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Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)

Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)

Titel: Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hornung
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lesen?“
    „Niemand, ehrwürdiger Vater.“
    Er sah sie streng an und da begann sie zu weinen und erzählte ihm, wie sie die Worte aus dem heiligen Buch zuhause abgezeichnet hatte, und wie sie zufällig bemerkt hatte, dass diese Zeichen Worte ergaben und die Worte Sätze. Der Priester hatte sich in seinen Lehnstuhl gesetzt und hörte ihr aufmerksam zu. Als sie alles gesagt hatte, sah er sie noch eine Weile schweigend an.
    „Wer sagt, dass Mädchen nicht genau so klug sind wie Buben?“
    „Ich weiß es nicht“, erwiderte Elfrieda.
    „Was soll ich jetzt mit dir machen?“
    Sie senkte den Kopf und wartete auf die Strafe, die er sich für sie ausdenken würde. Aber er sagte nichts, und als sie ihn scheu ansah, merkte sie, dass er lächelte. Es verwirrte sie so sehr, dass sie wieder zu weinen begann.
    „Setz dich her, Mädchen und hör mit dem albernen Flennen auf. Dafür gibt es wirklich keinen Grund.“ Er deutete auf einen Stuhl und sie setzte sich gehorsam auf die Kante. „In manchen Städten gibt es Schulen, da lernen die Buben unter großer Anstrengung, das, was du dir selbst beigebracht hast. Du kannst stolz darauf sein. Leider gibt es in so kleinen Dörfern wie diesem hier, diese Möglichkeit nicht. Aber selbst wenn dem so wäre, bist du ein Mädchen und dürftest nicht zur Schule gehen. Warum nicht?“
    „Weil ich nur ein Mädchen bin“, antwortete Elfrieda, aber plötzlich fragte sie sich, warum das so war.
    „Die Zeiten ändern sich. Einige Landesfürsten lassen ihre Töchter dieser Tage bereits von Hauslehrern unterrichten, weil sie erkannt haben, dass eine gescheite Frau mehr wert ist, als eine Unwissende.“
    „Aber im Heiligen Buch steht, dass wir Frauen dem Mann untergeben sind, dass wir bescheiden sein sollen. Unsere Pflicht ist die Versorgung der Kinder, des Viehs und des Hauses. Und wir müssen dem Mann gehorchen.“
    „Ach, das steht im Heiligen Buch?“ Der Priester zog seine ohnehin schon faltige Stirn kraus. „Ich kann mich gar nicht erinnern, das jemals gepredigt zu haben.“
    Wieder lief Elfrieda rot an. „Das hab ich gelesen …“, murmelte sie.
    „Dann hast du bestimmt auch gelesen, dass der Herr den Mann mit der Verantwortung für seine Frau, seine Kinder und sein Vieh betraut hat. Dass in einem ordentlichen Haus der Mann der Kopf ist und die Frau Hand und Fuß.“
    Elfrieda nickte und merkte, dass sie den Tränen wieder nahe war.
    „Hast du schon mal daran gedacht, dass das Heilige Buch möglicherweise nicht Recht hat?“, fragte er.
    Sie sah überrascht auf und schüttelte den Kopf.
    „Ich habe schon das eine oder andere Mal daran gedacht“, behauptete der Priester.
    „Aber das ist Sünde“, hauchte Elfrieda.
    Der Priester lachte. „Daran habe ich auch schon das eine oder andere Mal gedacht“, sagte er. „Aber sind wir nicht alle Sünder vor dem Herrn? Und das Heilige Buch stammt das nicht auch aus der Feder eines Sünders wie du und ich?“
    Elfrieda wusste nicht, was sie darauf antworten sollte und senkte den Kopf. Die Worte des Priesters waren wie Samen in fruchtbarem Boden.
    „Ich glaube nicht, dass Gott einen Unterschied zwischen Männern Frauen sieht.“
    „Aber es ist doch eine Sünde, wenn wir nicht gehorchen?“, wandte Elfrieda schüchtern ein.
    „Wenn wir nicht gehorchen? Aber ist es denn keine Sünde, wenn wir entgegen besseren Wissens gehorchen? Auch Sünden, die uns von außen aufgeladen werden, sind Sünden. Darum gab Gott jedem von uns einen Kopf, damit jeder für sich entscheiden kann, was gut und was schlecht ist. Damit wir entscheiden können, wem wir gehorchen. Schließlich steht im Heiligen Buch auch, dass alle Menschen nur mit ihren Sünden am Tag der Abwägung vor ihn treten werden.“ Er sah Elfrieda ernst an. „Wirst du mir gehorchen, mein Kind?“
    Sie nickte eifrig.
    „Nein“, widersprach er. „Denn auch ich habe nicht immer Recht. Auch ich bin nur ein Mensch. Ich bin nicht unfehlbar. Du musst dir gehorchen, nur dir. Du musst lernen, dass am Ende du alleine für deine Taten geradestehen wirst.“
    Elfrieda war verwirrt, sie war sehr verwirrt und in den nächsten Tagen und Wochen wurde dieser Zustand nur noch schlimmer, bis sie endlich begriff, was der Priester sie Tag für Tag lehrte. Wobei lehren der falsche Ausdruck dafür war. Er versuchte, sie nicht zu lehren, er versuchte, das Beste aus ihr zum Vorschein zu bringen. Er führte sie dahin, wo sie selbst war, die kleine, verschüchterte Elfrieda und dann lies er sie wachsen.
    Dank

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