Die Staatsanwältin - Thriller
Platzen gefüllter Blase im Haus herum. Aber ich war förmlich gelähmt, zu niedergeschlagen, um mich von meinem Bildschirm wegzubewegen, während die schonungslose Wahrheit in mein Bewusstsein drang. Ob mein Vater und Snowden etwas Illegales getan hatten oder nicht, war fast unerheblich. Die Tatsachen allein würden Mace James etwas Neues geben, um Alarm zu schlagen. Snowden hatte in fast allen Beweisanträgen gegen Antoine Marshall entschieden und sogar ein paar Fragen gestellt, um die Glaubwürdigkeit der Aussage meines Vaters nach Tates Kreuzverhör wiederherzustellen. Die Leute würden voreilige Schlüsse ziehen. Wo Rauch ist, würden sie behaupten, da muss auch Feuer sein. Der Ruf meines Vaters wäre ruiniert. Und falls Mace James Glück hatte, würde der Mörder meiner Mutter als freier Mann aus dem Gefängnis marschieren.
Meine einzige Alternative â eine, die mir genauso verabscheuungswürdig vorkam â war, das Verfahren gegen Caleb Tate einzustellen. Dann würden diese Zahlen niemals ans Licht kommen. Tate würde durch die Regeln der Berufsethik daran gebunden sein, nichts davon zu wiederholen, was Rafael Rivera ihm erzählt hatte, es sei denn, Rivera sagte im Zeugenstand gegen ihn aus. Aber wie konnte ich einen Mörder wie Tate freilassen, nur um den Ruf meines Vaters zu schützen?
Ich war Staatsanwältin geworden, weil ich an das Rechtssystem glaubte. Staatsanwälte standen auf der Seite der Engel. Doch plötzlich war alles düster und unklar. Ohne mein Zutun hatte sich das Schicksal gegen mich verschworen.
Ich fuhr meinen Computer herunter und zwang mich, kurz nach Mitternacht das Büro zu verlassen. In manchen Nächten hasste ich es, Staatsanwältin zu sein.
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46
Ich schlief unruhig in dieser Nacht, wachte mehrmals auf und betete, dass das Ganze nur ein Albtraum war. Um drei Uhr morgens dachte ich darüber nach, eine Schlaftablette zu nehmen, aber mir war klar, dass ich dann nicht rechtzeitig zur Arbeit aufwachen würde. Um halb fünf, nachdem ich eine halbe Stunde wach gelegen und an die Decke gestarrt hatte, gab ich mich geschlagen und stand auf. Ich zog mir meinen Jogginganzug über, und Justice rollte sich zu mir herum und sah mich an, als sei ich verrückt. Ich tapste ins Büro meines Vaters nach unten, setztemich auf seinen Stuhl und fing an, die Schubladen seines Schreibtisches zu durchsuchen, als könnte ich darin den Schlüssel zu seinem Charakter finden. Konnte ich mich in jemandem so getäuscht haben, den ich so gut kannte?
In der obersten linken Schublade lagen ein paar alte Familienfotos. Chris, Mom, Dad und ich, lächelnd im Urlaub. Ich war fünfzehn, und meine Haare sahen aus wie ein Rattennest. Fotos von mir aus meinen Collegetagen bei Kajakrennen und ein paar von den olympischen Qualifikationswettkämpfen, bei denen mir ein Platz für die Qualifikation gefehlt hatte. Es gab ein paar von Chris mit Hut und Robe bei der Abschlussfeier seines Seminars, Dad auf einer Seite neben ihm, ich auf der anderen. Noch ein Familienfoto aus meinen Mittelstufenjahren; Mom hatte sich selbst aus dem Bild abgeschnitten. Vor ihrem Tod hatten wir uns immer über sie lustig gemacht â meine Mom, die Psychologin, die schwor, sie könne nicht fotografieren. Wir sagten, sie müsse an ihrem Selbstbild arbeiten.
Bei Antoine Marshalls Mordprozess hatte Masterson das Foto als Beweisstück verwendet und während seines Schlussplädoyers benutzt: »Das hat Antoine Marshall dieser Familie angetan.«
Weiter unten in der Schublade lagen ein paar vergilbte Blätter Papier aus meiner früheren Kindheit; das Papier mit den weiten Linien, das man zum Schreibenlernen benutzt. Auf eines davon hatte ich in die untere rechte Ecke ein Bild von mir selbst mit meiner weiÃen Kappe und der Robe bei der Abschlussfeier der Vorschule geklebt. Auf dieselbe Seite hatte ich zwei Bonbons geklebt, die nach all den Jahren nicht mehr rot, sondern weià waren. In groÃen Blockbuchstaben hatte ich geschrieben: Ich hab dich lieb, Dad. Jamie .
Unter dieser Erinnerung fand ich ein Buch, das ich in der zweiten Klasse gebastelt hatte. Unsere Lehrer hatten uns über unsere Helden schreiben lassen. Mir war die Wahl nicht leichtgefallen, aber schlieÃlich war ich bei meinem Dad gelandet. Sogar heute erinnerte ich mich noch daran, was für ein schlechtes Gewissen ich gehabt hatte, dass
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