Die Stadt der Engel
die er nach Vorlage des Lebenslaufs und ihres Lichtbildes getroffen hatte.
Carol, Tochter eines Stahlmanagers aus Pittsburgh im Staate Pennsylvania und einer Skandinavierin, war eine graduierte Wirtschafts-Wissenschaftlerin, die das Examen mit der Platzziffer eins geschafft und sofort eine interessante Anstellung bei einer Bank gefunden hatte. Hier war sie mit dem Syndikus Dexter zusammengekommen und hatte ihn ein halbes Jahr später geheiratet. Die Ehe war zwei Jahre lang gut gelaufen, dann kam die Katastrophe: Jim Dexter, der Jurist und Amateur-Springer verunglückte bei seinem Freizeitvergnügen mit dem Fallschirm – tödlich – und aus Carol wurde eine noch nicht 25jährige, bestens versorgte Witwe.
Es genügte ihr nicht, in Ruhe Lebensversicherung und Pension zu verzehren. Sie erhielt ein berufliches Angebot, übersiedelte nach Washington und arbeitete als Wirtschaftsreferentin im US-Außenministerium. Ihre Tüchtigkeit fiel auf, der Vize des Geheimdienstes entdeckte Carol, aber sie lehnte ab, für die Agency zu arbeiten, wiewohl sie sonst das Neue immer faszinierte.
Sie wurde als Wirtschafts-Attaché an die US-Botschaft nach Tokio versetzt. Als man für die ›Operation Flashlight‹ eine garantierte unverdächtige Helferin suchte, erinnerte sich Gregory der jungen Diplomatin. Diesmal gelang es ihm, Carol in seine Dienste einzuspannen. Als Amateurin wäre sie auf Bangkoks heißem Pflaster ein unbeschriebenes Blatt. Als Garellas Vorschlag kam, in Carols Legende nymphomane Neigungen einzubauen – nichts glauben die Menschen lieber als Pikantes – hatte sie bereits zugesagt und konnte nicht mehr zurück.
Kalaschke sah in ihre großen flirrenden Augen. Sein sechster Sinn signalisierte ihm, daß es ein Problem gäbe, um das sie herumstrich wie eine Katze um den heißen Blechnapf. »Und jetzt sagen Sie mir, was nicht nach Plan läuft!« forderte sie Kalaschke auf.
»In Ihrer Maschine saß eine bekannte GLOBE-Journalistin.«
»Dany Callway«, entgegnete der Agent. »Ich hab' sie sofort erkannt.«
»Wir müssen uns Gedanken über sie machen«, begann Carol vorsichtig. »Es ist eine unbegreifliche Häufung von Zufällen: Zunächst einmal war sie in München auf Ihrer angeblichen Beerdigung. Dann sitzt sie in Ihrer Tristar. Zwischendurch hat sie Larry Grindler, einen Spürhund der GLOBE-Redaktion in New York, mit Recherchen über Ihren Verkehrsunfall beauftragt …«
»Und?«
»Der Mann versteht sich auf sein Fach«, entgegnete Carol Dexter bedauernd. »Und er hat verdammt gute Beziehungen zur Polizei. Irgendwie scheint er Lunte gerochen zu haben, und das war fatal. Damit er keinen Schaden anrichtete, mußten schließlich ein CIA-Beamter und ein hoher Polizeioffizier eine Art Stillhalteabkommen mit ihm und dadurch mit GLOBE INTERNATIONAL schließen.«
»Gab es keine andere Möglichkeit, den Mann wenigstens vorübergehend zum Schweigen zu bringen?« fragte Kalaschke zornig.
»Dann hätte man auch Dany Callway verschwinden lassen müssen«, entgegnete Carol. »Und sie ist die Topjournalistin eines Weltmagazins, steht längst im VIP-Lexikon, und Aufsehen ist so ziemlich das Schlimmste in unserem Fach.«
»Und dann gibt es ja auch noch einen dritten Mitwisser«, sagte Kalaschke wie mit Sand zwischen den Zähnen. »Bruno Feiler. Der Mann, den sie aus München mitgebracht hat. Lassen Sie diese Callway überprüfen!« ordnete er an. »Und auch ihre beiden Helfer.«
»Längst geschehen«, versetzte sie.
»Gut, Carol.« Für eine Koryphäe des Untergrunds war das ein Maximum an Lob.
»Wir haben sie alle drei im Computer«, begann die subversive Helferin. »Sie gelten als ausgezeichnete Journalisten und als politisch unbedenklich. Keinerlei Kontakte zur anderen Seite feststellbar. Die Gefährlichkeit dieser Leute liegt wohl ausschließlich in ihrem Ehrgeiz.«
»Und in der Tatsache«, ergänzte Kalaschke, »daß sie Amateure sind.«
»Immerhin war Larry Grindler so gerissen, sein Wissen nicht telefonisch nach Bangkok durchzugeben«, stellte die CIA-Spezialagentin fest. »Für die GLOBE-Redaktion ist er übrigens offiziell in die Karibik geflogen.«
»Und Dany Callways Umfeld?« fragte Kalaschke.
»… ist vorwiegend in Pressekreisen zu suchen. Sie scheint sich nicht übertrieben viel aus Männern zu machen. Aus Frauen übrigens auch nicht. Der Computer behauptet, sie unterhalte ein Liebesverhältnis mit Frank Flessa, dem GLOBUS-Manager in München. Es scheint nicht sehr aufregend zu sein; die Lady ist
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