Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt der Engel

Die Stadt der Engel

Titel: Die Stadt der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
Vom Netzwerk:
im Nebengebäude über einen langen Gang, der in ein großes modernes Büro mündete.
    »Ich bin Major Vasatrana«, sagte der Zivilist und Geheimdienstoffizier in akzeptablem Deutsch. »Wenn Sie englisch vorziehen, können wir uns auch in dieser Sprache miteinander unterhalten.«
    »Bitte deutsch«, erwiderte der Internist. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht.« Er war noch immer verwirrt. »Aber was ist denn eigentlich los?« fragte er.
    »Zunächst einmal bedauere ich, daß wir Sie zu dieser ungewöhnlichen Stunde belästigen müssen, aber der Fall, an dem wir arbeiten, duldet keinen Aufschub. Es handelt sich um Heroinschiebungen größten Stils.«
    »Und was habe ich damit zu tun?« fragte Dr. Giraff.
    »Nichts«, erwiderte der Major mit dem gescheitelten Haar. »Aber ich benötige Sie als Zeugen.« Er bot dem Arzt eine Zigarette an. »Sie waren das letzte Mal im September in Bangkok?«
    »Stimmt.«
    »Sie kommen zweimal im Jahr nach Thailand?«
    Der Arzt nickte.
    »Hier leben Sie jeweils mit einem Mädchen namens Malee zusammen?«
    »Sie bedeutet mir viel«, erklärte Giraff. »Ich bin verliebt in sie, seit Jahren schon.«
    »Da sind Sie nicht der einzige«, entgegnete der Major und lächelte maliziös; er versagte sich weitere Eröffnungen. »Hatten Sie irgendwelche Schwierigkeiten auf Ihrem letzten Heimflug im September?« fragte er dann sachlich.
    »Nein.«
    »Auch nicht mit Ihrem Gepäck?«
    »Ach ja, Herr Major!« erinnerte sich der Zeuge dann. »Kurz nachdem ich durch den Zoll gegangen war, war auf einmal mein Koffer verschwunden. Vermutlich gestohlen; er war sehr schwer, und ich hatte ihn einen Moment abgestellt, um mich nach einem Taxi umzusehen. Ich meldete es der Flughafenpolizei. Sie nahm ein Protokoll auf. Es dauerte eine Weile, und als ich zurückkam, stand mein Koffer plötzlich wieder da. Ein anderer Reisender mußte ihn wohl verwechselt und dann zurückgebracht haben.«
    »Ist das das Protokoll?« fragte der Major und zeigte dem Arzt eine Ablichtung mit seiner Unterschrift.
    »Ja«, erwiderte Dr. Giraff verdutzt.
    »Sie waren ein ahnungsloser Heroinbote«, erläuterte ihm Vasatrana. »Man hat Ihnen ein Paket in den Koffer geschmuggelt und es ihm wieder entnommen, als Sie Ihr Gepäck durch die Zoll- und Polizeiabfertigung geschleust hatten.«
    »Ist das eine Vermutung?«
    »Ich zweifle nicht daran, daß es so war«, entgegnete der Geheimdienstoffizier, zur Zeit ein mit außerordentlichen Vollmachten ausgerüsteter Spezialist zur Bekämpfung des Rauschgiftschmuggels.
    »Ich verstehe überhaupt nichts«, erwiderte der Vernommene. »Ich kann Ihnen nur sagen: Ich habe damit nicht das geringste zu tun.«
    »Das glaube ich Ihnen«, versicherte der Major.
    »Sie meinen – vielleicht Malee?« begriff er endlich.
    »Das möchte ich nicht unbedingt annehmen«, versetzte Vasatrana gedehnt. »Bitte gedulden Sie sich noch einen Moment, Doktor Giraff.«
    Sowie Major Vasatrana am Nachmittag erfahren hatte, daß am Kai-Tak-Flughafen in Hongkong ein Chinese und ein Amerikaner dem Touristen Fred Miller aus Denver gewaltsam den Koffer entreißen wollten und dabei von der vorgewarnten Polizei festgenommen wurden, war der Heroinfahnder zum sofortigen Handeln gezwungen. Er wußte, daß Predi in Lebensgefahr schwebte, und gab Auftrag, ihn sofort festzunehmen, um nicht einen wichtigen Zeugen zu verlieren. Die Drahtzieher der Drogenszene gingen erbarmungslos auch gegen eigene Leute vor, die aufgefallen waren. Mitwisser wurden für immer zum Schweigen gebracht, bevor die Polizei sie ausquetschen konnte.
    Heroin ist Thailands Problem Nummer eins. Es stammt aus dem Goldenen Dreieck, wo Burma, Laos und Kambodscha zusammenstoßen, drei kommunistische oder kommunistisch beeinflußte Länder. Das Gold wird nicht aus dem Boden geschürft; es wächst zwischen undurchdringlichem Dschungel und Regenwäldern aus dem Boden. Im Januar und Februar blüht der schleichende Tod auf großen weißen, roten, rosa und lilafarbenen Feldern. Der zähflüssige Saft des Schlafmohns wird tonnenweise geerntet. 700 Dörfer im Grenzgebiet leben so gut wie ausschließlich von seinem Anbau. Für die Rohware erhalten Anbauer an die 30 Mark pro Kilo. Zehn Tonnen Rohsaft ergeben eine Tonne Heroin, wobei sich der Wert dabei um das Zweitausendfache steigert.
    Anbau und Verkauf sind in Thailand verboten; aber verboten sind hier auch Prostitution und Mädchenhandel und blühen nicht minder als der Schlafmohn. Bis zum Jahre 1956 hatte General Phao Sriyanonda, der

Weitere Kostenlose Bücher