seite, auf der Johannes 4 stand, hatte Antoine den Entwurf einer Predigt geschrieben.
    Â»Ich wollte Sie fragen – aber fühlen Sie sich nicht verpflichtet –, ob Sie mir vielleicht ein paar von Ihren Predigtentwürfen schicken könnten.«
    Â»Klar kann ich das.«
    Â»Danke. Jedenfalls …« Antoine schien die Puste auszugehen. Er runzelte die Stirn und erinnerte sich dann an etwas. »Oh ja. Hätte ich fast vergessen. Ich verbringe eine Stunde am Tag mit den anderen Häftlingen. Einer von ihnen hat herausgefunden, wie er Tattoos machen kann mit einem …« Antoine erinnerte sich plötzlich daran, dass ein Wärter hinter ihm stand. Er legte die Hand um den Hörer und senkte die Stimme. »Na ja, ich erzähle Ihnen ein andermal, wie wir es machen. Aber ich wusste, was Mace gesagt hat, war richtig. Dass Jesus nicht nur für mich ans Kreuz gegangen ist, sondern dass er auch für mich verprügelt wurde. Er wurde ausgepeitscht. Na ja … Sie wissen schon.«
    Daraufhin legte Antoine den Hörer hin und stand langsam auf. Der Wärter machte einen Schritt vorwärts. Antoine öffnete den Reißverschluss seines Overalls und streifte ihn von den Schultern, sodass er ihm nur noch um die Taille hing.
    Mace hatte ihn lange nicht ohne den Overall gesehen. Der Mann war erschreckend dünn geworden. Mace konnte jede Rippe zählen; Antoines knochige Schultern stachen hervor wie bei einem Kriegsgefangenen. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, als seine Arme muskulös gewesen waren, aber jetzt waren sie nur noch Haut und Knochen.
    Mace wusste, was jetzt kam.
    Antoine drehte sich um, damit Chris seinen Rücken sehen konnte. Es war nicht überraschend, dass er Tätowierungen an Hals, Schultern und Trizeps hatte. Aber eine Tätowierung bedeckte den Rücken von Schulterblatt zu Schulterblatt. Es waren fünf Buchstaben, von dem Häftling, der die Macht über die Tätowiernadel hatte, in kursiver Schrift geschrieben. Da stand einfach: Jesus .
    Â»Hübsch«, sagte Chris.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
21
    Antoine zog seinen Overall wieder hoch, setzte sich und zuckte die Achseln. »Schätze, das war's so ungefähr. Ich versuche jetzt einfach, für Jesus zu leben. Und falls ich sterbe – ich bete, dass er mir hilft, mich auch darauf vorzubereiten.«
    Es folgte ein unbehagliches Schweigen, und Antoine warf einen verstohlenen Blick auf Mace.
    Der starrte zurück, als wolle er sagen: Gib dem Pastor Zeit, es zu verarbeiten. Jetzt ist er dran.
    Chris hatte seine eigene Bibel mitgebracht, und er hatte sie auf seiner Seite auf den Fenstersims gelegt.
    Â»Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass Sie mir die Geschichte Ihrer Bekehrung erzählt haben«, sagte er. »Wenn ich nicht glauben würde, dass Gott die schlimmsten Sünder retten kann, wäre ich kein Pastor. Gott sagt mir sogar, wenn ich in meinem Herzen einen Hass auf meinen Bruder habe, ist es dasselbe, als hätte ich ihn umgebracht. Also bin ich so gesehen auch wegen Mordes überführt.«
    Obwohl Chris diese Bemerkung nicht näher ausführte, hätte die Bedeutung nicht klarer sein können. Die Person, die Chris einst gehasst hatte – so sehr gehasst, dass man es als Mord bezeichnen konnte –, saß direkt vor ihm.
    Â»Und es ist nicht nur Hass«, fuhr Chris fort. »Ich hatte mein ganzes Leben Probleme mit Dingen wie Hochmut und Habgier. Es sieht aus, als hätten Sie Ihre Bibel ziemlich in

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