Die Stadt der schwarzen Schwestern
ist damit?»
«Nun, ich fürchte, dass Schwierigkeiten auf sie zukommen könnten. Ihr habt sicher gehört, dass Eure Mutter die schwarzen Schwestern nach Oudenaarde zurückgerufen und mit sieben Sicherheitsbriefen ausgestattet hat. Sie hätten eigentlich längst eintreffen sollen. Aber leider ist dem nicht so.»
Farnese lachte. «Und was erwartet Ihr und diese Frau nun von mir, Don Luis? Dass ich den Feldzug gegen die widerspenstigen Städte im Süden unterbreche, um ein paar Klosterfrauen zu suchen, die sich in den Ardennen verirrt haben?» Er stand auf und musterte Griet mit einem scharfen Blick. «Ihr kanntet Euer Risiko, meine Liebe, denn Ihr macht Geschäfte mit der Vorsehung. Ich kann keinen meiner Männer entbehren, um Euch bei der Suche nach vermissten Nonnen zu helfen.»
«Es wäre möglich, dass die Frauen in den Ardennen erfrieren, Euer Gnaden», gab Don Luis zu bedenken. «Es wäre ein Jammer, wenn Eure Mutter an ihren Bruder in Spanien schreiben müsste, dass Ihr Euch geweigert habt, ihnen zu helfen.»
Das war kühn. Griet zuckte erschrocken zusammen, insgeheim bewunderte sie Don Luis aber für seinen Mut. Dass er für sie sogar den Zorn seines Vorgesetzten in Kauf nahm, überraschte sie allerdings.
Farnese machte ein Gesicht, als überlegte er, ob er Don Luis eigenhändig erwürgen oder von der Wache abführen lassen sollte. Dann aber sagte er: «Wenn überhaupt, so wird König Philipp erfahren, dass ich alles getan habe, was in meiner Macht stand, um die schwarzen Schwestern in ihr Kloster zurückzubringen. Ich werde meinen fähigsten Mann auf die Suche schicken. Euch, mein Lieber! Packt schon einmal ein paar warme Wämser zusammen, sonst werdet nämlich Ihr es sein, den es in den Ardennen gewaltig frieren wird. Und nun hinaus mit Euch!»
«Aber, Herr …»
«Ihr habt mich doch verstanden, Don Luis. Ich brauche Euch nicht mehr. Mit Euren ewigen Heimlichkeiten geht Ihr mir schon lange auf die Nerven. Wärt Ihr nicht der Sohn von Don Alfonso de Reon, hätte ich Euch schon früher zum Teufel gejagt. Doch das eine lasst mich zum Abschied noch sagen.» Der Statthalter wandte sich wieder dem Kaminfeuer und seinem Brief zu. Er musste Philipp antworten, eine unangenehme Pflicht, die ihm nur sein spontaner Einfall ein wenig versüßte. «Es gibt in der Gegend nach wie vor Personen, die sich insgeheim gegen mich auflehnen. Aufrührer, gegen die ich vielleicht zu nachsichtig vorging. Vielleicht haben diese ketzerischen Kreaturen ja etwas mit dem Ausbleiben Eurer Nonnen zu tun?»
«Das halte ich für abwegig», sagte Don Luis tonlos. Er schien zu ahnen, mit welchem Einfall sein Herr spielte.
«Eure Meinung kümmert mich nicht. König Philipp erwartet ein energisches Durchgreifen von mir, falls ich meiner Mutter auch offiziell ins Amt des Generalstatthalters folgen will. Sollte ich herausfinden, dass diese schwarzen Schwestern in den Ardennen das Opfer von Rebellen geworden sind, werden in Flandern, und ganz besonders in Oudenaarde, Köpfe rollen, das verspreche ich Euch! Seht nur zu, dass nicht auch der Eurer hübschen Begleiterin dabei ist.»
Griet hatte keine Angst vor Farnese, und doch verspürte sie ein schlechtes Gewissen. Don Luis war in Ungnade gefallen, weil er sich für sie eingesetzt hatte. Warum hatte er das getan? Zurück im Pförtnerhäuschen, wich sie den Fragen ihres Vaters und Beelkens neugierigen Blicken aus und zog sich erschöpft in ihre Schlafkammer zurück. Dort blieb sie, bis ein lautes Klopfen sie aus ihren Gedanken holte. Vor der Tür stand Remeus. Griets Vater hatte ihn eingelassen. Der Hausknecht keuchte atemlos, als hätten ihn Furien durch die Stadt gejagt.
«De Lijs schickt mich mit einer Botschaft zu Euch», sagte er. Es war das erste Mal, dass Griet den Mann einen vollständigen Satz sagen hörte.
«Und was gibt es?»
«Seine Frau ist heute Nachmittag gestorben. Fiel einfach so um und war mausetot.»
Griets Vater stieß scharf die Luft aus. «Der arme de Lijs, ich fühle mit ihm. Es ist schon viele Jahre her, seit ich meine Isabelle verlor, doch noch heute vergeht kein Tag, an dem ich sie nicht vermisse.»
Der Knecht machte keinen besonders betroffenen Eindruck. Er blickte sich vielmehr neugierig in der Stube um und grinste verschlagen, als er auf dem Wandbord einen Krug mit Wein entdeckte. «Vielleicht wäre ja ein Schlückchen auf den Schrecken angenehm, was meint Ihr, Herr?»
«Warum eigentlich nicht?» Sinter schenkte sich einen Becher ein und lehrte ihn in
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