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Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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eigenwilliges Temperament. Doch das, was Marysa nun beabsichtigte, von dem Mönch zu erfahren, war nicht dazu angetan, das Wohl ihrer Mutter zu fördern.
    Sie setzte sich ihm gegenüber und sah ihm beim Essen zu. Den Teller hatte er erstaunlich schnell geleert, nun trank er einen Schluck Wein aus dem Zinnbecher, den sie ihm reichte.
    Über den Rand hinweg sah er sie aufmerksam an. «Nun, da Ihr Eure Frau Mutter aus dem Weg habt, stellt mir nur ruhig die Fragen, die Euch bewegen.»
    Sie holte überrascht Luft, woraufhin er zum ersten Mal lächelte. Und dieses Lächeln setzte sie noch mehr in Erstaunen. Es wanderte von seinen Mundwinkeln geradewegs über sein ganzes Gesicht und ließ seine Augen schalkhaft aufblitzen. «Aldo erzählte mir, dass Ihr ein kluges Mädchen, verzeiht, eine kluge Frau, seid und Fragen stellen werdet. Auch sagte er mir, dass Ihr die Einzige seid, die sein … Geheimnis teilt. Vermutlich habt Ihr deshalb Eure Mutter überredet, den Raum zu verlassen.»
    Marysa war einen Moment lang sprachlos. Dann schluckte sie und bemühte sich um Fassung. «Ihr … Dann wisst Ihr … seid Ihr also …»
    «Nein. Nein, das bin ich nicht. Aldo war ein guter Freund, jedoch nicht das, was Ihr meint.»
    Marysa stieß heftig die Luft aus. «Aber woher …»
    «Ihr braucht keine Angst zu haben. Sein Geheimnis ist bei mir sicher. Niemals werde ich ein Wort darüber verlieren.»
    Erschüttert blickte Marysa auf ihre Hände. «Ihr habt gesagt, dass mein Bruder in einem Kampf verletzt wurde. Ich möchte wissen, wie es dazu kam.»
    Christophorus nickte. «Wir befanden uns auf dem Heimweg, wie ich schon sagte. Ein junger Badergeselle mit Namen Artur begleitete uns. Er war seinem Meister ausgerissen, um mit Aldo zu kommen.»
    «Oh.» Marysa schloss die Augen.
    «Der Meister hatte schon früher Verdacht gegen die beiden geschöpft, doch eine Zeit lang haben wir alle täuschen können.»
    «Ihr habt Aldo geholfen, seine … es zu verheimlichen?»
    Christophorus ging nicht darauf ein. «Ein gutes Stück vor Pamplona holte uns der Meister ein und stach Aldo nieder. Ich kam leider zu spät dazu und konnte nichts mehr tun, als ihn zu einem Medicus zu bringen. Doch auch der konnte nicht helfen. Die Wunde entzündete sich, und Aldo starb nach wenigen Tagen.»
    «Was ist aus diesem Artur geworden?»
    «Er konnte als Pilger verkleidet fliehen.»
    Marysa stand auf und ging erregt im Zimmer auf und ab. Die Geschichte klang ungeheuerlich, doch warum sollte dieser Mann sie anlügen? Noch dazu, da er als Dominikaner sicherlich ganz anders hätte reagieren müssen.
    «Wer seid Ihr, Bruder Christophorus?»
    Diesmal war es an ihm, überrascht aufzublicken. Als sich ihre Blicke trafen, erhob er sich ebenfalls. «Das sagte ich Euch schon. Ich bin Bruder des Ordens des heiligen Dominikus und verkaufe im Namen des Heiligen Vaters Ablassbriefe.»
    «Im Namen welches Heiligen Vaters?» Marysa sah ihn scharf an.
    Christophorus lächelte. «Des römischen natürlich. Von ihm besitze ich einen gesiegelten Geleitbrief sowie die Erlaubnis, in seinem Namen den Menschen Ablass für ihre Sünden zu gewähren.»
    «Aha.» Marysas Augen verengten sich. «Habt Ihr auch meinem Bruder Ablass gewährt … für seine Sünden?»
    «Ich habe nicht …»
    «Herrin, Herrin, kommt schnell!» Die Magd Imela hatte die Tür aufgerissen und kam in ihren Holzpantinen vollkommen aufgelöst hereingepoltert. «Schnell, Herrin, es ist etwas Schreckliches geschehen!»

3. Kapitel
    M arysa und Christophorus folgten der Magd in den vorderen Bereich des Hauses, in dem Reinold Markwardts Schreinwerkstatt untergebracht war. Marysa umrundete den großen Arbeitstisch, der mitten im Raum stand und auf dem die Seitenteile eines großen, dreiteiligen Marienschreins verteilt lagen. Sie warteten darauf, vom Meister zusammengebaut zu werden.
    Die Haustür stand sperrangelweit offen; draußen hatte sich eine aufgeregte Menschenmenge eingefunden. Als Marysa die Tür erreichte, blieb sie wie angewurzelt stehen und starrte auf ihren Gemahl, der, umringt von mehreren Kanonikern des Marienstifts, gerade zusammen mit einem der Büttel eine Trage mit einem zugedeckten Leichnam abstellte.
    «Was ist geschehen?» Sie trat an die Trage heran und wollte die graue Wolldecke anheben, doch Reinold hielt sie am Handgelenk fest und schob sie beiseite.
    «Geh weg, Marysa, das ist nichts für dich. Wir bringen ihn nach oben in seine Kammer. Woanders ist kein Platz, um ihn aufzubahren.»
    «Um Himmels

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