Die Staatsanwältin - Thriller
Menschenkenner war als ich.
An diesem Abend interviewte ein WATL-Reporter Isaiah Haywood, einen Kumpel von der Uni. Isaiah war die perfekte Wahl für das Interview, und ich nahm an, dass L. A. ihn bei der Beerdigung meines Vaters kennengelernt hatte. Isaiah war nicht nur ein enger Freund; er war Afroamerikaner und ehemaliger Footballstar der University of Georgia. Die meisten Leute in Atlanta kannten ihn. Er arbeitete jetzt für eine bekannte Sportagentur.
»Jamie Brock ist eine meiner besten Freunde«, sagte er dem Reporter. »Ich kann Ihnen eines garantieren – diese Frau hat keine einzige rassistische Faser im Leib. Ich habe sie beim Jurastudium kennengelernt. Und rassistische Mädchen gehen normalerweise nicht mit Typen wie mir aus. Für den Fall, dass Sie es nicht bemerkt haben – ich bin nicht gerade der weiße Arbeitertyp.«
Isaiah und ich waren zwar enge Freunde gewesen. In Wahrheit hatten wir viel zusammen herumgehangen, aber ich hatte jedes Angebot, mit ihm auszugehen, abgelehnt. Doch ich würde sicherlich nicht den Sender anrufen und das richtigstellen.
»Und ich finde es beleidigend, dass einer der anderen Fernsehsender diesem weißen Strafverteidiger aus einer komplett weißen Kanzlei dabei hilft, sich hinter Rassismusvorwürfen zu verstecken, als wären seine Leute irgendwie Opfer von Lynchjustiz geworden.« Isaiah kam jetzt in Fahrt, seine Halsmuskeln traten hervor. Die Kamera zoomte heran, damit die Zuschauer das Feuer in seinen Augen besser sehen konnten.
»Ich habe mich ein bisschen über Mr Tate erkundigt, und ich habe herausgefunden, dass seine Kanzlei nur zwei Afroamerikaner beschäftigt. Einer ist Fahrer für Mr Tate und ein paar seiner hoch bezahlten Partner. Der andere ist Kurier.«
Isaiah holte Luft, und der Reporter warf ein: »Warum ist das relevant?«
»Weil man es einem Kerl, der mit reichen weißen Eltern in Edelviertel von Atlanta aufgewachsen ist und sich in der Country-Club-Szene herumtreibt, nicht durchgehen lassen darf, mit einem Rassismusvorwurf gegen eine junge Anwältin vorzugehen, von der ich weiß, dass sie einer der tolerantesten und vorurteilslosesten Menschen ist, die ich je kennengelernt habe.«
Der Reporter beendete das Interview und übergab zum Moderator der Sendung im Studio, während Isaiah für die Kamera posierte. Ich hätte am liebsten den Fernseher geküsst. Stattdessen rief ich sofort Isaiah an.
»Das wäre nicht nötig gewesen«, sagte ich.
»Ich gebe dir Rückendeckung, Jamie. Sorg du nur dafür, dass der Kerl verurteilt wird.«
Um Mitternacht erhielt ich den zweiten unangekündigten Besuch an diesem Abend. Ich war auf der Couch eingeschlafen, und Justice spielte verrückt, als er die Türklingel hörte. Ich wachte mit einem Ruck auf, und mein Herz hämmerte in meiner Brust. Ich versuchte, meine Gedanken zu sammeln, den Albtraum von eben von der Realität zu trennen, in die ich eben wieder eingetaucht war. Ich schlurfte zur Haustür und schaltete das Licht auf der Veranda ein.
Es war Chris.
Ich öffnete die Tür, und Justice fiel über ihn her.
Ich musste zweimal blinzeln, um sicherzugehen, dass ich nicht immer noch träumte. Chris wohnte mehrere Stunden entfernt in den Bergen.
»Ich dachte mir, du könntest heute ein bisschen Gesellschaft gebrauchen«, sagte er. »Hast du ein Gästezimmer?«
Er kam in den Flur, und ich umarmte ihn fest. Doch bevor ich etwas sagen konnte, bevor ich ihm auch nur für sein Kommen danken konnte, fing ich an zu weinen. Ich legte den Kopf an seine Schulter und ließ die Tränen fließen. Um ehrlich zu sein, war ich mir nicht sicher, ob ich meinen Vater vermisste oder dankbar für meinen Bruder war oder sauer über alles, was bei der Arbeit passierte. Ich wusste nur, es musste raus.
»Okay«, sagte ich, als ich mich schließlich wieder gefangen hatte. »Das habe ich gebraucht. Jetzt kannst du wieder nach Hause fahren.«
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26
Chris fuhr nicht nach Hause. Dank seiner Anwesenheit konnte ich in dieser Nacht wieder einmal gut schlafen. Ich wusste, wie ungern er von Amanda und den Mädchen getrennt war, und das machte es nur noch bewegender, dass er die Reise auf sich genommen hatte. Am nächsten Morgen ging ich mit Justice laufen und hatte Mühe, meine kurze Drei-Meilen-Runde zu vollenden. Das emotionale Trauma der vergangenen Wochen hatte mich eingeholt.
Nach dem Laufen frühstückten Chris und ich zusammen, und er erzählte mir von seinem Besuch im Gefängnis in Jackson. Obwohl ich mir
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