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Die Stadt der gefallenen Engel

Die Stadt der gefallenen Engel

Titel: Die Stadt der gefallenen Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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… mein Sohn war noch sehr klein, als … wir die Verlobung feierten und …«
    Danach hatte er wahrscheinlich gemerkt, dass er sich verplappert hatte, und nicht weitergeredet.
    Verlobung! Fischer hatte von Verlobung gesprochen. Der Verlobung ihrer Mutter? Sie war doch noch ein Baby. Langsam dämmerte Lara, dass dies nicht die Aufnahme einer Tauffeier war.
    Es war etwas anderes.
    Etwas Ungeheuerliches.
     
    »Das ist ja merkwürdig«, sagte eine Stimme hinter ihr. Lara zuckte zusammen. Sie hatte nicht gehört, dass Paul Westermann ins Atelier zurückgekehrt war. In seiner rechten Hand hielt er ein Glas Wasser.
    »Was?«, stöhnte Lara. Ihr wurde schwindlig. Stechende Kopfschmerzen zuckten hinter ihrer Stirn auf. Ein unheilvolles Pochen ließ ihre Schläfen vibrieren.
    »Na, diese Kirche ist komisch.«
    Lara wandte ihren Blick wieder dem Monitor zu. Der Hintergrund war in der Zwischenzeit ebenfalls scharf geworden. Deutlich waren nun ein Altar, brennende Kerzen und Kelche zu erkennen. Paul hatte recht, die Aufnahme schien in einer Kirche gemacht worden zu sein – was für eine Taufe ja nicht ungewöhnlich war, und Lara verstand nicht, was der Fotograf daran so merkwürdig fand. Als sie ihn fragend ansah, sagte er ruhig: »Das Kreuz wurde verkehrt herum aufgehängt!«
    Laras schloss kurz die Augen, ehe sie sich erneut auf das Bild konzentrierte. Ihr Herz hämmerte gegen die Rippen, als sich ihr Blick auf das Kreuz richtete. Es füllte fast den ganzen Hintergrund aus. Da Teile des Fotos bisher unscharf gewesen waren, hatte sie es nicht bemerkt, aber jetzt sah man es deutlich.
    Aus massivem Metall geschmiedet, hing es von der Decke herab. Es sah alt und verwittert aus, mit dunklen Flecken und Schlieren darauf. Aber das war nicht alles.
    Sie hatte in ihrem ersten Schock ganz den zweiten Mann vergessen. Den Mann, mit dem ihr Vater auf dem Foto sprach.
    Das schmale bleiche Gesicht schien sie direkt anzusehen. Ein sanftes Lächeln umspielte die vollen Lippen. Selbst auf der alten Aufnahme sah er unglaublich gut aus.
    Damian!
    Lara fühlte Übelkeit in sich aufsteigen. Hastig hielt sie sich die Hand vor den Mund.
    »Wo ist die Toilette?«, presste sie keuchend hervor.
    Paul deutete mit der Hand in Richtung Küche und Lara rannte los.

57.
    Als es an der Tür klingelte, hastete Martha durch den Flur. Das musste Max sein. Bestimmt hatte er Lara mitgebracht. Alles würde gut werden. Erleichtert riss sie die Tür auf.
    Vor ihr stand eine junge Frau, die sie neugierig betrachtete, ohne ein Wort zu sagen. Etwas lag in ihrem Blick, das Martha frösteln ließ.
    »Wer sind Sie? Und was wollen Sie?«
    Statt einer Antwort begann die Luft zu flimmern und die Frau verwandelte sich in einen düsteren Mann in schwarzer Kleidung. Das Gesicht war von Narben verunstaltet und ließ sie schaudern, aber das wahre Grauen lag in den fast weißen kalten Augen, die sie unbarmherzig musterten. Der Mann trat einen Schritt vor. Seine Faust packte ihre Bluse, dann zog er sie dicht an sein Gesicht heran.
    »Wo ist das Mädchen?«, knurrte er.
    Martha warf einen Blick über seine Schulter und entdeckte einen schwarzen Saab, der in der Auffahrt stand. Hinter dem Steuer saß ein Mann, der apathisch durch die Frontscheibe starrte.
    Sie war allein. Niemand würde ihr helfen.
    »Sie ist nicht da, du Ausgeburt der Hölle!«, zischte sie.
    Asiszaar grinste unheilvoll. »Endlich jemand, der mich respektvoll behandelt. Ja, ich komme aus der Hölle und ER schickt mich, damit ich das Mädchen zu ihm bringe. Wo ist sie?«
    »Nicht hier.«
    »Wo?«, dröhnte die Stimme des dunklen Engels. »Wo ist sie?«
    Martha nahm all ihren Mut zusammen und lächelte. »Das werde ich dir nicht sagen, du Bastard.«
    Asiszaars Grinsen wurde breiter. Er ließ den Kopf auf den breiten Schultern kreisen und streckte sich.
    »Oh, ich denke doch, dass du es mir sagen wirst.« Seine kräftigen Muskeln spannten sich, während ein bösartiges Lächeln auf seinen Lippen erschien. Mühelos hob er die alte Dame hoch und schleuderte sie gegen die Wand.
    »Du wirst es mir ganz sicher sagen!«
     
    Damian stand vor Arias und blickte auf ihn herab. Der Engel kniete tödlich verwundet auf dem Boden der alten Fabrikhalle, zu der er Damian geführt hatte. Blut troff aus mehreren Wunden in den Staub hinab. Bald würde es vorbei sein.
    Das schwarze Schwert in Damians Hand verschwand und er sank neben Arias zu Boden. Seine Hände legten sich auf die Schultern des Engels, versuchten, Trost zu spenden,

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