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Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Bedrückt und aufgewühlt führte Marysa ihre Mutter zu Klas’ Kammer, in der Reinold und der Büttel noch immer bei dem toten Gesellen standen. Imela hatte einen Eimer Wasser heraufgeschleppt und saß nun neben der Treppe auf dem Boden und heulte.
    Marysa tippte sie an der Schulter an. «Geh nach unten, Mädchen. Hilf Balbina in der Küche.»
    Die kleine Magd erhob sich umständlich und huschte schniefend und schluchzend nach unten.
    «Sie hat für Klas geschwärmt», erklärte Marysa ihrer Mutter, die jedoch gar nicht zuhörte, sondern wie gebannt auf den Toten blickte.
    «Wer tut denn so was?» Sie bekreuzigte sich und wandte sich dann ab. «Wie schrecklich und … grausam!»
    «Komm, Mutter, wir gehen nach unten.» Marysa stellte die Kerze neben das Bett des Toten und begleitete Jolánda hinunter in die Stube. «Grimold müsste bald mit den Beginen zurück sein. Und Johann Scheiffart will uns Vater Ignatius schicken.»
    «Der Kanoniker? Was hat er damit zu tun?» Jolánda setzte sich wieder auf ihren Platz am Tisch und nahm automatisch eine der Handarbeiten auf.
    Auch Marysa setzte sich wieder und rieb sich die Augen. «Vermutlich hat man ihn als Erstes verständigt. Er und noch ein paar Domherren sind mit Reinold und dem Büttel gekommen, als sie Klas hierherbrachten.»
    «Ah.» Gedankenverloren strich Jolánda über die Stickerei in ihrer Hand. «Ihr müsst seine Familie verständigen.»
    Marysa nickte. «Das werde ich tun. Er hatte, glaube ich, nur noch einen Bruder und eine Schwester, die irgendwo im Badischen leben. Ich hoffe, Reinold weiß, wo genau.»
    «Ich begreife das nicht. Zwei Todesnachrichten an einem Tag.» Jolánda schauderte. «Das ist ein böses Zeichen, Marysa.»
    «Nein, Mutter, so etwas darfst du nicht sagen.» Entschieden schüttelte Marysa den Kopf. «Das eine hat doch mit dem anderen rein gar nichts zu tun.»
    «Ein Unheil zieht aber immer ein weiteres nach sich», beharrte Jolánda.
    «Nicht doch!» Marysa stand auf und ging um den Tisch herum, um ihre Mutter in den Arm zu nehmen. «So kenne ich dich ja gar nicht. Dass Aldo gestorben ist, schmerzt mich ebenso wie dich. Aber weshalb sollte uns sein Tod Unglück bringen?»
    «Der seine nicht, gewiss.» Jolánda nickte leicht und tupfte sich die Augen, die erneut überzulaufen drohten. «Aber Klas … Du sagtest, er wurde erschlagen. Das ist doch ein schreckliches Unheil.»
    «Da hast du recht. Unter den vielen Pilgern, die sich derzeit in der Stadt aufhalten, gibt es bestimmt genug Gesindel und Mordbuben.» Marysa ließ sich nachdenklich neben ihrer Mutter nieder. «Wenn er sich mit so jemandem angelegt hat … Andererseits – mitten im Dom?»
    «Was wollte er denn überhaupt dort?» Jolánda legte die Stickerei beiseite und rieb sich mit dem Ärmel ihres Kleides über die Nase.
    «Ich weiß es nicht. Vielleicht hat Reinold ihn wegen einer Besorgung losgeschickt.»
    «Herrin, die Beginen sind da.» Imela hatte den Kopf zur Tür hereingestreckt. «Soll ich sie raufschicken?»
    «Aber ja, ich komme sofort nach.» Marysa erhob sich eilig.
    «Ich werde dann wohl mal nach Hause gehen», beschloss Jolánda, nahm Aldos Brief vom Tisch und ging zur Tür. «Kann Grimold mich begleiten?»
    «Aber ja, natürlich, Mutter.» Marysa gab ihr einen Kuss auf die Wange. «Versprich mir aber, dich nicht so sehr zu grämen. Das hätte Aldo bestimmt nicht gewollt.»
    «Ich weiß. Er war immer so fröhlich. Was ist eigentlich mit diesem Dominikaner?»
    «Bruder Christophorus? Er ist zu seinem Orden in die St. Jakobstraße gegangen, will aber morgen noch einmal herkommen.»
    «Das ist gut.» Jolándas Miene hellte sich ein wenig auf. «Er muss mir unbedingt noch mehr von Aldo und der Reise nach Santiago erzählen.»
    Marysa runzelte etwas unwillig die Stirn. «Ich weiß nicht, was ich von ihm halten soll. Mag sein, er war ein guter Freund von Aldo, aber, Mutter, er ist ein Ablasskrämer!»
    «Und?»
    «Aldo hat den Ablasshandel verabscheut, das weißt du doch.»
    «Vielleicht hat er seine Meinung auf der Pilgerreise geändert.»
    «Nun, falls er das hat, bitte. Aber ich halte den Handel mit den Sünden der Menschen nach wie vor für verwerflich.»
    «Kind!» Jolánda sah ihre Tochter scharf an. «Halt an dich und hüte deine Zunge. Ob er nun Aldos Freund war oder nicht, er ist ein Dominikaner. Solche Reden können dich schneller vors Gericht bringen, als du glaubst. Und man weiß ja nicht, was er für ein Mensch ist.»
    «Eben, das wissen wir nicht»,

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