Die Stadt am Ende der Zeit

schüttelte belustigt den Kopf. »Nein, ich bin ja nur ein winziges Rädchen im Getriebe. Wenn sie auf der Pirsch sind, jagen sie alles, was noch lebt und sich bewegt. Ich vermute, sie sondieren das Gelände und räumen auf, bevor unsere Gebieterin erneut auf Tour geht.«

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Das Chaos
    Das Gebäude ragte mehrere Hundert Meter aus einem Abgrund auf, der sich über den ganzen Horizont erstreckte, und war so groß, dass die Nachgezüchteten es niemals für eine Wohnstätte, ein Haus gehalten hätten. Der Form nach ähnelte es einem riesigen Kristall mit unzähligen Facetten, wobei diese Oberflächen Trümmer anderer Gebäude sein mochten. Die einzelnen Teile waren mit versteinerten Überresten von Menschen und Tieren verziert. Das schreckliche Gesamtkunstwerk strahlte ein ekelhaftes fahles Licht aus, das ihnen trotz ihrer Visiere Streiche spielte: Ihr Umfeld wirkte so gekrümmt und verzerrt, dass die Gefährten entweder sehr weit entfernt schienen oder wie riesige bedrohliche Gestalten in unmittelbarer Nähe auftauchten. Was noch schlimmer war: Dieses Licht vereinnahmte sie so sehr, dass sie sich nur noch wünschten, nichts mehr sehen und hören zu müssen und sich von den anderen zu trennen. Am liebsten wären sie weggerannt, um allein zu sein. Vielleicht zu irgendeinem Passweg, um sich dort einfach hinzusetzen und abzuwarten.
    Das verführerische grüne Leuchten schien selbst durch die stärksten Schutzmechanismen ihrer Panzer zu dringen.
    Während sie sich in zwei dichten Gruppen am Rande des Abgrunds entlangbewegten, da sie einem besonders breiten und schwabbeligen Passweg ausweichen wollten, musterten Macht und Shewel dieses hässliche, verwinkelte Gebäudewirrwarr so eingehend, als suchten sie nach irgendeiner plausiblen Erklärung für diesen Wahnsinn.
    »Sind da überall Leute eingeschlossen?« Shewel kniff die Augen zusammen, in denen sich die zusammengewürfelte Szenerie widerspiegelte.
    »Vielleicht sind es nur hineingemeißelte Skulpturen«, sinnierte Macht, war aber selbst nicht davon überzeugt. »Sie sind so groß, dass es keine Leute irgendeiner uns bekannten Art sein können.«
    »Na gut, aber was sind sie dann?« Shewel klang so gereizt, als ärgere er sich über das Schweigen der Schutzpanzer.
    Gleich darauf hallte Pahtuns Stimme durch alle Helme. »Das hier ist das Haus des Grünen Schlafes . Wenn ihr’s schon unbedingt wissen müsst: Das sind die körperlichen Hüllen von Opfern aus längst toten Galaxien. Sie wurden von Wogen schrumpfender Raumzeit angeschwemmt, danach achtlos und voller Hass zu diesem Endpunkt befördert und ohne jeden Sinn und Verstand zur Schau gestellt.«
    »Du hast ja unbedingt fragen müssen«, grummelte Macht.
    »Oh. Na ja, jetzt weiß ich Bescheid«, meinte Shwewel.
    Nico, der auf gleicher Höhe mit Herza und Frinna vor ihnen ging, warf einen Blick über die Schulter. »Keine blöden Fragen mehr«, bemerkte er.
    »Unwissenheit kann auch ein Segen sein«, bekräftigte Frinna.
     
    Sie fanden eine kleine trockene Grube, die so tief war, dass sie sich darin vor dem Pass und dem widerwärtigen, vom Gebäude ausstrahlenden Licht verbergen konnten. Sie blieben hier lange genug, um sich auszuruhen, den tragbaren Generator aufzubauen und die Helme abzulegen. Während sie sich aneinanderkuschelten, zog Tiadba ein Buch aus der Beintasche ihres Schutzanzugs.
    »Lies vor«, drängte Herza. Sie und ihre Schwester waren die unkritischsten Marschierer und begeisterten sich am meisten für die sonderbaren, aus dem Zusammenhang gerissenen Erzählungen, die Tiadba für sie entschlüsselte.
    »Ja, lies«, bat Macht. »Lenk uns von den Dingen da draußen ab.«
    »Leichtere Geschichten wären mir lieber«, warf Khren ein. Ihm waren diese schwierigen Erzählungen und all ihre seltsamen Wörter inzwischen zuwider.
    »Ich kann aber nichts anderes als das hier finden«, erklärte Tiadba.
    »Lies einfach irgendwas vor.« Nico schloss die Augen und streckte sich im Schutz des Generators auf dem dunklen Boden aus, während Tiadba das Buch aufschlug.
    Aus den letzten großen Flotten, die auf riesigen Innenhöfen in allen zwölf Städten lagerten, wählten wir unser Schiff, die Intensity . Sie galt als das schnellste Beförderungsmittel, schneller sogar als die den Kosmos umspannenden Portale des mittleren Trillenniums, war aber in schlechtem Zustand. Seit hunderttausend Jahren war sie nicht mehr geflogen.
    Während der Phase der Rückführung hatten all diese Schiffe Flüchtlinge zur Erde und zu