Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
die meisten sind es, trotzdem fragt man sich gelegentlich …“
„Herr Baron, Ihr seid kein gewöhnlicher Mann aus dem Volk!“, verbesserte ihn Olaf.
„Natürlich bin ich das“, rief Philip. „Du selbst hast meinen Kopf aus dem Dreck gezogen … und …“ Er brach ab, denn Olaf hatte sich abgewandt und schien nicht bereit zu sein, mit ihm über dieses Thema zu sprechen. Resigniert zuckte Philip mit den Schultern und packte seine Sachen ein.
Am frühen Abend erreichten sie die Dörfer vor Corona. Die Häuser reihten sich Tor an Haus die Straße entlang. Sie wirkten wie eine langgezogene Mauer, die Fremden keinen Einblick in das Leben der Menschen gewähren wollte. Diesem Umstand zum Trotz standen vor den Häusern Bänke und auf einigen saßen alte Männer und Frauen, die neugierig jeden beobachteten, der an ihnen vorbei ging. Manchmal saßen sie auch zu zweit oder zu dritt vor einem Haus und unterhielten sich. Kinder spielten im Straßenstaub oder in den flachen Abwasserkanälen, die die Straße von den Häusern trennten.
Bevor Philip sich fragen konnte, wieso sich das Leben der Alten und der Kinder auf der Straße abspielte, hörte er Glocken bimmeln und hinter der nächsten Straßenbiegung tauchte eine Herde Kühe auf. Der Hirte schlenderte ihnen, gelassen an einem Grashalm kauend, hinterher. An beinahe jedem Haus bog eine Kuh aus der Herde ab und wurde eingelassen. Die Kinder warteten nur darauf, ihre Kuh in den Stall treiben zu können. Für kurze Zeit öffneten sich die Tore und gaben den Blick auf langgezogene Gehöfte frei. Mehrere unterschiedlich große Häuser, Hütten und Ställe, standen in so einem Hof und die Zäune zu den Nachbaren waren hoch und dicht. Die Menschen schienen großen Wert auf Abgrenzung zu legen.
Mit den Kühen verschwanden auch die Menschen von der Straße.
An der Kirche, dem größten Gebäude im Dorf, schlug die Turmuhr die Abendstunde.
Philip lenkte Erós auf eine alte Frau zu, die noch auf ihren Stock gestützt auf einer Bank saß und rief: „Gute Frau, wisst Ihr, wie weit es noch bis Corona ist?“
Sie sah ihn misstrauisch an und zuckte mit den Schultern.
„Zwei, drei Stunden? Was weiß ich. Hab dort nichts zu tun.“
„Vielen Dank“, sagte Philip.
„Wie es aussieht, schaffen wir es nicht vor Torschluss in die Stadt“, meinte Olaf. „Du hättest auch gleich fragen sollen, ob wir hier irgendwo übernachten können.“
„Ich glaube kaum, dass sie uns ihren Heuschober angeboten hätte.“
„Nein, aber vielleicht kennt sie einen Gasthof.“
Nach der Fülle an Gaststuben und Wirtshäusern, die in den letzten Tagen ihren Weg gesäumt hatten, war nun besonders auffällig, dass sie seit Stunden an keinem mehr vorbeigeritten waren.
„Hast du dir die Dörfer angesehen? Die Menschen hier sind froh, wenn die Fremden schnell weiter ziehen.“
„Sie sind schon ein eigenartiger Menschenschlag, diese Südländer“, brummte Olaf.
Nachdem sie eine weitere Stunde geritten waren, erreichten sie den nächsten Ort, aber der unterschied sich nur wenig von dem vorhergehenden. Ein Haus, ein großes hölzernes Tor unter einem gemauerten Bogen, dann wieder ein Haus und ein Tor. Alles ging ineinander über ohne, dass irgendwo eine Lücke entstand. Kaum ein Mensch war noch auf der Straße. Man hörte Geräusche hinter den Toren, aber sehen konnte man nichts. Selbst die Kirche stand hinter einer gewaltigen Mauer, die jeden Zugang versperrte.
Philip erinnerte sich von den Kirchenburgen, die typisch für diese Gegend waren, gelesen zu haben. Die meisten stammten noch aus einer Zeit, als Truppen aus Mendeor regelmäßig durch den Hettiggraben nach Ardelan eingedrungen waren und alles niedergebrannt und geplündert hatten.
Auch diesen Ort durchquerten sie, ohne einen Gasthof zu finden. Olaf sah mürrisch drein.
„Wir schlafen draußen“, entschied Philip. „Dort oben auf dem Berg haben wir eine gute Aussicht.“
Berg war nicht ganz der richtige Ausdruck für die langgezogene Erhebung. Dürres Gras wuchs an den Flanken des Hügels, aber seine Kämme waren mit Kiefern bewaldet, die in ihrer dunklen Pracht einen Kontrast zu dem gelblichen Gras bildeten.
„Jetzt schau nicht so bedrückt“, mahnte Philip. „In meiner Tasche ist noch etwas Brot und Käse, du musst bis morgen nicht verhungern.“
„Meinetwegen schlafen wir draußen. Aber geziemt sich das für einen feinen Herren wie dich?“
„Du bist so ein Hornochse“, lachte Philip.
Mild stieg der Hang an. Kräuter
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