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Die Stadt der Engel

Die Stadt der Engel

Titel: Die Stadt der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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zur ›Krung Thep‹ machte, zur ›Stadt der Engel‹. Wenn man damit die gefallenen Engel meinte, so gab es in der Metropole in den einschlägigen Vierteln mindestens 100.000, vielleicht sogar eine Viertelmillion. Früher einmal hatte man Bangkok auch das ›Venedig des Ostens‹ genannt. Seitdem die Klongs, die Kanäle, weitgehend zugeschüttet worden waren, traten als Gondolieres nur noch Schlepper, Etagenkellner, Taxifahrer und Hotelportiers auf, und diese sangen böse Lieder, und zwar so häufig, daß die englischsprachige ›Bangkok Post‹ ihre Leser in einer Schlagzeile fragte: ›Ist der Tourismus eigentlich Hurismus?‹
    Der Mann am Steuer lenkte den Bus landesüblich, und das hieß halsbrecherisch. Eine Fahrt während der Rush-hour in Bangkok wurde zur Mutprobe. Seit einiger Zeit war der Verkehr in der Millionenmetropole vorwiegend auf Einbahnstraßen abgestellt; seitdem kam es weit weniger häufig zum Kollaps. Aber die Farangs, die Ausländer, behaupteten immer noch, Bangkok sei verkehrsmäßig die übelste Stadt der Welt. Nicht nur deshalb schlug die Regierung 200 Prozent Einfuhrzoll auf die Kraftfahrzeuge. Trotzdem vermehrten sich die Autos wie die Fliegen.
    Nach einer dreiviertel Stunde erreichten sie das Dusit-Thani- Hotel,eine seriöse Nobelherberge, auch wenn sie in unmittelbarer Nachbarschaft von Pat Pong lag, Bangkoks sündigster Meile. In dem klimatisierten Haus waren eine Flucht von Boutiquen und ein halbes Dutzend ausgezeichneter Restaurants etabliert.
    Für 21 Uhr Ortszeit hatte die Direktion in der Bar neben der Halle zu einem Begrüßungscocktail eingeladen. Gleichzeitig stellte der Reiseleiter die Liste der Teilnehmer für die morgige Besichtigung des Königspalastes und anderer Sehenswürdigkeiten zusammen. Dany trug sich ein, als sie sah, daß auch Kalaschke und Gattin an der Sightseeing-Tour teilnehmen würden.
    Kalaschke und seine zierliche Frau tauchten in der Bar auf; sie ließen nichts aus, spielten beflissen die Rolle der Pauschaltouristen, wie wenig abseits, doch in das Gedränge mit einbezogen. Der Begleiter der rassigen Thailänderin sprach jetzt nur noch deutsch oder englisch mit seiner jungen Frau, die ein Lächeln für jeden hatte, das keinem galt.
    Dany sah auf die Uhr und von da zur Rezeption; aber Larry, der einen weiten Weg von New York nach Bangkok hatte, konnte noch gar nicht da sein.
    20 Uhr; die Sonne war längst nach Westen weitergezogen, doch eine abendliche Abkühlung blieb aus. Das Häusermeer der Menam-Metropole hatte die Tageshitze wie ein Backofen gespeichert. Tausende zierliche Thai-Mädchen standen in den Massagesalons von Pat Pong bereit, den Farangs, den Fremden mit der weißen Haut, durch die Erfüllung selbst verwegenster Wünsche eine Gänsehaut zu verschaffen.
    In den Anbahnungsdielen war das Licht schummrig und die Musik gedämpft; sie lagen so dicht nebeneinander wie Sommersprossen im Gesicht einer Rothaarigen. Die Dancings waren klein, intim und doch jedem Ansturm der Liebestouristen gewachsen. Tagsüber wirkte die Quarantänestation der Sünde langweilig und schläfrig; aber wenn es dunkel wurde, explodierte hier das Lotterleben. Nacht für Nacht zogen Herden von Besuchern in die daunenweiche Kissenschlacht – ohne sie zu gewinnen.
    Selbst in der Hotelbar des vornehmen Dusit Thani (es liegt dem berühmten Lupini-Park gegenüber und nur ein paar hundert Meter vom Schauplatz der wilden Zweikämpfe und der routinierten Gruppengefechte entfernt) witterte Dany das erotische Fluidum. Ausgesucht hübsche Thai-Mädchen mit geschlitzten Röcken und geschlitzten Augen sorgten für gehäufte Erwartung; sie waren niedlich wie Teepuppen, doch grazil und springlebendig. Die Cocktailgäste nahmen bei ihnen mit den Augen Maß, verfolgten ihre katzenhaften Schritte, bezogen ihr Lächeln auf sich und gerieten in Verzückung.
    Die Topjournalistin trug ein direkt auf die Haut geschneidertes Cocktailkleid mit tiefem Ausschnitt, der erkennen ließ, was sich bei den munteren Serviererinnen nur mäßig wölbte. Belustigt stellte Dany fest, daß viele männliche Augen von den Thai-Mädchen abließen und zu ihr überliefen.
    »Kannst du mir erklären, Bruno«, fragte sie ihren Begleiter, »warum westliche Männer so von diesen kleinen Orientalinnen fasziniert sind?«
    »Vielleicht finden sie etwas, was ihnen zu Hause abgeht«, erwiderte der Spürhund.
    »Zum Beispiel?«
    »Die Exotinnen sind geduldig, leise, bescheiden, höflich und …«
    »… käuflich«, warf Dany

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