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Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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dreifaches Rinnsal floss sie an der Tür zu den Bodenplatten hinab, wo die Rinnsale wieder zusammenströmten und die Gestalt der Abnormität annahmen, die uns gejagt hatte.
    »Leb wohl, Tirouv Ompallios!«, rief ich mit dem letzten Rest an Atem, den ich aufbieten konnte. Dann schoss ich los und kauerte mich hinter das Standbild des Tsathoggua. Es war groß genug, um mich vor Blicken zu verbergen, doch leider zu klein, um mehr als einem Menschen diesen Dienst zu erweisen. Tirouv Ompallios wäre mir mit diesem löblichen Einfall zur Selbsterhaltung fast zuvorgekommen, doch war ich schneller als er. Und als mein Gefährte erkannte, dass hinter Tsathogguas Kehrseite nicht genug Platz für uns beide war, erwiderte er meinen Abschiedsgruß und kletterte in das große Bronzebecken, das allein inmitten der Kahlheit des Gotteshauses jetzt noch einen Lidschlag lang Deckung bieten konnte.
    Ich spähte hinter dem abscheulichen Gott hervor, dessen einziger Vorzug der Umfang seines Wanstes und seines fetten Hinterns bestand, und beobachtete, was das Monster tat. Kaum hatte Tirouv Ompallios sich in dem dreibeinigen Becken klein gemacht, als die namenlose Ungeheuerlichkeit sich gleich einer rußfarbenen Säule aufrichtete und dem Becken näherte. Ihr Kopf hatte sich verformt und verschoben, sodass er kaum mehr war als ein undeutlicher Gesichtsabdruck in der Mitte eines Körpers ohne Arme, Beine oder Hals. Das Geschöpf ragte einen Augenblick lang über dem Beckenrand empor, zog seine gesamte Masse zu einem Klumpen zusammen, der drohend auf einem spitz zulaufendem Schwanz balancierte, und ergoss sich dann einer stürzende Woge gleich in das Becken und über Tirouv Ompallios. Der gesamte Körper des Ungeheuers schien sich zu öffnen und ein riesenhaftes Maul zu bilden, als es außer Sicht abtauchte.
    Vor Grauen kaum eines Atemzuges fähig, verhielt ich mich vollkommen still. Aus dem Becken drang weder ein Laut hervor noch machte sich darin eine Bewegung bemerkbar – noch nicht einmal ein Stöhnen aus dem Munde von Tirouv Ompallios. Schließlich traute ich mich, unendlich langsam und angstvoll und vorsichtig hinter Tsathoggua hervorzukommen. Auf Zehenspitzen am Becken vorbeischleichend schaffte ich es, die Tür zu erreichen.
    Nun musste ich, um die Freiheit zu gewinnen, den Riegel zurückziehen und die Türe öffnen. Und davor hatte ich große Angst, weil es unweigerlich Lärm verursachen würde. Mein Gespür sagte mir, dass es äußerst unklug wäre, die Wesenheit im Becken zu stören, während sie Tirouv Ompallios verdaute – doch schien sich mir keine andere Möglichkeit zu bieten, wollte ich jemals aus diesem schrecklichen Tempel hinausgelangen.
    Im selben Augenblick, als ich den Riegel zurückstieß, schoss ein einzelner Tentakel mit höllischer Plötzlichkeit aus dem Becken heraus, dehnte sich durch das gesamte Tempelinnere und packte meine rechte Faust mit tödlicher Gewalt. Es fühlte sich anders an als alles, womit ich jemals in Berührung gekommen war, es war unbeschreibbar klebrig und schleimig und kalt, es war ekelerregend weich wie der stinkende Morast eines Sumpfes und schneidend scharf wie zugeschliffenes Eisen. Es übte eine qualvolle Saugkraft und Umklammerung aus, die mir einen lauten Schrei entriss, als der Griff um mein Fleisch sich verstärkte und hineinschnitt wie ein Schraubstock aus Messerklingen.
    In meinem Versuch, mich loszureißen, stieß ich die Tür auf und stürzte nach vorn auf die Schwelle. Ein Augenblick grauenvollen Schmerzes folgte, dann begriff ich, dass ich mich von meinem Feind losgerissen hatte. Doch als ich noch hinabblickte, sah ich, dass meine Hand fehlte und nur ein seltsam verdorrter Stumpf zurückgeblieben war, der kaum Blut verlor. Als ich über die Schulter zurück in das Heiligtum spähte, sah ich, wie der Tentakel zurückschnellte und zusammenschrumpfte. Er verschwand hinter der Kante des Beckens außer Sicht, mitsamt meiner abgetrennten Hand, die nun mit dem vereint wurde, was immer von Tirouv Ompallios übrig geblieben war.

Die Muse von Hyperborea
    Zu fern ist ihr fahles und tödliches Antlitz, und zu fern der Schnee ihres todbringenden Busens, als dass meine Augen sie jemals erschaut. Doch zuweilen erreicht mich ihr Flüstern, gleich einem unheimlichen, eisigen Wind, der leise heranstreicht, entkräftet, nachdem er die Klüfte zwischen den Welten durchwehte und über die äußersten Ränder eisgebannter Ödlande blies. Und sie raunt zu mir in einer Sprache, die ich niemals

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