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Die Stadt der gefallenen Engel

Die Stadt der gefallenen Engel

Titel: Die Stadt der gefallenen Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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eingerichtet hatten. Hier verbarg sie sich vor der Welt, hinter zugezogenen Vorhängen. Sie sprachen kaum miteinander, wurden sich fremd.
    Während er weiterhin zur Universität ging und seinen Doktor machte, schloss sie das Leben aus. Und mit dem Leben schloss sie auch ihn aus. Manchmal, wenn er nachts an der Tür lauschte, hörte er ihr Schluchzen und er schwor sich, ihr den wichtigsten Wunsch ihres Lebens zu erfüllen. Koste es, was es wolle.
    Sie hatten alles Menschenmögliche getan, um sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Nun blieb nur noch eine Möglichkeit. Lange genug hatte Max sich mit Okkultismus beschäftigt. In seinen Büchern fand er ein Beschwörungsritual, das ihm versprach, was er sich erhoffte. Er beschloss, sich auf das Wagnis einzulassen, Satan anzurufen. Von sich als Wissenschaftler vollkommen überzeugt, hatte er geglaubt, das Experiment im Griff zu haben.
    Und Satan war gekommen. Der große Verführer war in sein Leben getreten. Nicht mit Donner und Schwefelgeruch, aber das hatte er auch nicht erwartet. Satan war in der Erscheinung eines jungen Studenten aufgetaucht. Am helllichten Tag hatte er ihn vor dem Universitätsgebäude gefragt, wie ernst ihm sein Wunsch sei und ob er bereit sei, den Preis für diesen Wunsch zu bezahlen.
    Ja, hatte er gesagt und an seine Frau gedacht, ich zahle den Preis. Ich bezahle jeden Preis.
    Und wenige Tage später stand Martha lächelnd vor ihm, als er am Abend nach Hause kam. Sie war tatsächlich schwanger geworden.
    Die Sonne hielt wieder Einzug in ihr Haus und ihr gemeinsames Leben begann aufs Neue. Noch schöner, noch strahlender als jemals zuvor.
    Dann war Satan erneut erschienen, hatte sich in der Pause zwischen zwei Vorlesungen in der Mensa zu ihm gesetzt und ihm den Preis für dieses Glück genannt.
    Das Kind wird gesund geboren werden. Es wird ein Mädchen sein, das du Rachel nennen sollst. Dieser Name bedeutet »das Mutterschaf« und so soll es sein, denn sie wird mir einen Sohn gebären, der mir in mein Reich folgt, um eines Tages der Herrscher über die Erde zu werden.
    Max war entsetzt zurückgewichen. Alles konnte Satan von ihm verlangen, aber nicht das. Nicht seine ungeborene Tochter als künftige Mutter für einen unheilvollen Sohn, der gleichzeitig auch sein Enkel war.
    Satan hatte ihn angesehen und gelächelt. Du hattest einen Wunsch, ich habe dir meinen genannt. Solltest du dich weigern, wird das Kind noch im Mutterleib sterben.
    Und Max hatte an Martha, an das glückliche Lächeln auf ihrem Gesicht gedacht und er wusste, sie würde den Verlust des Kindes nicht überstehen. Vielleicht würde sie weiterleben, aber dann nur noch als seelenlose Hülle, die auf das Ende wartete.
    So hatte er stumm genickt. Alles erschien ihm in diesem Moment besser, als Martha endgültig zu verlieren. Die Zeit würde eine Lösung bringen, vielleicht konnte er Satan entkommen. Er besaß großes Wissen über die geheimen dunklen Wissenschaften und die jahrtausendealte schwarze Magie. In seinen Büchern standen ungeheuerliche Beschwörungsformeln und auch die Macht des Teufels war begrenzt.
    Aber das war ein Irrtum gewesen. Satan ließ sich nicht beherrschen. Ein Jahr nach Rachels Geburt tauchte er wieder auf, um das Bündnis durch eine schwarze Messe zu besiegeln, das ihm das kleine Mädchen als Braut versprach. Wie betäubt hatten Martha und er sich seinem Willen gebeugt. Seine Frau, die bereits einiges geahnt hatte, erhielt nun Gewissheit. Er musste ihr Beruhigungsmittel einflößen, damit sie die Zeremonie durchstand; er selbst hatte sich mit Alkohol betäubt.
    Und dann war Satan verschwunden. Sie hatten ihr altes Leben wieder aufgenommen, verdrängt, was geschehen war und alles für ihre Tochter getan, was Eltern tun konnten. Rachel war in einem Umfeld von Liebe und Geborgenheit groß geworden. Als Michael in ihrem Leben auftauchte, wusste sie nicht, wer er in Wirklichkeit war. Ein attraktiver junger Mann, ein intelligenter Student, charmant und absolut unverdächtig. Natürlich hatte sie sich sofort in ihn verliebt – und er als Vater musste daneben stehen und alles mit ansehen, denn Satan hatte ihm deutlich gemacht, dass er Rachel töten würde, wenn sie ihm kein Kind schenkte.
    Und wieder einmal hatte der Fürst der Hölle bewiesen, welch brillanter Verführer er war. Unheimlich liebevoll hatte er sich um Rachel bemüht, zärtlich um sie geworben. Er und Martha hatten gehofft, alles werde vielleicht doch gut. Satan würde seinen Sohn bekommen und aus ihrem

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