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Die Stadt der Engel

Die Stadt der Engel

Titel: Die Stadt der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Leben erwachten, war eine ausgezeichnete Sichtblende.
    »Ich denke, wir haben es geschafft«, sagte der Untergrund-Spezialist. »Es ist jetzt entscheidend, daß Sie unbemerkt in die US-Botschaft gelangen.«
    »Ich schaffe das schon«, erwiderte Carol. »Und wo finde ich Sie?«
    »Momentan weiß ich das selbst nicht, aber ich melde mich sofort bei Ihnen, wenn ich ein neues Quartier bezogen habe. Es wird bald sein.«
    Oder nie, dachte Carol. Einen Moment lang hatte sie Angst um einen Furchtlosen. »Ich bin sicher, Sie wissen, was Sie tun.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen um mich, Carol. Sehen Sie lieber zu, daß Sie den großen Gregory so rasch wie möglich hierher bekommen.«
    Das Tuk-Tuk hatte die Rama I Road erreicht, passierte das Pasteur-Institut und die Phramongkutklao-Statue. Auf Höhe der Baptistenkirche verließ der Fahrer die Prachtstraße und bog in einem Winkel von neunzig Grad nach Norden ab, in die Wireless Road. Parallel zum Express Way gelegen, gehörte sie gewissermaßen zum exterritorialen Viertel in der Stadt der Engel. Hier lagen die Residenzen vieler ausländischer Botschaften nebeneinander.
    Den südlichen Eckpfeiler bildete die US Embassy, dicht daneben die finnische Vertretung, auf der anderen Seite die ägyptische, beide wie Neutralisatoren vor der vietnamesischen. Die Erzrivalen waren Nachbarn, als wollten sie einander nicht aus den Augen lassen. Garella verzichtete auf eine Sondierungsrunde und ließ sein Armeleute-Taxi in den Lieferanteneingang einbiegen.
    Zwei uniformierte Wächter hielten es auf. Es kam zu einem Wortwechsel mit dem Fahrer. Behende wie eine Katze schlüpfte Carol nach vorn durch, rief aus dem Führerhaus den Wächtern etwas zu. Verblüfft erkannten sie den weiblichen Wirtschaftsattaché. Die attraktive Diplomatin kroch aus dem bedenklichen Gefährt, nutzte die Körper der Bodyguards als Sichtblende und verschwand im Gebäude. Wer die Szene aus der Ferne verfolgt hatte, mußte annehmen, daß der am Lieferanteneingang aufgehaltene Fahrer unverrichteter Dinge abzog und nunmehr die gleiche Strecke wieder zurückfuhr, die er gekommen war.
    Auf Höhe des Lumpini-Parks ließ Garella ihn anhalten. Niemand beobachtete ihn, als er von der Knatter-Rikscha sprang und die große Lunge der übervölkerten Millionenstadt betrat, wo es sonst wenig Platz für Grünflächen gab. Der nach dem Geburtsort Buddhas benannte Park, durchzogen von künstlichen Bächen und Teichen, war eine Oase in der Steinwüste. Am Morgen gehörte sie den Frühsportlern, in der Mittagszeit den rastenden Angestellten benachbarter Banken und Büros, am Nachmittag den Kindern und später den Damen der Gesellschaft zum Fünf-Uhr-Tee.
    Garella legte sich gleich neben dem Eingang unter einen Flamboyanbaum; seine ziegelroten Blüten boten ihm Schatten und Deckung. Er blinzelte gegen die Sonne, sah auf die Uhr. Wenn Decha pünktlich war, mußte er gleich auftauchen. Er fingerte eine Zigarette aus der Tasche, suchte vergeblich nach Streichhölzern.
    In diesem Moment sah er den untersetzten Mann mit dem Bulldoggengesicht, knapp über vierzig, vom Typ her ein Thai-Boxer, die mit Kopf, Fäusten und beiden Füßen kämpfen.
    Garella stand auf, ging dem Näher kommenden ein paar Schritte entgegen.
    Er hatte Decha Vivikul vor drei Jahren das letzte Mal in Washington gesehen, und seitdem war sein Thai-Freund etwas voller geworden; aber sein elastischer Gang war unverkennbar. Mit dem Gleichaltrigen als Nachbarjunge aufgewachsen, hatte Garellas Vater einst als Arzt auch die Familie Vivikul betreut, und im freundschaftlichen Umgang beider Familien waren keinerlei Gegensätze fühlbar gewesen.
    »Sawadi, Decha!« rief der Agent den Jugendfreund an.
    Wiewohl der Kriminalist auf die Begegnung gefaßt sein mußte, wirkte er einen Moment lang irritiert. »Sawadi, Paul«, erwiderte er, blieb stehen und warf ihm mit überraschender Behendigkeit sein Feuerzeug zu.
    Garella fing es auf – mit der linken Hand. Er lächelte mit schrägen Lippen. Der nächste Identifikationstest folgte sofort.
    »Erinnerst du dich noch, wann und wo wir die letzte Partie Golf miteinander gespielt haben?«
    »Auf dem hauseigenen Platz der Agency«, antwortete Garella. »Ich habe drei auf eins gewonnen – keine besondere Leistung, denn es war ja gewissermaßen mein Heimatplatz.« Er klopfte dem Freund auf die Schulter. »Du bist wirklich ein mit allen Wassern gewaschener Kriminalist«, stellte er fest.
    »Die Herren kennen sich ja schon«, hatte Dany im Hotel

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