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Die Stadt der schwarzen Schwestern

Die Stadt der schwarzen Schwestern

Titel: Die Stadt der schwarzen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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Umstand sehr gelegen. Sie überzeugte sich davon, dass ihre kostbare Fracht unter der dicken Lederplane vor neugierigen Blicken geschützt war, und ging dann ohne zu zögern auf die Tür des «Goldenen Apfels» zu.
    «Wir müssen zum Statthalter», wandte sie sich an den Wachhabenden, der ihr als Erster den Weg versperrte. «Er wartet schon sehnsüchtig auf unsere Lieferung.»
    «Eine Lieferung?» Der Blick des jungen Spaniers fiel auf de Lijs, der zwei schwere Weinkrüge vom Wagen ablud und keuchend zum Eingang schleppte. Griet konnte nicht umhin, den Mann für seine Voraussicht zu bewundern, denn als de Lijs dem Wachsoldaten einen der beiden Krüge mit einem breiten Lächeln vor die Füße stellte, machte dieser sogleich einen Schritt zur Seite und rief seinen Kameraden, dem er etwas zuflüsterte. Der Soldat musterte Griet und de Lijs kurz, dann aber nickte er.
    «Mein Freund wird Euch begleiten hinein, Señores», sagte der Mann in gebrochenem Flämisch, «aber ob Seine Gnaden, der Herzog von Parma, Euch noch empfangen wird, kann ich nicht sagen. Es kommt an auf seinen Durst. Gluck, gluck. Ihr versteht?» Er lachte.
    Griet folgte dem Spanier durch einen schier endlosen Korridor. De Lijs blieb einige Schritte hinter ihr zurück. Er fühlte sich fehl am Platz und grollte, weil Griet ihm nicht verraten hatte, was sie im Schilde führte.
    Die alte Posthalterei war völlig überfüllt. Wohin Griet blickte, sah sie Männer, die Waffen und Harnische reinigten, in Decken eingerollt auf dem Fußboden schliefen oder in kleinen Grüppchen zusammensaßen, um im Schein der Kerzen Brot mit Ziegenkäse zu vertilgen. Die Luft war schwer vom Geruch gebratener Zwiebeln. Griet schaute sich um. Von irgendwoher drangen die Töne eines Musikinstruments an ihr Ohr, zu denen ein Mädchen mit rauer, aber ausdrucksvoller Stimme ein spanisches Lied sang. Es klang wehmütig. Einige Hände klatschten den Takt dazu.
    «Señores!» Der junge Spanier schickte Griet und de Lijs eine schmale Treppe hinauf, an deren Ende sich ein halbdunkler Flur anschloss. Vor einer Tür, die ebenfalls bewacht wurde, blieb der Soldat schließlich stehen und forderte Griet und de Lijs auf, zu warten. De Lijs setzte seinen Krug ab und fand sich kurz darauf von nicht weniger als vier kräftigen Soldaten umringt, die seinen Wein umschwirrten wie Wespen den Honigtopf.
    Schließlich wurden sie eingelassen. Sie fanden sich sowohl dem Statthalter als auch Don Luis de Reon gegenüber, die beide hinter einem Schreibtisch standen und sich über Papiere beugten. Die holzverkleideten Wände des Raumes waren von oben bis unten mit Skizzen verschiedener Festungsanlagen tapeziert.
    Unwillig blickte Alessandro Farnese auf. Seine dunklen Augen schienen größer zu werden, als Griet ohne Umschweife ihr Barett abnahm.
    « Madre de Dios », entfuhr es dem Wachsoldaten, der sie in der Annahme hierhergeführt hatte, er habe es mit zwei Männern, Händler und Knecht, zu tun, die der Statthalter zu sich befohlen hatte. Verblüfft starrte er Griets wallendes, kupferrotes Haar an, das nicht im Nacken hochgesteckt war, sondern über ihre Schultern fiel.
    «Hinaus mit dir, du Tölpel», donnerte Farnese schlecht gelaunt, woraufhin der junge Mann das Weite suchte. Don Luis bemühte sich, ernst zu bleiben, konnte es sich aber nicht verkneifen, die Flucht des Jungen mit einem Grinsen zu begleiten.
    «Darf ich fragen, was Euch so spät noch zu mir führt, Teuerste?» Der Statthalter warf die Urkunde, die er vor der Störung gelesen hatte, auf den Tisch und stemmte beide Arme in die Hüften. Über ihre sonderbare Aufmachung verlor er kein einziges Wort.
    «Ihr wart es, der mir ein Geschäft vorschlugt, Herr», erwiderte Griet. «Erinnert Ihr Euch? Der Weinhändler de Lijs war so freundlich, mich zu begleiten, damit mir unterwegs nichts zustößt.» Sie nickte dem Weinhändler zu. «Wenn Ihr so gut sein würdet, draußen auf mich zu warten, de Lijs?»
    De Lijs errötete vor Ärger, wagte aber nicht zu widersprechen. Er verbeugte sich knapp vor dem Herzog und Don Luis, dann verließ er den Raum. Seinen Wein ließ er zurück.
    «Soll das heißen, Ihr habt Euch mein Angebot noch einmal durch den Kopf gehen lassen?» Der Statthalter strich sich bedächtig durch den dichten schwarzen Bart. Er schien Griet nicht zu trauen. Er flüsterte Don Luis etwas zu, worauf dieser drei Becher mit Wein füllte. Einen reichte er Griet.
    «Ein richtiges Angebot habt Ihr mir bislang noch nicht gemacht», sagte Griet.

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