Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
auf das kupferglänzende Tor von As´gard. Das Tor ins Vergessen. In die Ewigkeit des Nichtseins. Seine Hände zitterten, seine Unterlippe bebte und er war unfähig sich zu bewegen. Das Tor von As´gard – hämmerte es in seinem Kopf.
„Los Junge“, sagte eine dumpfe aber freundliche Männerstimme. „Andere warten auch, um die Himmelspforte zu sehen.“
Leron´das sah ihn verständnislos an. „Das ist …“, stammelte er.
„Das ist das Eingangstor zu unserem lieben Gott. Da hindurch werden wir eines Tages schreiten und glückselig sein.“ Der Mann sprach leise, seine leuchtenden Augen fest auf das Tor geheftet. Die Worte flossen aus einer zutiefst überzeugten Seele über seine Lippen und er verneigte sich mit einem beglückten Gesichtsausdruck.
Verwirrt ließ Leron´das den Platz hinter sich und strandete in einer ruhigeren Seitengasse. Er lehnte sich an eine Hauswand und schloss die Augen. Hätte er gewusst, wohin die Menschen strebten, wäre er nicht hingegangen. Er setzte sich auf den Boden und barg seinen Kopf zwischen den Unterarmen.
Warum besuchten die Menschen diesen Ort? Ihr Leben war so kurz und sie hingen mit so viel Verzweiflung daran. Warum wollten sie sich bereits zu Lebzeiten das Tor zum Tod ansehen? Die Worte des Mannes fielen ihm wieder ein. Und auch sein Gespräch mit Philip am Ufer des Fils. Für die Menschen bedeutete der Tod nicht das Ende aller Dinge, sondern nur das Ende ihrer Qualen auf Erden. Ob Varsa´ra keine Macht über sie hatte? Die Nornen waren nachsichtige Wesen. Möglicherweise trennte Varsa´ra den Lebensfaden der Menschen nicht vollständig und erlaubte ihnen jenseits des Tores auf die Weise zu existieren, die ihnen auf Erden verwehrt war.
Leron´das beschloss, den Schritt noch einmal zu wagen. Später. Vorbereitet wollte er vor As´gards Tor treten. Denn das Tor zu sehen, sich abzuwenden und seiner Wege gehen zu können, hatte auch etwas unheimlich Befreiendes.
Leichteren Herzens machte er sich auf die Suche nach dem Archiv, denn er hatte das Bedürfnis mehr über diese Stadt, die Heimat der alten Könige, zu erfahren.
Das Stadtarchiv befand sich in einem nicht vollständig zerstörten Flügel des alten Königspalastes. Die Mauern waren wuchtig, die Fenster klein. Ein freundlicher Archivar stellte ihm wohlwollend verschiedene alte Schriften und Karten zur Verfügung, über denen er lange brütete. Er las von der Stadt Corona vor ihrer Zerstörung. Einer Blume in einem dornigen Panzer. Alle für die Menschen wichtigen Institutionen hatten sich hier befunden. Der mächtige Königspalast und der Hauptsitz der Kirche. Gleichzeitig war Corona ein Bollwerk. Die Wächterin am Hettiggraben.
Nach der Zerstörung der Stadt durch eine nicht unerhebliche mendeorische Streitmacht wurden der Sitz der Kirche nach Eberus ans Meer und der Sitz der Krone auf die Falkenburg neben Waldoria verlegt. Corona wurde aufgegeben. Aber die Menschen, die hier lebten, bauten die Stadt wieder auf, besserten alle Mauern aus und die Zünfte der Stadt teilten sie in Abschnitte auf. So erhielten die Abwehrbasteien die Namen der Zünfte, die für ihre Wehrhaftigkeit verantwortlich waren. Corona wurde in den letzten hundertfünfzig Jahren zu einer blühenden Handelsstadt. An den Schrecken von damals erinnerten nur noch die schwarze Kirche und die Himmelspforte, die heute einen wesentlichen wirtschaftlichen Bestandteil der Stadt darstellten.
Schnell merkte der Archivar, dass sich Leron´das vor allem für die Geschichte der Stadt interessierte, und brachte ihm unaufgefordert weitere Berichte über den letzten Krieg. Der Elbe las sie alle. Mal erstaunt, mal mit einem ungläubigen Kopfschütteln. Zwar hatte er gewusst, dass der Thronräuber Willibald der Stiefbruder König Philmors gewesen war, doch war er überrascht, dass selbst aus diesen nüchternen Berichten hervorging, wie nahe sich die Brüder gestanden haben mussten. So nahe, dass Philmor seinen Stiefbruder in die Erbfolge mit aufnahm. Dies war ein rein symbolischer Akt, denn König Philmor hatte drei Söhne, die es zuerst zu berücksichtigen galt, aber er brachte Willibald ein Herzogtum und einiges an Machtzugewinn ein.
Über den Krieg stand nicht viel in den Schriftrollen. Das Meiste war nachträglich geschrieben worden und berichtete von dem siegreichen Ende einer verloren geglaubten Schlacht. Willibald wurde als tragischer Held gefeiert. Seine Truppen hatten den Feind am Hettiggraben geschlagen, jedoch erst, nachdem der König und seine
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