Die Stadt der gefallenen Engel
und Arias, der hinter ihm stand, wirbelten herum. Vor der Tür stand ein Feuerdämon, dessen hässlicher nackter Schädel bis fast zur Decke reichte. Berge von Muskeln bewegten sich unter lederartiger Haut, über die winzige Flammenzungen leckten, als er den Kopf einzog und mit einem markerschütternden Schrei auf sie zustapfte.
Die beiden Engel wichen langsam zurück. Der Wohnungsflur war zu eng, um nebeneinander zu kämpfen. Ihre Schwerter waren auf den Dämon gerichtet, der unerschrocken auf sie zuhielt. Dann blieb das Unwesen abrupt vor ihnen stehen.
»Dieser Tag wird für alle Zeiten ein heiliger Tag sein. Zwei Engel habe ich heute schon getötet und ihr werdet nun für mich diesen Tag vollkommen machen. Euer Tod wird meinen Namen vor allen Dämonen preisen.« Die Stimme des Dämons dröhnte in ihren Ohren. Der Hass, der darin lag, jagte ihnen wie ein loderndes Feuer entgegen.
Arias trat einen weiteren Schritt zurück. Sie standen in der Mitte eines Raumes, der einmal ein Wohnzimmer gewesen sein mochte, nun aber von Unrat übersät war. Verschlissene Möbel, aus denen die Polsterung hervorquoll, waren in einer Ecke gestapelt. Darüber lag ein Teppich, dessen ehemalige Farbe man noch nicht einmal mehr erahnen konnte.
In der ganzen Wohnung stank es nach verfaulenden Essensresten, aber auch nach Verwesung und Tod. Arias’ Blick fiel auf ein langes Regal, das sich von einer Ecke des Raumes zur anderen spannte, auf dem unzählige Tierschädel ordentlich aufgereiht nebeneinanderstanden. Unter seinen Stiefeln knackten kleine Knochen, als seine Füße nach festem Stand suchten.
Sanael hielt das Schwert senkrecht über dem Kopf erhoben. Auf seinem Gesicht lag keinerlei Furcht. Im Gegenteil, er lächelte.
Arias nickte zufrieden. Er war froh, dass Sanael seine Zweifel abgelegt hatte und ihm zur Seite stand. Arias schwang sein Schwert in einem langsamen Bogen zurück, bis sich die Spitze der Waffe auf seiner Schulterhöhe befand.
»Wir sind alle in der Hand des Herrn. Was geschehen soll, wird geschehen«, sagte Arias. Er streckte die linke Hand auffordernd aus. »Und nun lass uns tanzen, Dämon.«
Gabriel ging allein durch die Stadt, als ein glühender Schmerz durch seinen Körper fuhr. In seiner Seele wurde der Name Linas geflüstert. Er krümmte sich vor Schmerz und Trauer zusammen. Das Fabrikgelände, in dem gerade die Performance stattfand, lag weit hinter ihm. Dafür war er dankbar. Ohne auf seine Umgebung zu achten, sank er auf die Knie. Das Gefühl des Verlustes war überwältigend. Für einen Moment schien es, als könne er nicht mehr atmen, dann stöhnte er laut.
Eine ältere Frau, die an der Haltestelle auf der gegenüberliegenden Seite der Straße auf den Bus wartete, blickte neugierig zu ihm herüber. Gabriel wurde bewusst, dass er zu viel Aufmerksamkeit auf sich zog. Er richtete sich mühsam auf. Gebeugt, das Kinn auf der Brust, stand er im Licht einer beleuchteten Reklamewand und weinte. Linas war tot.
Der Dämon machte einen Satz nach vorn. Beide Arme schwingend, schien er schwerelos geworden zu sein, als er zwischen Sanael und Arias landete und gleich darauf herumwirbelte. Seine mächtigen Pranken durchschnitten die Luft, aber Arias und Sanael wichen in einer Drehung zur Seite aus. Mor’aks Schädel ruckte herum. Er fixierte Sanael.
»Willst du kämpfen, Engel, oder weiter vor mir fliehen?«
Sanael lächelte. Sein Schwert vollführte einen perfekten Kreis und deutete schließlich auf den Dämon. Den anderen Arm hielt er weit nach hinten ausgestreckt. In diesem Augenblick war er der vollkommene Krieger. Eine Aura der Erhabenheit umgab ihn wie einen unsichtbaren Mantel.
Er glitt einen Schritt zurück und griff dann mit Schwung den Feuerdämon an. Seine Schwertspitze zuckte nach vorn, aber der Dämon sprang mit einem hastigen Satz zurück. Der riesige Körper krachte gegen die Wand. Putz rieselte von der Decke auf ihn herab. Amüsiert schüttelte er den Schädel. Auf den schuppigen Lippen lag ein trotziges Lächeln.
Arias und Sanael schwangen ihre Waffen fast gleichzeitig nach dem Dämon, aber Mor’ak stieß sich von der Wand ab und fuhr zwischen ihnen hindurch. Sanael wurde wie eine Puppe zur Seite geschleudert. Er stürzte über einen Sessel und blieb für einen Augenblick benommen liegen.
Der Dämon drehte sich blitzschnell herum. In seinen Augen standen Gier und Grausamkeit, als er die Hilflosigkeit seines Gegners bemerkte. Wilde Flammenzungen leckten über seine Haut. Ein tiefes
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