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Die Stadt der Engel

Die Stadt der Engel

Titel: Die Stadt der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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geflogen bist?«
    »Möglich, aber die GLOBE-Redaktion gab offiziell bekannt, daß ich vierzehn Tage in der Karibik ausspanne«, erwiderte Larry. »Hör gut zu, Dany: Wenn wir hier einen kleinen Fehler machen, vermurksen wir eine Operation, bei der es um verdammt viel geht.«
    »That's right«, bestätigte sie.
    »Wir dürfen nicht im geringsten auffallen. Ich habe meinen Gewährsleuten absolute Diskretion zugesichert«, erklärte Larry. »Alles was ich erfuhr, ist off the record. Ich habe mich verbürgt, daß GLOBE über die Operation ›Flashlight‹ kein Wort bringen wird, bis sie geglückt oder mißlungen ist. Ich habe versprochen, außer mit dir mit niemandem über den Fall zu sprechen.«
    »Na ja, wir sind weder Flurschadentreter noch Selbstmörder«, versetzte sie.
    »Der dickste Hund, hinter dem ich je her war«, sagte Larry und goß sich einen zweiten Bourbon ein. »In einem Punkt habe ich allerdings auf Granit gebissen«, minderte er seine Schnüffelleistung. »Nicht andeutungsweise konnte ich erfahren, wo sich Garella zur Zeit aufhält.«
    »Das kann ich dir sagen«, erwiderte Dany und genoß seine Überrumpelung. »In Bangkok.«
    »Das nimmst du an?« fragte Larry.
    »Das weiß ich ziemlich genau.«
    »Und wo ist er untergetaucht?«
    »Hier«, entgegnete die Journalistin, »im Dusit Thani,« Sie sah Larrys entgeistertes Gesicht und mußte lachen, als der mit allen Wassern gewaschene Reporter sich an die Stirn faßte, als wäre plötzlich Vogelmist darauf gefallen.
    »Bist du sicher?« fragte er.
    »Ja.«
    »Und was tut er im Dusit Thani?«
    »Ich nehme an, daß er so lange den harmlosen Touristen spielt, bis er absolut sicher ist, daß ihn seine Gegenspieler nicht erkennen.«
    »Dear me!« erschrak der Unerschrockene. »Wenn uns der geringste Fehltritt unterläuft, ist er erledigt.«
    »Wir doch auch«, entgegnete Dany und entnahm dem Kühlschrank nun doch einen Good-night-Cup für eine voraussichtlich schlaflose Nacht.
    Peter Kalaschke, alias Paul Garella, der quicklebendige Tote, bummelte durch Pat Pong und unterschied sich in nichts von einem Ferienfreibeuter, wie sie sich auf Bangkoks sündiger Meile zu Hunderten und zu Tausenden herumtreiben. Er war ein Einzelgänger, aber er bewegte sich im Strom der Passanten wie alle anderen: Hände in den Taschen, Augen auf der Suche. In dem Viertel zwischen der Silom und der Surawong Road fiel man als Mann nicht auf.
    Er schob sich weiter, gemächlich wie einer ohne festes Ziel, jedoch mit bestimmter Absicht. Der Neonschein huschte über sein ramponiertes Gesicht mit der neuen Hautfassade. Er war durch die Umstände gezwungen worden, die Spezialklinik Snyder im US-Staat Connecticut zu verlassen, bevor die Transplantationsbehandlung abgeschlossen und die Nahtstellen verheilt waren. Nun wirkte Garella alias Kalaschke wie ein Patient mit Verbrennungswunden, der einem Pfuscher aufgesessen war. Er fiel zwar durch die Narbe auf, aber es schien ihm nebensächlich, weil ungefährlich. Wenn er in den Spiegel sah, erschrak er jedesmal, denn er erkannte sich selbst nicht wieder. In ein paar Wochen würde die Haut seines Zweitgesichts völlig eingeheilt sein, und nichts könnte dann mehr auf die operative Manipulation hinweisen. Aber bis dahin müßte der sorgfältig vorbereitete Schlag ›Flashlight‹ – so oder so – über die Südostasien-Bühne gegangen sein.
    Der Agent verstand es, alles zurückzudrängen, was nichts mit seinem Auftrag im Spionagedschungel zu tun hatte. Siebzehn Jahre Untergrund waren genug. Nach dem Finale wollte er aussteigen und irgendwo in der Welt, wo ihn keiner vermutete, Ruhe, Freizeit und Frieden finden. Sein Nachholbedarf an Leben war jedenfalls beträchtlich, aber der Agent, der den KGB-Oberst Petrowski in den Westen geschleust hatte, war nicht der Mann, der sich von Bord eines lecken Schiffes stahl. Gestützt auf amerikanische wie deutsche Vollmachten war er entschlossen, es wieder flottzumachen und die gegnerischen Einbrüche abzuriegeln.
    Trotz seiner Erfolge erlaubte sich Kalaschke kein Sendungsbewußtsein, aber er hielt sich für den einzigen Mann, der sich in diesem Untergrunddschungel zurechtfinden konnte. In Thailand aufgewachsen, beherrschte er die Landessprache in Wort und Schrift. Wichtiger noch: Er war mit allen Sitten und Unsitten des Landes vertraut; er konnte denken wie ein Asiate und fühlen wie ein solcher, und er wußte um die Stärken und Schwächen des Muang Thai, des Landes der Freien.
    Bangkok war Sitz der SEATO

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