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Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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beobachtet wurden, wie sie ihm huldigten, und bisweilen vernehme man das Winseln und Heulen ihrer unverständlichen Gebete.
    Der Tempel war ebenso wie die übrigen Gebäude nahezu vollkommen erhalten: Die einzigen Verfallszeichen offenbarten sich in dem behauenen Türsturz, der an verschiedenen Stellen Risse aufwies und bröckelte. Die Tür selbst, aus dunkler, im Laufe der Zeit von Grünspan überzogener Bronze gegossen, stand einen Spalt breit offen. Im Wissen, dass das Tempelinnere ein juwelengeschmücktes Götzenbild enthalten musste, ganz zu schweigen von den zahlreichen Altargefäßen aus kostbaren Metallen, verspürten wir den Stachel der Versuchung.
    In der Annahme, dass Körperkraft vonnöten sein würde, um die von Patina überkrustete Tür aufzustemmen, tranken wir einige tiefe Schlucke und machten uns dann ans Werk. Natürlich waren die Scharniere verrostet; und nur vermöge kraftvollen und unermüdlichen Drucks begann die Tür schließlich nachzugeben. Als wir ihr in einem zweiten Anlauf zu Leibe rückten, schwang sie langsam nach innen, wobei sie ein grässliches Knirschen und Quietschen von sich gab, das zu einem geradezu lebendigen Schrei anschwoll, in dem wir die Stimme einer nichtmenschlichen Wesenheit zu vernehmen glaubten. Vor uns gähnte das schwarze Innere des Tempels, aus dem der Mief abgestandener Fäulnis, gemischt mit einem sonderbaren und fremdartigen Gestank, hervorquoll. Doch schenkten wir dem in der natürlichen Erregung des Augenblicks wenig Beachtung.
    Dank der mir eigenen Voraussicht hatte ich mich früher am Tage mit einem harzgetränkten Aststück versehen, in der Vermutung, es könnte uns bei einer möglichen nächtlichen Erforschung Commorioms gute Dienste leisten. Ich entfachte diese Fackel, und wir betraten das Heiligtum.
    Sein Inneres war mit mächtigen fünfeckigen Platten gefliest, die aus dem gleichen Material bestanden, aus dem die Mauern gefügt waren. Der Raum war ziemlich leer, abgesehen von dem Standbild des Gottes, das am gegenüberliegenden Ende thronte, und von dem doppelstufigen Altar aus obszön verziertem Metall vor dem Standbild und von einem sonderbar aussehenden Bronzebecken, das auf einem Dreifuß ruhend die Mitte des Fußbodens einnahm. Ohne diesem Becken weiter Beachtung zu schenken, stürmten wir vorwärts, und ich schleuderte meine Fackel in das Antlitz des Götzenbildes.
    Ich hatte noch nie zuvor ein Abbild Tsathogguas erblickt, doch erkannte ich ihn problemlos aufgrund der mir geläufigen Beschreibungen. Er war plump und schmerbäuchig, sein Schädel glich mehr dem einer ungeheuren Kröte als dem einer Gottheit. Sein gesamter Leib war mit der Nachbildung eines kurzen Fells bedeckt, sodass er entfernt sowohl an eine Fledermaus als auch an ein Faultier gemahnte. Seine schläfrigen Lider hingen halb über seinen vortretenden, kugelförmigen Augen und die Spitze einer wunderlichen Zunge ragte aus seinem fetten Mund. Ehrlich gesagt war er keine erhabene und ansehnliche Gottheit und ich wunderte mich nicht über das Ende seines Kultes, der zu allen Zeiten nur sehr niedrige und primitive Menschen angesprochen haben konnte.
    Tirouv Ompallios und ich begannen gleichzeitig, die Namen kultivierterer und zivilisierterer Gottheiten für Verwünschungen zu missbrauchen, als wir erkannten, dass noch nicht einmal der gewöhnlichste Halbedelstein irgendwo aufglänzte, weder an oder in irgendeinem Teil von Gesicht oder Körper dieses abscheulichen Götzenbildes. Mit einer Knausrigkeit ohne Beispiel waren sogar die Augen aus dem gleichen glanzlosen Stein gemeißelt wie der Rest dieses widerwärtigen Dinges. Mund, Nase, Ohren und sämtliche übrigen Öffnungen waren unverziert. Wir konnten über den Geiz oder die Armut der Kreaturen, die diese einzigartige Abnormität hervorgebracht hatten, nur staunen.
    Nun, da unser Sinn nicht mehr von der Hoffnung auf sofortige Reichtümer gebannt war, kam uns unsere Umgebung deutlicher zu Bewusstsein. Dies galt vor allem für den fremdartigen Gestank, den ich bereits erwähnte und der sich inzwischen unangenehm verdichtet hatte. Wir bemerkten, dass er aus dem Bronzebecken aufstieg, das wir nun näher in Augenschein nahmen, wenn auch ohne die mindeste Erwartung, dass diese Begutachtung profitabel oder auch nur erfreulich ausfallen werde.
    Das Becken war, wie ich schon sagte, sehr groß; sein Durchmesser betrug nicht weniger als zehn Meter, seine Tiefe fünf Meter. Sein Rand reichte einem aufrecht stehenden Mann bis zur Schulter. Die

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