Die Staatsanwältin - Thriller
sah er die Polizei früh genug, um auf achtzig herunterzugehen. Einmal wäre er fast angehalten worden, wurde aber von zwei anderen Wagen rechts und links verdeckt, als er an einem Streifenwagen vorbeikam, der auf dem Mittelstreifen lauerte. Nichts davon hielt ihn davon ab, SMS zu verschicken und Anrufe zu machen. Ein Auge auf der Straße. Mit dem anderen checkte er das Internet mithilfe seines BlackBerrys und fragte sich, warum die Presse so wenig Interesse an der Hinrichtung eines Unschuldigen hatte.
Eigentlich wusste Mace genau, warum. Sein Mandant war ein dreimal verurteilter Straftäter. Ein Schwarzer, der dafür hingerichtet werden sollte, eine respektable weiße Frau in ihrem eigenen Heim getötet zu haben. Antoine hatte keine Fürsprecher außer seine Anwälte und eine engagierte Gruppe von Gegnern der Todesstrafe, die sich um jeden Todeskandidaten kümmerte. Antoines Mutter war vor fünf Jahren gestorben, und es gab keine anderen Familienmitglieder, die der Hinrichtung beiwohnen würden. Für den größten Teil von Georgia war Antoine Marshall nichts weiter als der Gefangene Nummer 12 452, ein Mann, der dazu bestimmt war, eine letzte Schlagzeile zu werden – im Lokalteil –, bevor er aufhörte, auf Kosten der Steuerzahler Kost und Logis zu bekommen. Dennoch erstaunte es Mace, dass nur ein Fernsehsender aus ganz Atlanta Interesse daran hatte, Freddie Coopers Widerruf zu senden.
Mace kam um halb zehn beim Sender an und meldete sich an der Rezeption. Er hatte ein graues Jackett über sein schwarzes T-Shirt geworfen, denn er hatte keine Zeit gehabt, sich zu Hause umzuziehen. Er wusste, er sah aus wie der Tod, aber vielleicht war das angemessen.
Staci Anderson, die Reporterin, die die Fragen stellen würde, war kleiner, als sie im Fernsehen aussah, aber kein bisschen weniger attraktiv. Sie hatte lange, dunkle Haare und ein leicht lateinamerikanisches Aussehen. Wie alle Moderatorinnen trug sie kiloweise Make-up, und ihre Zähne funkelten beinahe.
Mace folgte Staci ins Studio und verbrachte die nächsten fünf Minuten in der Maske. Eine redselige Frau puderte seinen kahlen Kopf, damit er nicht zu sehr glänzte, und spachtelte ihm Rouge ins Gesicht. Als er fertig war, zeigte Mace Staci und ihrem Regisseur die Aufnahme, und der Regisseur murmelte etwas davon, es sei »guter Stoff«. Bevor er wusste, wie ihm geschah, saß Mace im Studio, die Kameras liefen und Staci feuerte Fragen auf ihn ab.
»Warum hat Freddie Cooper bis zum Vorabend der Hinrichtung gewartet, um sich zu melden?«, fragte Staci. »Das erscheint mir ein merkwürdiger Zufall zu sein.«
Mace versuchte, nicht gereizt zu reagieren. Er wollte nicht wirken wie einer dieser Kreuzritter, die glaubten, man sollte jeden Todeskandidaten frei auf der Straße herumlaufen lassen. »Wir suchen ihn schon seit einpaar Wochen«, sagte er. »Er hat nicht gerade ein hyperaktives Gewissen, und wenn wir ihn nicht gefunden hätten, hätte er wahrscheinlich gar nichts gesagt. Ich glaube, er hoffte, wir würden die Hinrichtung auf irgendeine andere Weise stoppen.«
»Aber soweit ich weiß«, sagte Staci, »gibt es einen Augenzeugen des Verbrechens – Robert Brock, den Ehemann des Opfers, der ebenfalls von Ihrem Mandanten angeschossen wurde. Welche Auswirkungen hat Mr Coopers Sinneswandel auf die Glaubwürdigkeit von Mr Brock?«
Das war eine gute Frage, Mace wusste das. Und es war dieselbe Frage, die das Berufungsgericht stellen würde. Dies konnte Maces beste Gelegenheit sein, das Gericht zu überzeugen. Richter schauten auch fern.
Mace wandte sich von Staci ab und blickte direkt in die Kamera. »Mr Brock ist Opfer eines schrecklichen Verbrechens geworden, und mein Mitgefühl gilt ihm und seiner Familie. Aber er stand unter Schock, als er seine Frau blutend auf dem Boden sah. Er konnte den Eindringling nur einen sehr kurzen Augenblick sehen, bevor er angeschossen wurde. Später benutzte die Polizei Suggestivfragen und eine fehlerhafte Gegenüberstellung, um Mr Brock zu überzeugen, dass mein Mandant der Mörder sei. Im Prozess wurde der Verteidigung nicht gestattet, Expertenaussagen über die Gefahren transethnischer Zeugenidentifikationen einzubringen, noch darüber, wie die Polizisten mithilfe einer falschen Gegenüberstellung und manipulativen Fragen falsche Erinnerungen zum Aussehen des Verdächtigen geschaffen hatten.«
»Was geschieht jetzt?«, fragte Staci.
»Wir haben eine Petition mit der Bitte um Aufschub beim Berufungsgericht von Georgia
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