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Die Stadt am Ende der Zeit

Die Stadt am Ende der Zeit

Titel: Die Stadt am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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ihren Schwesterplaneten befördert, außerdem auch zu den in Umlaufbahnen kreisenden Schiffen des Netzes, den Raumkapseln und den spiralförmigen Schleifen, die sich um die erneuerte Sonne drehten. Was sie zur Erde mitbrachten, waren die kläglichen Überreste unserer ruhmreichen Vergangenheit, der Besiedelung des Kosmos: die Wenigen, die die Verwüstungen des Chaos überlebt hatten.
    Da ich in meiner Jugend mit vielen Sippen von Schiffsbauern zu tun gehabt hatte, aber auch mit den bodenständigeren Gemeinschaften, die die Portale warteten, kannte ich mich mit allen Beförderungsmöglichkeiten gut aus. Einige waren veraltet oder erwiesen sich zu eben dieser Zeit als unmöglich, da das Chaos die feine Anatomie des Kosmos so verändert hatte, dass die schnellsten Routen nicht mehr intakt waren.
    Meine Besatzung fand ich unter jungen Rebellen – unter den Gestaltern und Instandsetzern, die zu den Abweichlern zählten. Bei Wettkämpfen stellte ich die vielen Tausend, die sich freiwillig gemeldet hatten, auf die Probe und trennte die Spreu vom Weizen.
    Schließlich wählte ich die fünfundzwanzig Besatzungsmitglieder aus. Sie alle sollten sich später zu abenteuerlustigen Philosophen oder philosophierenden Abenteurern entwickeln.
    Alle früheren wissenschaftlichen Erkenntnisse und Erfahrungen mussten wir auf die neue Situation anwenden und zum Teil als nicht mehr angemessen verwerfen, denn der Typhon hatte viele Regeln auf den Kopf gestellt. Fast alle hyperdätischen Linien, Kommunikations- und Transportwege waren blockiert. Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit, das Hinüberbeamen zu anderen Orten, Dunkle Materie-Portale – all diese Technologien, die fast hundert Billionen Jahre überdauert hatten, konnten uns nicht länger durch den Kosmos tragen. Nur ein einziges verlässliches Fortbewegungsmittel durch den Raum war uns geblieben, die Bosonenfalle, die angeblich die Shen entwickelt haben. Dabei werden Bosonen in einen extremen Aggregatzustand versetzt,
in dem die einzelnen Atome vollständig delokalisiert sind.
    Also verwandelten wir die Intensity in eine dieses Kondensat haltende Falle. Schon an sich setzt die Methode jedes Besatzungsmitglied enormen Belastungen aus, denn man kommt nicht in dem Zustand an, in dem man gestartet ist, egal, aus welcher Materie man besteht. Schicksalsfäden rollen sich nach hinten auf, Eigenschaften und Leben vermischen sich miteinander – für gewisse Zeit wird die Mannschaft zum Schiff und danach zur Reiseroute, und später ist es schwierig zu rekonstruieren und wieder zusammenzusetzen, was man einmal war.
    Wir wussten die intimsten Dinge voneinander, wurden so vertraut, wie niemand hatte vorhersehen können, und nahmen es hin. Denn unserer Meinung nach – in diesem Punkt waren sich alle einig, auch wenn sonst Widerspruch gegen alles Mögliche erhoben wurde – war das immer noch besser, als noetisch zu werden.
    Und so brachen wir vom irdischen Hafen auf.
     
    Allgemein bekannt ist unsere Reise durch das Reich der Spektrale, die es als Erste lernten, Galaxien zu erneuern, heranzubilden oder auch völlig neue zu erzeugen.
    Innerhalb der nach innen gewölbten geschlossenen Membran des Chaos konnte man das letzte Spektral erkennen. Der Typhon hatte es unterjocht, studiert (falls das der angemessene Ausdruck ist) und anschließend in Glas konserviert: Es saß in einer Glasur aus trägen, verdichteten Bosonen fest, die sich über Millionen von Lichtjahren erstreckte, während das Chaos dabei war, die Grenzen des Spektralbereichs
aufzulösen – ein schreckliches Ende für die ehemaligen Meister, denen das Trillennium seine Existenz verdankt.
    Weniger bekannt, da viel schwieriger zu erklären – selbst diejenigen von uns, die tatsächlich dabei waren, tun sich schwer damit –, sind unsere Begegnungen mit den Enigmachrons. Dort liegen fünfdimensionale Schicksalsfäden wie dünne Knochen unter dem verwesenden Fleisch der Raumzeit. Plötzlich war die Intensity in einem Wirbelsturm nicht lebensfähiger Zukünfte gefangen, in winzigen Strudeln der Verzweiflung und ewigen Wiederholung. Vier unserer Besatzungsmitglieder durchlebten vor unseren Augen innerhalb weniger Stunden ganze Lebensspannen, entsetzliche Leben, und alterten auf so elende Weise, dass der Tod eine Gnade war. Auch durch Rückgriffe auf den Erinnerungsspeicher des Schiffes gelang es uns nicht, sie wiederzubeleben. Einige Namen sind für immer vergessen, Schicksale für immer gelöscht, rückwirkend gelöscht, so dass selbst

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