Die Stadt der schwarzen Schwestern
Gängen geben, den Rink entdeckt und für seine Zwecke genutzt hatte. Mit Hilfe dieses Zugangs war es ihm gelungen, seine Gefangenen auf bequeme Weise tief unter der Erde verschwinden zu lassen, ohne auch nur einen Fuß vor die Tür zu setzen.
Mit einer Mischung aus Erleichterung und Furcht blickte sie in die Gesichter der Frauen, in denen sich ähnliche Empfindungen spiegelten. Sie hatten das Versteck gefunden, zumindest auf Utas Papier.
«Sollen wir den Statthalter informieren?», fragte Cäcilia. «Wenn wir ihm erklären, was die ehrwürdige Vorsteherin Uta herausgefunden hat, wird er Rinks Haus durchsuchen lassen.»
«Und was ist, wenn Ihr Euch doch irrt?» Dotteres schüttelte skeptisch den Kopf. «Nehmen wir an, der Statthalter glaubt Euch, dass ein angesehener Ratsherr und Handwerksmeister in Wahrheit ein verrückter Schurke ist, aber die Spanier finden den Zugang nicht. Dann ist Euer Pilger gewarnt und macht sich aus dem Staub.»
Griet wunderte sich, dass die Stimme der Vernunft ausgerechnet aus Dotteres’ Mund kam, doch der Einwand hatte Gewicht. «Wir können es nicht riskieren, in die Druckerei zu gehen und nach dem Zugang zu suchen. Rink würde zweifellos Verdacht schöpfen. Dann bleibt uns nur noch die vierte Linie, die den Marktplatz teilt. Wo endet sie?»
Uta deutete auf einen schwachen Punkt auf dem Pergament. «Es wird Euch nicht gefallen, meine Liebe. Wie Ihr seht, endet die Linie direkt vor dem Haus der Vögte. Und dort befindet sich in dieser Zeit das Quartier des Statthalters.»
Griet stöhnte erschrocken auf. Was war schlimmer: Sich heimlich in Pieter Rinks Druckerei zu schleichen oder den Statthalter herauszufordern, der in jedem Flamen einen mutmaßlichen Attentäter sah? Wurden sie erwischt, mussten sie in jedem Fall mit dem Leben bezahlen.
«Das Haus de Lalaing wird gut bewacht», erklärte Griet. Ein dünnes Lächeln umspielte ihre Lippen. «Aber ich muss versuchen, dort hineinzukommen.»
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Kapitel 33
Griet freute sich über das Angebot ihrer Mitverschworenen, sie zu begleiten, aber allen war klar, dass es viel zu auffällig gewesen wäre, wenn diese Gruppe von Frauen, noch dazu mit zwei Kindern, zu vorgerückter Stunde das Quartier des Statthalters aufgesucht hätte. Nur eine Person sollte sie daher begleiten. Dotteres schien für Griet die richtige Begleitung zu sein, denn wie sie von Cäcilia wusste, war die junge Frau nicht nur energisch, sondern auch kräftig genug, sich ihrer Haut zu wehren. Außerdem verfügte sie über eine gute Beobachtungsgabe und kannte sich mit rauem Soldatenvolk aus.
Dennoch entschied sie sich für Cäcilia. Die Frau mochte schwierig sein, doch sie war die Mutter des Mannes, den Griet liebte. Auch wenn es zwischen beiden Konflikte gab, spürte Griet, dass die ehemalige schwarze Schwester alles versuchen würde, um ihr beizustehen.
«Wenn ich doch nur Tobias und meinen Sohn nicht fortgeschickt hätte», klagte Cäcilia, während sie an Griets Seite durch die Stadt lief. Sie lachte bitter auf. «Ich kenne Floris leider kaum, ich war ihm keine gute Mutter. Aber der Junge, an den ich mich erinnere, hätte sich geweigert, mir zu gehorchen. Er wäre seinem eigenen Kopf gefolgt und hätte sich von niemandem reinreden lassen. Nun hat er sich einmal meinen Wünschen gefügt, und jetzt wäre ich glücklich, er hätte es nicht getan.»
Griet schwieg, solche Selbstanklagen halfen ihnen auch nicht weiter. Die beiden Frauen begaben sich auf schnellstem Weg zum Haus der schwarzen Schwestern, wo Griet den Lagerraum des Haupthauses nach dem Fässchen Burgunder absuchte, das de Lijs ihr einmal verehrt hatte. Falls der Knecht Remeus es nicht geleert hatte, musste es noch irgendwo sein. Sie hatte Glück. Nach kurzem Suchen fand sie es; Beelken hatte das Fässchen unter einer Lederplane versteckt.
«Und Ihr seid sicher, dass wir so ins Haus gelassen werden?» Cäcilia war skeptisch.
«Es hat schon einmal geklappt», antwortete Griet. «Und nun lasst uns aufbrechen, uns läuft die Zeit davon.» Mit vereinten Kräften wuchteten die Frauen das kleine Fass die Treppe hinauf, wo bereits ein Handkarren für sie bereitstand.
Wenige Minuten später hielten sie vor dem Gebäude, in dem Farnese das Ende des strengen Winters abwarten wollte. Zu beiden Seiten des Eingangs flackerten Fackeln in eisernen Halterungen. Die Wachen musterten die beiden Frauen mit ihrem Handkarren argwöhnisch.
Einer der jungen Männer erkannte Griet allerdings und erinnerte
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