Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
Vom Netzwerk:
zusammengestoßen.
    «Verzeihung.» Er trat beiseite, um ihr den Weg frei zu machen, doch sie blieb etwas ratlos vor ihm stehen.
    «Nein, Ihr müsst verzeihen, Bruder Christophorus. Ich hatte Euch vollkommen vergessen. Ich … wir …»
    «Wer ist das?» Nun wurde auch Reinold endlich auf den Besucher aufmerksam und kam näher. «Ein Dominikaner? Hoffentlich keiner, der um Essen bettelt. Das Kloster Eures Ordens befindet sich in der St. Jakobstraße», sagte er mürrisch.
    «Aber nein, Meister Reinold.» Marysa legte ihrem Gemahl kurz die Hand auf den Arm, zog sie jedoch sogleich wieder zurück. «Bruder Christophorus ist nicht hier, um zu betteln. Er ist vielmehr gekommen …» Sie musste schlucken. «Er ist hergekommen, um uns über den Tod meines Bruders Aldo zu berichten.»
    «Aldo ist tot?» Reinolds rundes Gesicht verzog sich verblüfft. «Woher wisst Ihr das?», fragte er.
    Christophorus sah ihm ruhig in die Augen. «Aldo Schrenger und ich waren auf der Pilgerreise nach Santiago de Compostela Weggefährten, und er war mir ein guter Freund.»
    «Ach.» Mehr hatte Reinold offenbar dazu nicht zu sagen, denn er wandte sich wieder dem Büttel zu und half ihm, Klas von der Trage auf das schmale Spannbett zu heben.
    «Begleitet mich hinunter, Bruder Christophorus», sagte Marysa und konnte den bitteren Unterton in ihrer Stimme nicht unterdrücken. Reinold benahm sich unmöglich, und dass er über den Tod ihres Bruders kein Wort verlor, verletzte sie zutiefst. Am Fuß der Treppe angekommen, wandte sie sich wieder an den Dominikaner. «Verzeiht ihm seine Unhöflichkeit. Der Tod unseres Gesellen trifft ihn natürlich sehr, vor allem unter diesen Umständen.»
    Christophorus nickte zwar, wunderte sich jedoch insgeheim. Der Tod seines Schwagers schien Reinold Markwardt nicht im Geringsten zu bekümmern. Da er sich keinen Reim darauf machen konnte, wandte er sich wieder den aktuellen Geschehnissen zu.
    «Hatte der Junge Feinde?»
    Sie hob verblüfft den Kopf. «Klas? Bestimmt nicht. Er war erst sechzehn Jahre alt und immer sehr ruhig und zuverlässig. Ein guter Schreinbauer. Ein bisschen eigenbrötlerisch vielleicht, mit wenigen Freunden. Aber Feinde? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen.»
    «Und doch hat ihn jemand von hinten mit einem Eisenhaken erschlagen.» Christophorus sah sie forschend an. «Ich vermute nicht, dass er große Reichtümer mit sich herumtrug.»
    «Nein, woher sollte er die wohl haben?»
    «Seht Ihr, deshalb scheint ein Raubmord wohl ausgeschlossen. Zumal er im Dom gefunden wurde.»
    «Worauf wollt Ihr hinaus?», fragte sie argwöhnisch, doch er winkte ab.
    «Auf gar nichts. Ich habe nur versucht, mir vorzustellen, wer einen Grund haben könnte, Euren Gesellen umzubringen.»
    «Ich … ich weiß es nicht. Ich bin viel zu verwirrt.» Sie bemühte sich um Fassung. «Dennoch möchte ich mich dafür erkenntlich zeigen, dass Ihr den langen Weg hierher auf Euch genommen habt. Kann ich Euch irgendetwas …»
    «Nein. Ich werde mich jetzt verabschieden.» Christophorus wandte sich in Richtung Werkstatt, und Marysa geleitete ihn zur Haustür. «Ich begebe mich zum Ordenshaus der Dominikaner. Wenn es Euch recht ist, komme ich morgen noch einmal her, um zu sehen, wie es Euch geht.»
    «Das ist wirklich nicht nötig», wehrte Marysa ab. «Wir kommen schon zurecht.»
    «Ich komme trotzdem», entschied Christophorus. «Und sei es nur, um dem Wunsch Eures Bruders Genüge zu tun.» Er nickte ihr noch einmal kurz zu. «Gehabt Euch wohl, Frau Marysa.» Damit wandte er sich ab, band das Maultier los und ging davon.
    Marysa blickte ihm eine Weile nach, bis er in der bunten Menschenmenge aus Pilgern und Einheimischen, die den Büchel wie alle anderen Straßen und Gassen Aachens bevölkerte, verschwunden war. Dann schloss sie die Tür, atmete tief durch, holte eine Kerze aus der Lade in der Stube und ging wieder hinauf ins Obergeschoss.
    Gerade als sie die letzte Stufe erklomm, öffnete sich die Tür zu ihrer Schlafkammer, und ihre Mutter kam heraus. «Was ist denn das für eine Aufregung hier im Haus?», wollte sie wissen und zupfte ihr Kleid zurecht. «Ich dachte, ich soll mich ausruhen, aber bei diesem Lärm …»
    «Ach, Mutter, es ist noch etwas Schreckliches passiert!» Marysa verzog gequält das Gesicht. «Klas ist tot. Man hat ihn mitten im Dom gefunden.»
    «Heilige Mutter Gottes!» Entsetzt starrte Jolánda sie an. «Der arme Junge. Was ist denn geschehen?»
    «Jemand hat ihn mit einem Eisenhaken erschlagen.»

Weitere Kostenlose Bücher