Die Stadt am Ende der Zeit
Geödäte des alten Kosmos, zog sich bald darauf fest zusammen, und da gaben wir den letzten Rest Hoffnung auf.
Zutiefst verstört, vom Chaos besiegt, hing ich düstersten Gedanken nach.
Doch Polybiblios, der stets gelassene, standhafte Polybiblios, schaffte es auch diesmal, uns zu retten. Dank seiner unablässigen Fürsorge und technischen Eingriffe brachte er uns durch. Als wir wieder zu uns kamen, kreuzten wir durch unversehrten Raum, waren am Leben und geistig klarer als seit etlichen Jahren. Und unser Schiff summte und brummte so, wie es sein sollte. Wir flogen auf die Sonne unserer Erde zu.
In einer kleinen Feierstunde gedachte der Deva, den wir gerettet hatten und der uns seinerseits gerettet hatte, seiner dem Untergang geweihten Lehrmeister, der Shen. Wir stellten uns zu ihm und lauschten seinen Worten, auch wenn sie uns damals wenig bedeuteten und dem, was wir vorher erfahren hatten, sogar zu widersprechen schienen.
»Sie werden sich nicht dem Typhon unterwerfen«, erklärte er. »Und sie werden auch nicht Selbstmord begehen.
Nein, sie werden ihre Entstehungsgeschichte zurückdrehen und in die Bibliotheken zurückkehren, in denen ihr Schicksal vorgezeichnet ist. Und niemals wird irgendein mit Intelligenz begabtes Wesen sie zurückholen können, weder in diesem noch in irgendeinem folgenden Kosmos. Denn sie haben einen Pakt mit der Gehilfin der Schöpfung geschlossen, die Anfang und Ende miteinander in Einklang bringt.«
Mag sein, dass es eher ein Selbstgespräch war als ein Gedenken an die armen Shen.
Danach zog sich Polybiblios in die Kontemplation zurück, während wir durch das letzte offene Tor in unser bis jetzt erhaltenes System eintraten, zu den Häfen der uralten Erde zurückkehrten und unsere Toten betrauerten – sofern wir uns an sie erinnern konnten.
Tiadba schloss das Buch und verstaute es wieder in der Tasche.
»Es ist wieder Sangmer, der da spricht, stimmt’s?«, fragte Frinna. »Aber diesmal erwähnt er gar nicht diese Frau, die vom silbernen Strand.«
»Vielleicht ist sie ein Teil des Geheimnisses«, sagte Macht. »Vielleicht ist sie diese Gehilfin der Schöpfung.«
»Nein, sie hat ihn ja geheiratet«, entgegnete Herza.
Shewel zog an seinem Ohr und wälzte sich herum.
»Wie oft hat er diese Geschichte eigentlich aufgeschrieben?«, fragte Nico.
90
»Die Verteidigungsanlagen werden nicht mehr lange standhalten«, bemerkte Polybibios, während sie zu dritt durch die pechschwarze zerklüftete Zwischenzone marschierten. Die unregelmäßige Reihe übrig gebliebener Obelisken, die sich ruckartig drehten, verschmolz auf beiden Seiten mit der tiefen Dunkelheit. Der am nächsten gelegene Obelisk ächzte und neigte sich unter elektrischen Entladungen bereits bedenklich zur Seite.
Zwar machte der Schutzanzug des Epitoms halbherzige Versuche, sich dessen Körper anzupassen, doch er war nun mal für Nachgezüchtete der alten Art konstruiert und offenbar nicht gewillt, sich umzustellen. Anfangs war Polybiblios zu einer ruckartigen Gangart gezwungen, die ihm das Atmen schwermachte, doch irgendwann war der Schutzanzug anscheinend so genervt, dass er die Kontrolle und das Marschkommando übernahm. Schließlich kauerte sich Polybiblios neben eine Bodenerhebung aus dunkelrotem Gestein und sah seine Gefährten durch das beschlagene Visier mit ziemlich echt wirkender Verwirrung an. »Dabei habe ich diese Dinger selbst entworfen. Also sollte ich doch wissen, wie man sie bedient.«
»Sonst noch was vergessen?«, fragte Ghentun, der weder Lust hatte, eine Pause einzulegen, noch dem früheren Eidolon auf andere Weise entgegenzukommen.
»Zweifellos sehr viel«, knurrte Polybiblios und begann sich eingehend mit den Gelenken des Schutzanzugs zu beschäftigen. Nach langem Drücken und Zerren und weiterem Knurren sah er sich schließlich gezwungen, die beiden anderen um Hilfe
zu bitten. »Drückt da mal drauf … Und zieht dieses Teil heraus! «
Von beiden Seiten aus griffen Jebrassy und Ghentun nach seinen Armen und Beinen, drückten gegen den Anzug und zerrten so lange daran herum, bis er an den Gelenken grün aufleuchtete, sich ächzend um die schlanken Glieder des Epitoms legte und sich ihnen einigermaßen anpasste.
»Zumindest kann ich jetzt laufen.« Polybiblios stand auf und lockerte Arme und Beine. »Also gut, dann los. Dieser Ort ist gefährlich.«
»Wie lange noch?«, fragte Jebrassy.
»Was meinst du damit? Bis wir das Chaos erreichen? Oder bis die Kalpa ihren unvermeidlichen,
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