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Die Stadt der schwarzen Schwestern

Die Stadt der schwarzen Schwestern

Titel: Die Stadt der schwarzen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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Karte aus. Mit einem Kohlestift machte er ein paar Markierungen.
    «So weit sind wir heute gekommen. Morgen ist auch noch ein Tag. Hoffen wir, dass es nicht regnet.»
    Griet seufzte, während sie eine schmerzende Stelle in ihrem Nacken abtastete. Von der Schaukelei über die schlechten Straßen tat ihr jeder Knochen weh. Aber das wollte sie Don Luis nicht sagen. Es fehlte gerade noch, dass er sie nach Oudenaarde zurückschickte, weil sie ihn aufhielt. Da biss sie lieber die Zähne zusammen.
    Sie saßen auf Strohballen in der Scheune eines Viehbauern, der ihnen erlaubt hatte, dort die Nacht zu verbringen. «Was habt Ihr dem guten Mann erzählt, wer ich bin?», wollte sie wissen. Sie trank einen Schluck Kräuterbier aus dem Lederschlauch, den Beelken ihr gefüllt hatte.
    Don Luis hob die Augenbrauen und schaute sie mit einem Blick an, der kein Wässerchen trüben konnte. «Ich habe ihm gesagt, ich reise mit meiner treuen Leibmagd. Er erwartet Euch morgen früh, kurz vor Sonnenaufgang, im Ziegenstall zum Melken. Damit wäre unser bescheidenes Nachtlager abgegolten.»
    «Ihr habt was getan?» Griet sprang empört auf die Füße, doch das breite Grinsen in Don Luis’ Gesicht verriet ihr, dass er sich nur einen Scherz mit ihr erlaubt hatte. Griet musste nun auch lachen. Im Nu waren ihre Kopfschmerzen vergessen.
    «Welche Aufgaben hat denn Eure Leibmagd?», flüsterte sie. «Abgesehen davon, dass sie für Euch die Zeche bezahlen muss?»
    Don Luis lächelte sie an. Sein Herz klopfte, als er ihr Haar berührte. Dann streichelte er zärtlich ihre Wange und näherte sich mit seinen Lippen ihrem Ohr. «Der Bauer hält Euch für meine Ehefrau», raunte er ihr zu. «Lassen wir ihn in dem Glauben.»
    «Ein hervorragender Einfall!» Griet schloss die Augen, als sie seine Fingerspitzen auf ihren Wangen spürte. Sie schienen jede Einzelheit ihres Gesichts erkunden zu wollen. Dann wanderten sie ihren Hals hinunter bis zu ihren Brüsten. Ein Schauer fuhr durch Griets Körper, der ein heftiges Zittern nach sich zog. Sie sank zurück, überließ sich ihren Gefühlen und öffnete die Augen erst wieder, als sie Don Luis auf sich spürte. Er küsste sie zuerst zärtlich, dann ein wenig wilder, wobei seine Zunge und seine Lippen nicht aufhörten, jede Stelle ihres Körpers, die nicht von Mieder und Stoff gefangen gehalten wurde, zu erforschen. Als ihre Blicke sich kreuzten, fand sie in seinen Augen die Bitte, ihm mehr zu erlauben. Sie war wie gebannt und konnte nicht anders, als ihn nun ebenfalls stürmisch zu küssen und ihm ohne Worte zu zeigen, dass sie ihm gehören wollte. Als er behutsam ihren Rock hochschob, quietschte die Stalltür. Fluchend rollte sich Don Luis zur Seite.
    Der Bauer stand an der Tür, ein Holztablett mit Käse, Brot und Winteräpfeln in der Hand. «Mein Weib schickt Euch was zu futtern», erklärte er mit einem frechen Grinsen. «Hätte ich gewusst, wonach Euch der Appetit steht, hätte ich vorher angeklopft.»
    Griet spürte, wie das Blut in ihre Wangen schoss, und ahnte, dass ihr Gesicht knallrot war. Zu ihrer Erleichterung hatte sie sich nicht völlig entblößt. Rasch schüttelte sie ihren langen Rock über die Knie und wandte sich schamvoll ab.
    «Na, na, wir waren doch alle mal jung verheiratet», polterte der Bauer. Seine Stimme klang wie ein Donnerschlag, aber gutmütig. Offensichtlich hatte er es nicht eilig, den Stall wieder zu verlassen. Umständlich stellte er das Tablett auf einer Kiste ab.
    «Richte deiner Frau unseren Dank für das Essen aus», sagte Don Luis kühl. «Es wäre nicht nötig gewesen, auch wenn ich für dieses Nachtlager tief in die Tasche gegriffen habe.»
    «Weiß ich doch, Herr!» Der Bauer musterte Griet, die mit ihrer Haube kämpfte. «Ihr wart sehr großzügig. In diesen Zeiten müssen aber auch wir zusehen, wo wir bleiben. Unser Hof wurde schon zweimal geplündert. Die Soldaten haben uns das Korn weggenommen und das Federvieh. Unsere Magd, dieses Luder, ist ihnen freiwillig gefolgt.»
    Don Luis runzelte die Stirn. «Das tut mir leid.»
    «Nun ja, wir werden schon irgendwie durchkommen. Mir ist da noch etwas eingefallen, wegen der Frauen, nach denen Ihr Euch erkundigt habt.»
    «Ihr habt sie gesehen?», rief Griet überrascht.
    «Nein, das nicht, aber … Es gibt da ein paar Leute, die unsere Straßen im Auge behalten, wenn Ihr versteht, was ich meine.»
    Don Luis stieß scharf die Luft aus. Es war kein Geheimnis, auf wen der Bauer anspielte. Er meinte die Geusen. Also ging auch er

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