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Die Stadt der schwarzen Schwestern

Die Stadt der schwarzen Schwestern

Titel: Die Stadt der schwarzen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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glühend heiß. Erst jetzt schlug Beelken die Augen auf. Als sie Griet erkannte, lächelte sie schwach.
    «Ist es gesund?», fragte Griet.
    «Sie trinkt … zum ersten Mal. Vielleicht schafft es die Kleine. Ich würde es mir so sehr wünschen. Euer Vater hat geholfen, sie auf die Welt zu holen.»
    Griet streichelte über den winzigen Rücken des Kindes und war ein bisschen stolz auf ihren Vater. Der hatte das kleine Mädchen leidlich gut gereinigt und in den Ziegenpelz gewickelt, der es warm hielt.
    «Wir holen euch hier heraus.» Griet stand auf, weil sie Don Luis nach ihr rufen hörte. Sicher fragten er und Cäcilia sich, was sie dort unten so lange trieb. Als sie sich wieder Basse zuwenden wollte, spürte sie, wie Beelken sie am Ärmel packte.
    «Gebt Euch keine Mühe mit mir, Herrin», sagte sie leise. «Ich weiß, dass es zu Ende geht. Ich werde hier unten bleiben.»
    «Rede keinen Unsinn. Du musst durchhalten, Liebes.»
    Beelkens Lider zuckten, als blende sie ein Licht, das außer ihr niemand sehen konnte. Einen Moment lang schwieg sie, weil die Kräfte sie verließen, dann hob sie aber die Hand, um Griet zu sich zu winken.
    «Ihr müsst Euch vorsehen. Der Mann, der uns verschleppt hat, es ist … Rink, der Drucker. Er ist nie weit weg von hier. Vermutlich weiß er längst von dem Kind … hat es schreien hören. Er wollte mich verhungern lassen, damit ich ihn nicht verraten kann, aber wenn meine Tochter am Leben bleiben darf, werde ich doch noch über ihn siegen.» Sie lächelte kurz, blickte Griet dann aber voller Sorge an. «Ihr werdet ihr doch von mir erzählen, nicht wahr?»
    Griet versprach es. Ein Kloß in ihrer Kehle hinderte sie daran, zu sprechen.
    «Das ist gut. Und nun müsst Ihr mir noch versprechen, mir zu verzeihen.»
    «Ich habe dir nichts zu verzeihen, weil du mir nichts angetan hast», brachte Griet hervor. Sie strich Basses Kinderfrau sanft ein paar Haarsträhnen aus der Stirn und drückte ihr dann einen Kuss auf die heiße Wange. Das Fieber, vor dem alle Frauen im Kindbett zitterten, schien von Minute zu Minute zu steigen. Und es gab nichts, was sie hier unten tun konnte, um ihr zu helfen.
    «Dein Kind ist von Willem, meinem Mann», stellte Griet dann fest und wunderte sich, wie leicht es ihr fiel, ihren Verdacht offen auszusprechen. Dieser Verdacht hatte schon lange an ihr genagt, aber erst hier und jetzt war sie bereit, den Tatsachen ins Auge zu sehen. «Ich weiß, dass du mich nicht hintergehen wolltest. Willem hat sich einfach genommen, was er wollte. Was hättest du tun sollen?»
    «Ich hätte ihn nicht lieben dürfen!», kam es schwach von Beelken zurück.
    Beelken öffnete die Arme, damit Griet das Kind an sich nehmen konnte. Als sie die junge Frau fragte, wie das Mädchen heißen solle, erhielt sie keine Antwort.
    Beelken atmete nicht mehr. Ihre Augen schlossen sich zum letzten Mal.
    Behutsam faltete Sinter ihr die Hände und breitete eine Decke über ihr aus. Dann nahm er Basse bei der Hand, der inzwischen erwacht, aber benommen war. Trotz des Verlusts, der auch Sinter naheging, schien die Aussicht auf Rettung ihm neue Kraft zu geben. «Nichts wie raus hier», zischte er.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 34
    Trotz ihrer Trauer um Beelken konnte Griet ihr Glück kaum fassen. Basse hatte die Gefangenschaft unversehrt überstanden. Als er während ihres beschwerlichen Aufstiegs durch das Tunnelsystem zu sich kam und bei ihrem Anblick zu weinen begann, wurde sie vor Freude und Schmerz fast ohnmächtig.
    Don Luis nahm Basse an die Hand, damit Griet sich um den Säugling kümmern konnte. Das kleine Mädchen schlief; weder die Kälte noch der muffige Geruch oder die schlafenden Fledermäuse schienen es zu stören. Dafür fiel Griet auf, dass Cäcilia mit jedem Schritt, den sie zurücklegten, verzweifelter wurde. In regelmäßigen Abständen blieb sie stehen und blickte sich um. Sie hatte Angst, verfolgt zu werden.
    Griet konnte ihr das nicht verdenken. Wie Cäcilia stellte sich auch ihr immer wieder die Frage, ob die Befreiung ihrer Lieben nicht zu leicht gewesen war. Rink hatte ihr ein Ultimatum gestellt, er wollte unbedingt das Buch. Nach all den Anstrengungen, die er unternommen hatte, um sein Ziel zu erreichen, kam es ihr töricht vor, dass er nun sein einziges Faustpfand leichtfertig aufs Spiel setzte, indem er die Geiseln sich selbst überließ. Beging er tatsächlich den Fehler, Griet zu unterschätzen? Er konnte doch kaum annehmen, dass sie die Hände in den Schoß legen und

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