Die Stadt der schwarzen Schwestern
davon aus, dass sie die schwarzen Schwestern verschleppt hatten. Doch war eine Entführung ohne jede Forderung sinnlos. Aus purem Hass auf Farnese und die spanischen Truppen gingen die Aufständischen sicher kein solches Risiko ein. Forderungen waren aber nicht gestellt worden. Es musste mehr dahinterstecken.
Don Luis zückte den Beutel, den er an einer Schnur um den Hals trug, und entnahm ihm zwei Münzen. «Also, Bauer, was weißt du?»
Am nächsten Morgen warteten sie das Frühstück nicht ab, sondern verschwanden aus dem Stall, noch bevor sich im Bauernhaus etwas regte. Der Hofhund, der an einer Kette lag, hob nur den Kopf, als Don Luis und Griet an ihm vorbeikamen, war aber zu müde, um zu bellen, und rollte sich wieder zusammen.
Griet wusch sich bei der ersten Rast, die sie an einem Bach einlegten, Gesicht und Hände. Sie war zum Umfallen müde, denn sie hatte nur wenig geschlafen. Stundenlang hatte sie gegrübelt, zuerst über die schwarzen Schwestern und dann, ob der Rat des Bauern das Geld wert war, das Don Luis ihm gegeben hatte. Schließlich waren ihre Gedanken in eine ganz andere Richtung abgeschweift, nämlich zu Don Luis. Sie hatte das gleichmäßige Atmen des jungen Spaniers neben sich vernommen und die Wärme gespürt, die von seinem Körper ausging.
Was empfand sie für ihn? Sie wusste es nicht. Die Gefühle, die in ihr tobten, konnte sie nicht deuten. Das verunsicherte sie. Sie versuchte, sich daran zu erinnern, wie es gewesen war, als Willem ihr den Hof gemacht hatte, doch das war eine halbe Ewigkeit her. Sie war sicher, dass es schöne Augenblicke gegeben hatte, aber die Erinnerung daran war blass, während Don Luis etwas in ihr ansprach, das sie als warm, freundlich und farbenfroh empfand.
Du machst dich lächerlich, Griet, beschimpfte sie sich selbst in Gedanken. Don Luis war Spanier, er sah blendend aus und hatte eine glanzvolle Zukunft vor sich. Diese würde er nicht wegen einer flämischen Witwe ohne großes Vermögen, dafür mit einem lahmen Arm, aufs Spiel setzen. Griet befahl sich, nicht mehr an Don Luis und die Nacht in der Scheune zu denken.
Don Luis kritzelte wieder auf seiner Karte herum. Seiner angestrengten Miene nach stellte er irgendwelche Berechnungen an. Griet wollte ihn nicht stören. Sie wartete geduldig, bis er sich ihr zuwandte.
«Ist es weit bis Horebeke?»
Don Luis blickte auf. «Bis Mittag müssten wir das Dorf erreicht haben», sagte er. «Ich hoffe nur, dieser Bauer lockt uns nicht in eine Falle.»
«Warum sollte er? Ihr habt ihn großzügig bezahlt und …»
«Er hat nicht mal gefragt, warum wir die schwarzen Schwestern suchen. Dabei hatte ich mir eine so schöne Geschichte zurechtgelegt. Nun ja, wir werden sehen, ob sie für die Leute von Horebeke annehmbar klingt.»
Sie kamen nur mühsam vorwärts, was nicht an Griets Gespann lag, sondern daran, dass Don Luis alle paar Minuten hielt, um sich zu vergewissern, auch wirklich die richtige Richtung eingeschlagen zu haben. Immer wieder stieg er ab, um seine Karte zurate zu ziehen, doch die half ihm nicht weiter. Das Dorf, das sie suchten, war darauf nicht eingezeichnet. Immerhin schien die Himmelsrichtung, die der Bauer ihnen genannt hatte, zu stimmen. Sie legten einige Meilen zurück, dann kreuzte ein kleiner Pfad ihren Weg.
«Der Pfad muss ins Dorf führen», erklärte Don Luis. Er rollte die Karte zusammen und warf sie auf Griets Wagen.
«Seid Ihr sicher?»
«Der Bauer hat mich gewarnt, dass der Weg nach Horebeke leicht übersehen wird, aber er hat mir die Abzweigung genau beschrieben. Wenn wir in einer halben Meile auf Höfe treffen, haben wir es geschafft.»
Griet seufzte. Vor zwei Stunden hatte ein Sprühregen eingesetzt, der allmählich durch sämtliche Schichten ihrer Kleidung drang. Sie sehnte sich nach einem Gasthaus, in dem sie sich am Feuer aufwärmen und eine heiße Suppe essen konnte. Über das Dorf, in dem man ihnen vielleicht weiterhelfen konnte, hatte sie sich noch keine Gedanken gemacht, sie hoffte, dass es dort etwas gab, was einer Herberge nahekam.
Sie brauchten eine weitere Stunde, bevor sie zwischen den Bäumen strohgedeckte Dächer ausmachen konnten. Sie hatten das Dorf erreicht. Griet hätte vor Erleichterung am liebsten gejubelt, als sie das klapprige Gefährt auf die schlammige Dorfstraße lenkte. Ihr Rücken tat ihr weh, und die Kopfschmerzen waren auch wiedergekommen. Dennoch war sie erleichtert. Don Luis stieg von seinem Pferd ab und führte es am Zügel weiter. Die Leute,
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