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Die Stadt der Engel

Die Stadt der Engel

Titel: Die Stadt der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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heißen Brei herumreden. Uns stehen, fürchte ich, gewisse Schwierigkeiten ins Haus. Wir haben in kurzer Zeit drei Agenten verloren, und der Schluß liegt nicht fern, daß sich bei uns ein Maulwurf eingenistet hat, dessen Hinweise unsere Kundschafter – und nunmehr auch einen amerikanischen – erledigt haben.«
    »Schlimm«, erwiderte Wallner. »Gehört Paul Garella zu diesen Opfern?«
    »Unsinn!« versetzte der Ressortchef. »Lassen Sie bitte Garella aus dem Spiel. Ich rede von Bangkok, nicht von New York. Der Fall Garella wurde von unseren CIA-Kollegen gründlich untersucht und lückenlos aufgeklärt, und die Leute verstehen bekanntlich ihr Handwerk.«
    Der frühere Kriminaldirektor mit den kurzgeschorenen Haaren und der direkten Ausdrucksweise nickte.
    »Ich habe hier eine Liste von Mitarbeitern zusammengestellt, deren Sie sich zuerst annehmen sollten.« Um der Pauschalverdächtigung die Schärfe zu nehmen, hatte sich der künftige Vize an die Spitze der zu Überprüfenden gesetzt.
    Ein wenig zu hastig griff Wallner nach dem Papier. Er war genau der richtige Mann für diese Sache: Tüchtig bei der Arbeit, einem Wachhund gleich, der sich von der Kette losgerissen hatte und scharf war, verdammt scharf. »Einen speziellen Verdacht haben Sie nicht, Herr Pallmann?« fragte er.
    »Ich verdächtige keinen und jeden. Wie Sie sehen, nehme ich dabei nicht einmal mich aus.«
    »Eine hübsche Geste«, erwiderte der Sicherungsbeamte und zeigte auf einmal doch eine Spur von Humor. »Ihre Überprüfung kann ich mir ersparen. Wegen Ihrer bevorstehenden Beförderung wurden Sie gerade – es war eine Anweisung von ganz oben – mehr als gründlich durchleuchtet.«
    »Kein Befund?« spottete Pallmann.
    »So ist es«, erwiderte der Fahnder.
    »Wissen Sie nicht, daß ich bei der Verkehrspolizei bereits zweimal in die Tüte blasen mußte?«
    »Einmal ohne Verfärbung und das zweite Mal knapp unter der erlaubten Promille-Grenze«, bestätigte Wallner.
    »Deutsche Gründlichkeit«, erwiderte der Ressortchef gallig; es war ein Lob, das wie ein Tadel klang. »Also nehmen Sie sich bitte die anderen sechs auf der Liste vor«, fuhr er fort. »Ich habe die Herren vorgewarnt. Sie brauchen also gar nicht besonders leise auftreten«, setzte er lächelnd hinzu.
    Es war eine überflüssige Aufforderung: Wallner stand in dem Ruf, gegebenenfalls gegen die eigene Frau genauso stur und fanatisch zu ermitteln wie gegen alle anderen. Der oberste Kontrolleur des deutschen Geheimdienstes nahm eine Aufgabe wahr, die früher 50 US-Offiziere besorgt hatten. Sie waren bei der Vorläuferin des Bundesnachrichtendienstes, der ORG (Organisation Gehlen; sie war aus der Wehrmachtsabteilung ›Fremde Heere Ost‹ hervorgegangen) tagtäglich im Camp erschienen, um die ›Firma‹ mit ihren Nescafé- und Chesterfield-Söldnern zu kontrollieren. Schließlich wurden einige ORG-Chargen noch von anderen Einheiten des amerikanischen Geheimdienstes gesucht und saßen hier auf Nummer Sicher. Außerdem gab Washington bereits im ersten Anlauf dreieinhalb Millionen Dollar für seine deutschen Erfüllungsgehilfen aus, am derzeitigen BND-Budget gemessen, freilich nur ein Trinkgeld, aber die heutigen Mitarbeiter des Intelligence-Service wurden auch nicht mehr mit Care-Pakten bezahlt. Als Bundesbeamte hatten sie die Ränge von Inspektoren, Regierungsräten, Regierungsdirektoren und Ministerialräten, Spione mit Pensionsberechtigung und wohlerworbenen Beamtentiteln.
    »Ich weiß, daß ich mich auf Sie verlassen kann«, verabschiedete Regierungsdirektor Pallmann den Chef der Sicherungsabteilung und lächelte, als er sah, wie eilig Wallner es hatte, ans Werk zu gehen.
    Kurze Zeit später meldete sich der CIA-Vize Thomas E. Gregory aus Langley im US-Staat Virginia über die abhörsichere Leitung sprechbereit; Pallmann ließ die Verbindung herstellen.
    »Hallo, William!« begrüßte ihn der CIA-Gewaltige. »What a desaster.«
    Das Gespräch lief über Zerhacker; eine rote Lampe verweigerte allen Mitarbeitern, einschließlich der eigenen Sekretärin, den Zutritt zum Dienstzimmer Pallmanns. Gregory teilte mit, daß er im Fall Caine bei der Selbstmord-Version bleibe, da die Polizei Schmauchspuren im Gesicht des Toten festgestellt hatte – allerdings auch Druckstellen an den Handgelenken wie bei einem Mann, der von starken Fäusten festgehalten wurde, als man ihn aus nächster Nähe erschoß, um einen Selbstmord vorzutäuschen. Jack Caines Begleiterin war verschwunden; sie würde

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