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Die Stadt der schwarzen Schwestern

Die Stadt der schwarzen Schwestern

Titel: Die Stadt der schwarzen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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werde auch Eure schwarzen Schwestern finden.»
    «Dann bin ich ja beruhigt», sagte Griet freundlich. «Und nun lasst mich weiterpacken. Wo stecken denn nur meine dicken Strümpfe?»
    «Man könnte auch mit einem Laib Brot reden», schimpfte Sinter. «Sie war schon als Kind stur. Leider hat sich daran nichts geändert. Keine Ahnung, von wem sie das hat. Isabelle war so … sanftmütig.» Erschöpft griff er nach seinem Weinbecher. Er trank viel in letzter Zeit, weder Griet noch Beelken schafften es, ihm das auszureden. «Überleg doch mal, wie gut du es bei de Lijs hättest. Ihr müsst nur die Trauerzeit abwarten, dann …»
    «Aber ich liebe de Lijs nicht, Vater!» Besänftigend hauchte Griet Sinter einen Kuss auf die Stirn, dann verschwand sie im Nebenraum, um sich von Basse zu verabschieden.
    «Sie macht einen Fehler», murmelte der alte Mann. «Einen Fehler, der sie mehr kosten wird als nur ihren lächerlichen Handel mit Briefen.»

    Eine Stunde später brachen sie auf. Don Luis, der eingesehen hatte, dass Griet nicht in der Stadt bleiben würde, besorgte ihr ein kleines Gespann, da sie wegen ihres Arms nicht gut reiten konnte. Einen Wagen zu lenken bereitete ihr keine Schwierigkeiten, das hatte sie schon oft getan. Außerdem bot ein Gefährt genug Platz, um den Proviant und die warmen Sachen unterzubringen, die Griet eingepackt hatte. Die Kälte war jetzt schon gewaltig, draußen in den Wäldern musste es noch viel schlimmer sein.
    Don Luis wollte nicht auf sein Pferd verzichten und trabte neben dem Wagen her. Er ignorierte die spöttischen Blicke und Rufe der spanischen Soldaten, die sich am Tor über ihn amüsierten. Es hatte sich längst herumgesprochen, dass der Statthalter seiner Beratung überdrüssig geworden war und ihn weggeschickt hatte. Don Luis ließ den Spott mit einem undurchsichtigen Lächeln von sich abgleiten. Er hatte seine steife spanische Amtstracht abgelegt und sich stattdessen wie ein flämischer Handelsmann gekleidet. Sein blondes Haar wurde vom Wind zerzaust, seine Wangen waren gerötet.
    «Es wäre mir lieb, Ihr könntet während unserer kleinen Reise vergessen, dass ich Spanier bin», erklärte er Griet, als diese fragte, was die Maskerade zu bedeuten habe. «Wir werden bald Landstriche durchqueren, die noch von rebellischen Geusen kontrolliert werden. Sollten die mich als Spanier erkennen, sind wir verloren.»
    Griet nickte. Die Rebellen machten den Spaniern in den Niederlanden das Leben schwer. Im Süden der Provinz Holland waren sie erfolgreich von der See aus gegen die Eindringlinge vorgegangen, indem sie spanische Galeonen geentert oder versenkt hatten. Daneben gab es auch Gruppen von Kämpfern, die sich Buschgeusen nannten und aus dem Dickicht heraus Angriffe ausführten. Griet wollte keiner der Gruppen in die Hände fallen, sie war froh, dass Don Luis die niederländische Sprache akzentfrei beherrschte. Falls sie unterwegs angehalten wurden, würde ihm schon eine Geschichte einfallen, die einigermaßen plausibel klang.
    «Ihr werdet Euch einen anderen Namen zulegen müssen», schlug Griet vor. «Ich kann Euch Don Luis nennen, solange wir allein sind, doch in Gesellschaft anderer wäre das nicht gut. Wir werden in jeder Herberge zwischen Oudenaarde und Brüssel haltmachen und nachfragen, ob jemand die Nonnen gesehen hat.»
    Don Luis lachte. Griets Eifer gefiel ihm. «Als Kind wurde ich Floris gerufen», sagte er. «Pater Jakobus nennt mich noch heute manchmal so.»
    Griet blickte verwundert auf. Sie hatte sich schon gedacht, dass Don Luis nicht erst kürzlich nach Flandern gekommen war, doch dass er bereits als Kind hier gelebt hatte, war ihr neu. Sie hätte gern mehr darüber gewusst, doch die verschlossene Miene des jungen Mannes lud nicht dazu ein, Fragen zu stellen.
    «Na schön, dann also Floris.»
    Schweigend setzten sie ihren Weg fort. Er führte sie über schmale, hügelige Landstraßen, die von dichtem Wald umgeben waren. Hin und wieder lichtete sich das Dickicht und gab den Blick auf einen Weiler frei, der aus Hütten und Stallungen bestand. Manche der Behausungen wirkten verlassen, vor anderen tummelten sich Menschen, es wurde Holz gesägt, Kinder spielten und Frauen hängten Wäsche auf.
    Don Luis und Griet hielten vor jeder Hütte an, um ein paar Worte mit den Bauern zu wechseln, doch die Antwort, die sie auf ihre Frage erhielten, war überall die gleiche. Keiner wollte einen Reisewagen mit Klosterfrauen gesehen haben. Als es dunkel wurde, breitete Don Luis eine

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