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Die Stadt der gefallenen Engel

Die Stadt der gefallenen Engel

Titel: Die Stadt der gefallenen Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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der alles verbrennen würde, sollte es ihnen jemals gelingen, in die Welt der Menschen einzudringen.
    Satans Macht war bedroht, seine Stellung als alleiniger Herrscher über das Böse in Gefahr. Im untersten Kreis der Hölle war eine offene Rebellion ausgebrochen und immer mehr abtrünnige Dämonen schlossen sich den Aufständen an. Unzählige dunkle Engel waren bei dem Versuch gefallen, die Horden zu zersprengen und die Kontrolle wieder zu übernehmen. Nun herrschten Dämonen über den neunten Kreis der Hölle. Dämonen, die danach strebten, ihren Hass in die Welt der Menschen zu tragen.
    Satans Macht schwand. Zwar regierte er noch über acht Kreise seines Reiches, doch diese Kontrolle forderte täglich neue Opfer unter den dunklen Engeln. Er hatte seinen Legionen befohlen, die Horden aufzuhalten und wenn nötig bis zum Tod des letzten Kriegers zu kämpfen, damit es den Dämonen nicht gelang, die Tore zur Welt der Menschen zu erobern. Satan konnte nicht zulassen, dass Dämonen ungehindert in diese Welt eindrangen und sich auf Erden ein eigenes Reich errichteten. Wenn die Zeit der letzten Tage auf Erden kam, wenn Hölle und Himmel in den Krieg zogen und die letzte Schlacht schlugen, würde er es sein, der nach dem Sieg über die Menschen herrschte. Seine Macht würde sich von Kontinent zu Kontinent erstrecken und die Menschen würden sich ihm unterwerfen und ihn anbeten. Sein Hass auf sie würde sie ebenso zu Sklaven machen wie die Dämonen – aber noch war es nicht so weit.
    Die dunklen Engel waren mächtig, jedoch erinnerte der Schmerz in Damians rechter Hand ihn an eine Grenze dieser Macht. Kein Höllenkrieger, sowie auch kein Engel, konnte für längere Zeit in dieser Welt verweilen, ohne an Macht einzubüßen und Schaden zu nehmen. Der Herr aller Dinge hatte dafür gesorgt, dass niemand diese Welt zu einem Schlachtfeld machte.
    Und so kämpften sie im Zwielicht gegeneinander. Die Dämonen versuchten, durch List und Tücke die Herzen und Seelen der Menschen für sich zu gewinnen, denn auch die Hölle schöpfte ihre Kraft aus dieser Welt. Aus den Gedanken und den Taten des Bösen. Aber Satans Reich war bedroht. Sklaven schickten sich an, zu Herren zu werden.
    Und dieses Mädchen?
    Damian wusste, dass sie der Schlüssel zu allem war. Ihr Schicksal würde über das Schicksal aller entscheiden – Engel, Menschen und Dämonen.
    Am 6.666 Tag ihres Lebens, kurz nach ihrem achtzehnten Geburtstag, würde sich entscheiden, ob Lara gut oder böse sein würde. Das Licht oder die Dunkelheit wählte – wenn es für sie bis dahin überhaupt noch eine Wahl gab.
    Lara ahnte nichts von alledem. Doch Damian wusste, dass sie sich zusehends veränderte. Immer öfter und immer heftiger brach sich der dunkle Teil ihrer Seele Bahn. Sie verstand nicht, was mit ihr geschah. Aber er verstand es.
    Was sollte er tun?
    Satan gehorchen, auch wenn das Laras Tod bedeuten konnte? Oder gab es einen anderen Weg?
    Einen Weg, an dessen Ende vielleicht sein eigener Tod stehen würde?
    Sein Schicksal war ihm gleichgültig. Er hatte noch einmal den Himmel gesehen, frei geatmet und die Sonne auf seiner Haut gespürt – mehr, als er je hatte erwarten können.
    Dennoch. Es galt, das Richtige zu tun.
    Nur dass er nicht wusste, was richtig oder falsch war.
    Nicht wusste, was er tun sollte.
    Ich brauche mehr Zeit.
    Noch einmal sog Damian tief den Atem der Nacht ein.
    Dann ließ er sich vom Dach fallen und verschwand in der Dunkelheit.
     
    Lara hatte sich schließlich unter den unbehaglichen Blicken ihrer Großmutter ein Brot geschmiert. Nun saß sie am Tisch und biss heißhungrig in ihr Schinkenbrot.
    »Warum hast du gelauscht?«
    Die Frage war wie ein Hammer, der auf einen Amboss schlug.
    Lara hatte den Mund voll, und das verschaffte ihr ein wenig Zeit, über eine Antwort nachzudenken. Sollte sie lügen? Behaupten, nicht gelauscht zu haben? Nein, sie war kein kleines Kind mehr, das man mit der Hand in der Keksdose erwischt hatte.
    »Das war Zufall. Ich wollte in die Küche und habe gehört, wie ihr mit meiner Mutter gesprochen habt.«
    Die Stirn ihrer Großmutter legte sich in Falten. »Dann bist du in dem Augenblick vorbeigekommen, als Rachel angerufen hat?«
    Was sollte das nun wieder? War das ein Verhör?
    »Ja, wieso? Habt ihr Geheimnisse? Gibt es etwas, das ich nicht wissen soll?«, fragte Lara gereizt. Sie hatte keine Lust, ihre schlechte Laune noch länger zu verbergen; an diesem Tag war einfach zu viel passiert.
    »Nein«, versicherte ihre Oma.

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