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Die Stadt der Engel

Die Stadt der Engel

Titel: Die Stadt der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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hinauf, vor ihr Dr. Giraff, hinter ihr dieser Wikinger, der nicht aussah, als hätte er es nötig, sich in der Stadt der Engel ein Liebesabenteuer zu pflücken. Eine Stewardess wies ihnen die Plätze an. In einer Chartermaschine gibt es keinen First-Class-Service, aber RO-Reisen hatte doch so etwas wie VIP-Plätze im Heck direkt am Bullauge beschafft.
    Neben Dany schnallte sich der Wikinger an, und jetzt wußte sie auch, daß es Ferry Fenrich war, der bekannte Architekt.
    »Sie sind doch …« überlegte er laut, »… diese Globe-Journalistin.«
    Dany legte lächelnd den Finger an den Mund, und er nickte.
    »Und Sie sind …?« fragte sie.
    »Doktor Kimble auf der Flucht«, unterbrach sie der Mittelblonde.
    »Auf der Flucht wovor?« fragte sie mit professioneller Neugier.
    »Vor dem Finanzamt, vor meiner Firma, vor meinen Kunden, vor meiner Geschiedenen, vor meiner Amtierenden und vor …«
    »Umfassendes Programm«, entgegnete die Journalistin lachend.
    »Und bedient von den Frauen«, erklärte er und feixte: »Frauen sehe ich zur Zeit nur noch von hinten an.«
    »Hübsches Kompliment«, erwiderte Dany.
    »Verzeihung«, versetzte Fenrich. »Aber mindestens dreizehn Stunden lang müssen Sie mich jetzt leider ertragen.«
    »Es hätte schlimmer kommen können«, versetzte sie, und sie lachten beide.
    Direktflug aus der Tretmühle in die Liebeslaube, aus der Waschküche an den Sonnenstrand. Die Veteranen verjährter Matratzenschlachten prahlten an Bord des Liebesbombers schon jetzt mit halblauten Frontberichten. Ihre Tips flambierten die Gesichter von Adams Söhnen und Evas Töchtern und stimmten sie auf gespannte Erwartung ein, aber ein halber Tag war noch abzusitzen auf dem Weg ins Paradies.
    Dr. Giraff hatte Ferry Fenrich noch immer nicht erkannt; der rüstige Fünfziger, silberhaarig und reserviert, litt sichtlich unter dem ferkelhaften Geschwätz der Trockensportler. Er war ein Thailand-Enthusiast, der zweimal im Jahr in das Land seiner Träume flog. Während Hilde, seine Frau, zur Fangokur nach Abano mußte, unterzog sich der Internist bei aller Bewunderung der siamesischen Kultur, bei Malee, seiner thailändischen Zweitfrau, einer Frischzellen-Therapie.
    Der Passagier mit der Narbe im Gesicht und der thailändischen Begleiterin stand auf einmal im Gang neben Dany. Sie sah die schmalen Augen, den langen Hals, das spitze Kinn. Plötzlich wurde sie von der Vorstellung überfahren, daß ein Mann von den Toten auferstanden sein könnte: Paul Garella, Pullachs und Langleys Mann, eingeschleust via Liebesbomber für die Operation ›Flashlight‹ in Bangkok.
    Es klingelte Sturm in der kleinen hübschen Neubauwohnung des Apartmenthauses an der Ploenchit-Road, unweit des Siam-Centers und des Royal Bangkok-Sportklubs. Das Thai-Mädchen Malee, klein, zierlich, rassig und gerissen, öffnete die Tür und stellte fest, daß es Predi war, ihr großer Bruder. Er pendelte zweimal monatlich mit seinem Lastwagen der THAI TRASCO, einer großen internationalen Spedition, auf der Strecke Bangkok-Chiang Mai und tauchte eigentlich immer auf, wenn Malee ihn brauchte, um das Gepäck ihres Gastes zum Flughafen zu schaffen. Predi schwenkte ein Telegramm in der Hand. Bevor Malee es aufriß, überzeugte sie sich durch einen Blick auf ihr Badezimmer, daß der ›Amelican‹ noch unter der Brause stand. Sie hatte dem US-Autohändler aus Denver eine besonders leidenschaftliche Abschiedsstunde beschert, und sie und Predi würden ihn gleich mit ihrem kleinen Honda Civic zum Don-Muang-Flughafen fahren.
    Sie las das Telegramm.
    A RRIVING S ATURDAY 4 P. M.
    IN LOVE M ANFLED .
    Es war der Kosename für den Arzt Dr. Manfred Giraff; der silberhaarige Pferdekopf aus München mußte sich immer gleich zweimal ansagen. Wie alle Thailänder – und auch Chinesen – ersetzte Malee das R durch ein L; sie konnte den Internisten aus München sofort zum Lachen bringen, wenn sie seinen Namen Manfled Gilaff aussprach. Der Arzt war der älteste, doch auch der angenehmste ihrer Männer auf Zeit.
    Malee stammte aus dem Norden Thailands und hatte fünf Brüder und eine Schwester. Wie die meisten jungen Thailänderinnen sah sie noch jünger aus, als sie war, eine reizvolle Kindfrau von nur einem Meter sechzig; alles an ihr war wohlproportionierte Miniatur bis auf die dunklen mandelförmigen Augen in dem flächigen Gesicht mit den breiten Backenknochen: die waren groß, leuchtend, geheimnisvoll.
    Der Besucher kam aus dem Bad; er hatte sich ein Handtuch um die

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