Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
unzufrieden mit ihrem König. Doch diese Unzufriedenheit erwuchs aus der Tatsache, dass sie die Existenz der Elben in Frage stellten. Leron´das hatte sich alle Geschichten über Elben erzählen lassen und dabei jedes ungläubige Kopfschütteln und jedes abfällige Lippenkräuseln zur Kenntnis genommen.
„Das mit den Elben ist doch Kinderkram. Kein Mann, der bei Verstand ist, glaubt, dass es sie gibt. Der König will das Volk für dumm verkaufen. Was er sucht, ist Streit mit der Kirche.“
In dieser Welt gab es keine Hilfe mehr für sein Volk. Aber sein letzter Auftrag war noch nicht erfüllt. Peredurs Erben lebten hier. Irgendwo in Corona. Er musste sie finden und um Hilfe bitten. Er musste sie finden und sie dazu bringen ihren Machtanspruch geltend zu machen. Das konnte nicht so schwierig sein, bei all der Machtbesessenheit, die diesem Volk innewohnte.
Der volle Klang der Kirchenglocke verkündete kurz nach Sonnenaufgang, dass die Stadttore wieder geöffnet wurden.
Leron´das stand unweit des Roten Tors und wartete darauf, in die Stadt eingelassen zu werden. Er lächelte grimmig über seine eigene Ungeduld, die ihn dazu trieb, so bald wieder in dem Gestank der engen Gassen unterzutauchen.
Jetzt am frühen Morgen wehte hier jedoch ein frischerer Wind. Nur wenige Menschen belebten die Straßen. Die Stadt schien noch verschlafen zu blinzeln und sich die Augen zu reiben. Selbst der Platz vor der Kirche war weitestgehend leer. Nur ein paar zerzauste Pilger krochen aus ihren Decken und grüßten demütig den Küster, der eilig über den Platz schritt. Auch er neigte ehrfürchtig den Kopf, als er an dem Tor des Todes vorbei ging.
Leron´das näherte sich vorsichtig der matt schimmernden Pforte von As´gard. In den Schriftrollen im Archiv stand, dass kurz vor dem Krieg mit Mendeor im Nordturm der Kirche eine neue Glocke eingesetzt worden war. Die Gerüste, die dafür notwendig gewesen waren, befanden sich noch im Inneren des Turms, als die Stadt niedergebrannt wurde. Nur weil diese Gerüste in Flammen aufgingen, stürzte der Turm ein. Die neue Glocke schmolz und hinterließ in all dem verkohlten Schutt dieses schauderhaft schöne Kunstwerk. Die Himmelspforte wurde es genannt.
Leron´das betrachtete die feinen und groben Bronzelinien. Das Tor schien zu schlafen. Es war geschlossen und ließ niemanden ein, trotzdem glaubte er den Geist all jener, die hier hindurchgegangen waren zu spüren. Ihm war, als hörte er den Schrecken jenes einen Tages, an den Steinen widerhallen. Nachdem die mendeorischen Truppen durch das Rote Tor in die Stadt eingedrungen waren, ermordeten sie mehr als die Hälfte der Stadtbevölkerung und brannten schließlich alles nieder. Diejenigen die nicht erschlagen wurden, starben im Flammeninferno. Vom Fall des Roten Tores bis zum Niedergang der Stadt verging nicht mal ein ganzer Tag. Bei all den Toten, die es hier in nur wenigen Stunden gegeben hatte, war es nur natürlich, dass sich das Tor von As´gard in dieser Stadt geöffnet hatte.
Mit einem leisen erleichterten Seufzen verabschiedete sich Leron´das von der Himmelspforte und überließ den Platz den Pilgern, denen dieser Anblick mehr Begeisterung entlockte.
Er lenkte seine Schritte erneut zum Archiv. Die Enttäuschung darüber, dass nicht der nette Mann von gestern hinter dem Schreibpult saß, versuchte er sich nicht anmerken zu lassen. Als er nach den Geburtenverzeichnissen der Stadtbevölkerung fragte, gab der fremde Archivar ihm kalt und abweisend zu verstehen, dass dergleichen im Archiv nicht aufbewahrt wurde. Beinahe freute sich Leron´das, nicht länger in der Nähe dieses Mannes weilen zu müssen, doch die Enttäuschung darüber, unverrichteter Dinge zu gehen, überwog. Wen sollte er fragen? Wohin sollte er sich wenden? Glaubten sich die Menschen so kurzlebig, dass sie es nicht einmal der Mühe wert hielten, die Namen ihrer Väter zu vermerken? Er selbst hatte einen Stammbaum, der bis in die Anfänge der Zeit zurück reichte. Eine mühsame Suche stand ihm bevor. Während er noch ziellos durch die Straßen irrte, beschloss er, sich doch in einem Gasthof einzuquartieren und am nächsten Tag nochmal ins Archiv zu gehen. Wenn er Glück hatte, traf er dann auf den netten Mann, der ihm bereits gestern behilflich gewesen war und nicht auf diesen bleichen Kerl mit den kalten, stechenden Augen.
Er strich sich durch seine goldblonden Haare und machte sich auf die Suche nach einem Quartier.
Unweit der Kirche, in der Nähe der Marktstraße
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