Die Stadt der schwarzen Schwestern
sich, wie rasch sie bei jedem ihrer Besuche zum Statthalter vorgelassen worden war. Dass man sie erneut gerufen haben sollte, wusste er zwar nicht, doch er wollte sich auch nicht die Blöße geben, bei seinem Vorgesetzten nachzufragen. Gefahr konnte von den beiden Weibern und einem Fässchen Wein, das für den Statthalter bestimmt war, kaum ausgehen. Nach kurzem Zögern ließ der Wachtposten Griet und Cäcilia eintreten. Ein dicker Sergeant folgte ihnen mit dem Fässchen auf dem Rücken die Stiege hinauf.
Vor dem Raum, in dem die Alexanderteppiche hingen, liefen sie Farnese direkt in die Arme. Als sein Blick auf Griet fiel, hob er die Augenbrauen.
«Nanu, Ihr seid schon hier? Eben wollte ich Euch holen lassen.»
«Mich?», stieß Griet ertappt hervor.
«Nein, die heilige Einfalt. Wofür haltet Ihr mich? Wollt Ihr meine Zeit vergeuden?» Sichtlich gereizt öffnete er die Tür und machte eine knappe, aber einladende Handbewegung, welche die beiden Frauen in sein Kabinett dirigierte. «Es möchte Euch jemand sprechen und sich, im Namen meiner verehrten Mutter in Namur, davon überzeugen, dass ich Euch weder Finger noch Zehen habe abschneiden lassen.»
Griet glaubte ihren Augen nicht zu trauen. Gleichzeitig überkam sie ein überwältigendes Glücksgefühl. Vor Farneses Tisch stand Don Luis, in einen Umhang voller Schlammspritzer gehüllt. Der junge Spanier sah blass und müde aus, ansonsten schien es ihm aber gutzugehen. Am liebsten hätte Griet sich ihm in die Arme geworfen, aber sie hielt sich zurück.
Cäcilia seufzte. «Gott scheint mir verziehen und meine Gebete erhört zu haben», sagte sie leise. «Du hast mir nicht gehorcht.»
«Macht das bitte unter Euch aus, ich habe zu tun.» Farnese warf Don Luis einen knappen, aber nicht unfreundlichen Blick zu. Damit waren er und die beiden Frauen entlassen.
«Wo sind Tobias und das Buch ?» Cäcilia konnte sich nicht länger zurückhalten, nachdem die Tür hinter Farnese ins Schloss gefallen war. Immerhin, fiel Griet auf, erkundigte sie sich zuerst nach ihrem Begleiter. Vielleicht kam die Frau allmählich doch von dem Einfluss, den das Buch auf sie ausgeübt hatte, los.
«Deinem Tobias geht es gut, Mutter», sagte Don Luis. «Er war sofort dabei, als ich ihm sagte, dass ich nach Oudenaarde zurückkehren möchte, anstatt in die Kurpfalz zu reiten. Verzeih mir, Mutter, aber der Gedanke, Griet könnte hier etwas zustoßen, während ich viele Meilen weit von ihr entfernt bin, ließ mir keine Ruhe. Als wir ankamen und das Pförtnerhaus leer vorfanden, hatte ich keine Ahnung, wo ich nach dir und Griet suchen sollte. Daher ging ich zum Statthalter.»
Don Luis grinste. «Ihr habt gesehen, wie sehr Farnese sich über meine Rückkehr freut. Natürlich verlangte er gleich nach dem Buch. Für König Philipp, wie er ganz unschuldig sagte. Ich habe eher den Verdacht, er möchte die Macht des Buches gerne einmal prüfen, um Flandern vollständig zu unterwerfen und den Prinzen von Oranien zu vernichten. Dann kann er sich endlich ganz und gar wie sein wahres Vorbild, Alexander der Große, fühlen.»
«Wo ist Tobias?», wollte Cäcilia wissen.
«Bei Pater Jakobus. Ich bat ihn, dort nach euch zu fragen. Wie ihr euch vorstellen könnt, hatte er kein Interesse, Farnese zu begegnen.»
Griet schaute ihn ängstlich an. «Hast du Farnese das Buch gegeben?» Mit knappen Worten klärte sie Don Luis darüber auf, was sie vor kurzem in Erfahrung gebracht hatten. Während sie sprach, verdüsterte sich seine Miene.
«Rink? Ich kann es nicht fassen, dass er uns so lange an der Nase herumführen konnte. Alle hielten ihn für einen Ehrenmann. Wo ist er?»
Cäcilia machte eine ratlose Handbewegung. «Wo auch immer er sein mag, wir müssen ihm zuvorkommen, bevor er seinen Gefangenen etwas antun kann.» Beschwörend legte sie eine Hand auf die Schulter ihres Sohnes. «Wo ist das Buch?»
Don Luis errötete. «Ich habe es Tobias gegeben, also müsste es jetzt in der Kirche sein. Pater Jakobus sollte als Priester wissen, wie mit einer solchen Schrift am besten zu verfahren ist.»
Cäcilia teilte diese Meinung nicht, das war ihr anzusehen. Ändern ließ es sich jedoch nicht mehr. Am Absatz der Stiege stießen die drei auf den Sergeanten, der dort auf Griets Fass hockte. Er hatte auf sie gewartet.
«Nun, was soll mit dem Wein geschehen? Zum Statthalter damit?»
Don Luis schüttelte den Kopf. «Er wünscht, dass der Wein in den Keller hinuntergebracht wird. Er soll noch ein wenig reifen.»
Der
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