Die Staatsanwältin - Thriller
einen Instinkt für Gerechtigkeit, und sie trafen normalerweise die richtige Entscheidung.
Richter Brown entließ die Geschworenen mit den üblichen Instruktionen, dass sie mit niemandem über den Fall sprechen durften. Er sagte ihnen, wir würden am nächsten Morgen als Erstes mit den Eröffnungsplädoyers beginnen. Bei dem Gedanken schwitzten meine Handflächen. Normalerweise beruhigte ich mich während der Geschworenenauswahl, und bis zum Eröffnungsplädoyer hatte ich meine Nerven unter Kontrolle. Doch in diesem Fall hatte ich nur am Anwaltstisch gesessen, weil Bill Masterson die Geschworenenauswahl übernommen hatte, und das machte mich nur noch nervöser.
An diesem Abend wusste ich, ich würde ohne medikamentöse Hilfe nicht schlafen können, und versuchte es deshalb erst gar nicht. Als ich die Augen schloss, dachte ich an meine Sitzungen mit Gillespie und visualisierte die Geschworenen, wie sie hingerissen waren von meiner Eröffnung, mir mit Blicken zustimmten und die Beweise gegen Caleb Tate förmlich aufsaugten. Tief atmen. Entspann die Muskeln. Denk daran, wie sie Bill Masterson angelächelt haben .
Ich schlief ein und träumte von Schuldsprüchen.
Am wichtigsten Tag meines Berufslebens trug ich ein anthrazitfarbenes Kostüm, eine weiße Seidenbluse, schwarze Pumps und eine Goldkette. Ich glaubte an die Philosophie einer meiner Juraprofessoren: Verscherze es dir nicht mit den Geschworenen durch die Wahl deines Outfits. Es war besser, sich zurückhaltend zu kleiden, damit die Jury sich darauf konzentrierte, was man sagte und nicht wie man aussah.
Ich kam viel zu früh an und konnte mehrmals meine Notizen durchgehen, bevor der Gerichtssaal sich zu füllen begann. Während der Geschworenenauswahl war der Saal halb voll gewesen. Doch an diesem Morgen gab es nur noch Stehplätze. Richter Brown hatte eine Kamera erlaubt, die Aufnahmen für alle örtlichen Fernsehsender machte. Ein paar meiner Studienfreunde waren da und recht viele Kollegen von der Staatsanwaltschaft.
Bill Masterson hatte mich vorbereitet und mir versichert, ich sei bereit. Kurz bevor Richter Brown herauskam, um die Verhandlung zu eröffnen, beugte sich Masterson zu mir und legte mir den Arm um die Schultern.
»Ihr Vater war einer der besten Prozessanwälte, die ich je gesehen habe«, sagte er leise. Und Masterson hatte einige Prozessanwälte gesehen. »Sie sind genauso gut, Jamie. Vielleicht besser.«
»Danke. Aber ich glaube, ich muss gleich kotzen.«
Masterson kicherte und klopfte mir auf die Schulter. Dann legte er seine linke Hand vor mir auf den Tisch. »Fällt Ihnen etwas an meinen Fingernägeln auf?«, fragte er.
Er hatte sie so weit abgekaut, dass es wehtun musste. Ich hatte nie bemerkt, dass Masterson an den Fingernägeln kaute.
»Die Nägel haben noch ziemlich gut ausgesehen, bevor ich mit der Geschworenenauswahl angefangen habe«, sagte er. »Wenn Sie bei einem Fall wie diesem nicht nervös sind, sind Sie in der falschen Branche. Wir lernen nur, es zu verbergen.«
Der Mann war ein Genie. Wer weiß – vielleicht hatte er seine Nägel an diesem Morgen nur abgekaut, damit es mir besser ging. Aber der Trick funktionierte auf jeden Fall. Selbst der legendäre Bezirksstaatsanwaltvon Milton County wurde vor einem großen Mordprozess nervös. Und schau, wie gut er sich schlug.
Bis Richter Brown die Richterbank betrat, die Geschworenen hereinrief und die Formalitäten hinter sich gebracht hatte, war ich bereit.
»Möchte die Staatsanwaltschaft ein Eröffnungsplädoyer halten?«, fragte er.
»Ja, Euer Ehren. Sehr gern.«
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71
Meine Absätze klapperten, als ich mich der Jury näherte. Ich hatte meine Notizen auf dem Tisch gelassen und trat vor das Podium – jetzt war nichts mehr zwischen mir und ihnen bis auf das Geländer.
»Wie das Gericht Ihnen bereits sagte: Mein Name ist Jamie Brock, und ich habe die Ehre, in diesem Fall den Bundesstaat Georgia zu vertreten. Meine Aufgabe ist es, Gerechtigkeit für Rikki Tate zu erreichen. Sie kann nicht für sich selbst sprechen, denn sie wurde von dem Mann ermordet, den sie mehr als jeden anderen liebte und dem sie vertraute. Aber ich bin hier, um für sie zu sprechen, und ich werde Ihnen helfen, zu verstehen, wie und warum sie getötet wurde.«
Diesen Teil meiner Eröffnung trug ich reglos vor. Ich hielt das Kinn hoch erhoben und versuchte, überzeugt zu wirken. Die Geschworenen würden mir niemals glauben, solange ich mir nicht selbst glaubte. Dann hielt
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