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Die Stadt der schwarzen Schwestern

Die Stadt der schwarzen Schwestern

Titel: Die Stadt der schwarzen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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einen Begleiter, der ihr Mut zusprach, sie tröstete. Keine Unke, die nur schwarzmalte.
    «Was ist, wenn die Nonnen längst tot sind? Sie könnten von Wegelagerern ermordet oder durch einen Steinschlag umgekommen sein.»
    «Und danach haben sie sich in Luft aufgelöst?», fragte Griet sarkastisch. «Oh nein, an einen solchen faulen Zauber glaube ich nicht. Die schwarzen Schwestern haben die Abtei von Hertoginnedal bei Brüssel verlassen und sich auf den Weg gemacht, dafür gibt es Zeugen. Sie müssen irgendwo stecken, und ich werde sie finden und nach Oudenaarde schaffen, selbst wenn ich sie eigenhändig durchs Stadttor ziehen müsste. Ich schwöre Euch, Don Luis, der Statthalter wird mir mein schönes Geschäft nicht kaputt machen.» Sie hielt kurz inne, um zu Atem zu kommen. Durch die schmale Luke in der Rückwand konnte sie den dunklen Umriss eines der Mühlenflügel sehen. Der ausgestreckte Arm wirkte gespenstisch.
    «Dieser Jan hat etwas zu verbergen», sagte sie plötzlich mit tonloser Stimme.
    «Ein aufgeblasener junger Schwätzer! Ohne seinen schwarzen Köter würde er sich nicht so wichtig nehmen.»
    Griet blickte immer noch aus der Öffnung. Trotz der Dunkelheit erspähte sie das Anwesen des Müllers mit seinem großen Hoftor, weiter südlich breitete sich ein schwarzer Flecken aus, vermutlich ein Tümpel, und dahinter begann gleich der Wald. Für den Bruchteil eines Moments glaubte Griet einen Lichtschein zwischen den Bäumen zu sehen, doch sie war sich nicht sicher, ob es ihn gab oder ob ihr die Müdigkeit einen Streich spielte.
    «Wollt Ihr Euch nicht endlich schlafen legen?», fragte Don Luis unwirsch. «Was gibt es dort draußen so Spannendes zu entdecken?»
    Griet fuhr herum und starrte ihn an; ihre Wangen glänzten vor Aufregung. «Er sagte, er wisse nichts von unseren Nonnen. Ja, das waren seine Worte. Jetzt erinnere ich mich wieder ganz genau.»
    «Natürlich sagte er das. Alle haben das behauptet!»
    «Aber wieso sprach Jan von Nonnen?», fragte Griet. «Als er uns bei der Kirche überraschte, habe ich nur erwähnt, dass wir sieben Frauen suchen. Dass es sich dabei um die schwarzen Schwestern handelt, sagte ich nicht. Er hat es gewusst. Er hat es die ganze Zeit gewusst, und seine Mutter auch.»
    Griet lief wieder zu der Fensteröffnung zurück. «Soll ich Euch etwas verraten, Don Luis? Ich wette, dieser Müller und seine Freunde befinden sich nicht auf einer Wolfsjagd. Sie haben die sieben Klosterschwestern in ihrer Gewalt.»
    «Das ist doch unmöglich. Ihr müsst Euch irren», protestierte Don Luis. «Mag sein, dass der Junge von Nonnen geredet hat, vielleicht aber auch nicht. Ihr seid überreizt, könnt nicht mehr klar denken.»
    Griet warf dem jungen Spanier einen vernichtenden Blick zu. «Ich weiß, was ich gehört habe, und es passt alles haargenau zusammen. Dieser Müller und sein Sohn sind in die Sache verwickelt. Vielleicht hassen sie alle Priester und Ordensleute, weil sie insgeheim Ketzer sind und das Schicksal der armen Frau dort drüben einfach nicht vergessen können. Falls Jan verhindern will, dass wir auf seinen Vater treffen, muss er ihn noch in dieser Nacht warnen. Ich bin sicher, dass wir ihn innerhalb der nächsten Stunden in den Wald gehen sehen.»
    Don Luis streckte sich auf seinem Lager aus und verschränkte die Arme im Nacken. «Ich kann Euch wohl nicht überreden, Euch auszuruhen?»
    «Ausgerechnet jetzt? Ihr träumt wohl.»
    «Wie sollte ich, wenn ich Euch die ganze Nacht zum Fenster hinausstarren sehe?», gab er schlagfertig zurück. Er seufzte tief, weil er seinen Schlaf entschwinden sah. «Also schön, ich möchte nicht, dass Ihr vor Müdigkeit umfallt. Daher werde ich Wache halten. Falls Euer Müllerbursche tatsächlich Heimlichkeiten hat, werde ich Euch wecken.»
    «Versprecht Ihr es?»
    Don Luis lächelte. «Ihr habt das Wort eines spanischen Hidalgos.»
    Der mühelos als flämisches Schlitzohr durchgehen könnte, dachte Griet. Sie zögerte, aber auf einmal schien Don Luis im Gegensatz zu ihr hellwach zu sein. Ob er ihren Verdacht teilte oder nur in Betracht zog, dass etwas daran war, ließ er nicht erkennen. Aber er deckte Griet fürsorglich zu und versprach, das Fenster im Auge zu behalten.
    Griet bedankte sich mit einem Lächeln. Sie wollte nur kurz die Augen schließen, damit der brummende Schmerz in ihrem Kopf endlich nachließ, doch wenige Augenblicke später war sie eingeschlafen.

    Als Don Luis sie wachrüttelte, war es noch finster. Griet hatte keine Ahnung,

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