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Die Stadt der gefallenen Engel

Die Stadt der gefallenen Engel

Titel: Die Stadt der gefallenen Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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erstarb urplötzlich. Dann zischte er: »Nein, ich werde euch töten, wenn ihr euch nicht vor mir in den Staub werft. Winselt um Gnade und euer Tod wird ohne Schmerzen sein.«
    Der Dämon fauchte wild auf. Er und die drei anderen Golem bildeten einen Halbkreis, während die Geflügelten zum Himmel stiegen, um sich auf Asiszaar zu stürzen.
    In den Händen des dunklen Engels erschienen gebogene schwarze Klingen, die so scharf aussahen, als könnten sie die Luft in Scheiben schneiden. Asiszaar bleckte die vernarbten Lippen.
    »Seht euch noch einmal um, denn es ist das Letzte, was ihr von dieser oder jeder anderen Welt sehen werdet«, knurrte er und ging in Kampfstellung.
    Dann begann das Gemetzel.

45.
    Lara erwachte und reckte sich wohlig im Bett. Sie hatte wunderbar geschlafen. Ohne die Augen zu öffnen, streckte sie die Hand nach Damian aus, aber das Bett neben ihr war leer.
    Verwirrt richtete sie sich auf und blickte sich um, aber sie spürte, dass er gegangen war. Auf dem Kopfkissen lag eine Nachricht von ihm.
     
    Lara!
    Bitte sei nicht enttäuscht, dass ich nicht bei dir bin, aber ich muss jetzt allein sein. Das hat nichts mit dir zu tun und hat es doch. Ich weiß, es ist schwer zu verstehen, ich verstehe es ja selbst kaum.
    So vieles ist in den letzten Tagen geschehen, ich bin verwirrt und brauche Zeit, um über alles nachzudenken.
    Außerdem habe ich dringende Angelegenheiten zu erledigen, die keinen Aufschub dulden. Bitte glaube mir, es geht nicht anders.
     
    Damian
     
    Lara hätte am liebsten aufgeschrien. Für ein paar Sekunden war eine unendliche Leere in ihrem Kopf, dann überschlugen sich ihre Gedanken förmlich. Was sollte seine alberne Bitte, sie solle nicht enttäuscht sein? Ihr Innerstes brannte vor Sehnsucht nach ihm, vor Enttäuschung darüber, dass er nicht da war. Lara stieß ein bitteres Lachen aus. Wieder einmal hatte sie jemand verlassen, den sie liebte. Erst Ben und jetzt Damian.
    Wie versteinert lag sie auf ihrem Bett, den Zettel hielt sie noch immer in ihrer Hand, die vor Wut zitterte. Ihre Augen brannten, doch Tränen kamen keine. Sie hätte es besser wissen müssen! Warum nur hatte sie sich so leichtfertig verliebt?
    Sie war glücklich gewesen, als sie letzte Nacht neben ihm eingeschlafen war. Es hatte sich so gut angefühlt. Doch das Erwachen war wie ein Schlag ins Gesicht, als sie vor wenigen Augenblicken ihre Hand ausgestreckt hatte und er war nicht da. Damian hatte sie allein gelassen, allein mit all ihren Gefühlen. Und nun blieb nichts von ihm zurück, nichts außer seinem Duft, der Lara vom Kopfkissen in die Nase stieg.
    Wütend sprang sie aus dem Bett, den Zettel noch immer fest in der Hand haltend. Ihre Augen huschten erneut über das Stück Papier.
    Er schrieb davon, dass er verwirrt war.
    Das bin ich auch, schrie Lara stumm auf. Aber deshalb laufe ich nicht einfach davon.
    Dringende Angelegenheiten? Was für eine billige, schäbige Ausrede! Was für dumme, leere Worte! Dringende Angelegenheiten waren nur ein anderes Wort für Feigheit. Hatte sie denn nichts Besseres verdient als einen läppischen Zettel voller Lügen und Ausflüchte?
    Sie hatte Damian ihr Herz geschenkt und er hatte es zerschmettert.
    Etwas in Lara zerbrach. Sie spürte, wie ein Feuer ihre Seele verbrannte. Blitzende Sterne tanzten vor ihren Augen. Heiße Wut stieg in ihr auf. Ohnmächtiger Zorn.
    Mein Vater hat mich verlassen. Ben hat mich verlassen. Und nun auch du.
    Ohne es zu merken, zerknüllte sie den Brief in ihrer Faust. Sie presste das Papier so stark zusammen, dass die Adern auf ihrer Hand hervortraten.
    »Niemand wird mich jemals wieder verlassen, dafür werde ich sorgen«, sagte sie und ihre Stimme klang wie knisterndes Feuer.
    Lara sah ihre Umgebung durch einen blutroten Schleier. Sie empfand glühende Verzweiflung. Sie spürte nicht, wie die Flammen zwischen ihren Fingern hindurchzuckten und das Papier in ihrer Faust zu Asche verbrannte.
    Etwas in ihr war erwacht.
     
    Arias saß auf einer Bank am Alexanderplatz. Seine Augen folgten einer Touristengruppe, die einem jungen Mann mit in die Luft gerecktem Regenschirm hinterherlief. Ein paar Jugendliche fuhren mit ihren Skateboards auf und ab und das alberne Kichern zweier Mädchen drang an sein Ohr. Obwohl Arias’ Augen scheinbar dem folgten, was um ihn herum passierte, war er in seinen Gedanken ganz woanders. Sie kreisten um Gabriel.
    Er bedauerte die Vorwürfe nicht, die er dem Engel gemacht hatte, aber wie sie ausgesprochen worden waren, war

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