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Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition)

Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan
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und dann küsst er mich so heftig, dass ein Feuer mich durchglüht und die Hitze durch meine Adern rast.
    Er will etwas sagen, Worte, die ich zurückdränge. Dann macht er einen Satz zurück, und wir sind getrennt. Ich gehe einen Schritt nach vorn, ziehe seinen Kopf an mich, aber er legt mir die Hände auf die Schultern und schiebt mich weg.
    Seine Augen sind weit aufgerissen, die Lippen geöffnet, das Gesicht ist gerötet. Er atmet schnell, und als seine Hand zum Nacken geht, zittert sie. »Gott, Annah, was denkst du dir dabei?« Mit jedemWort wird seine Stimme härter.
    »Ich habe es dir doch gesagt …« Er geht im Kreis herum. »Annah, ich könnte dich anstecken. Vielleicht habe ich es schon. Ich kann nicht fassen, dass du das getan hast.«
    Er schüttelt den Kopf und schließt die Augen.Vorsichtig nähere ich mich ihm und lege ihm die Hand auf den Unterarm. »Es ist schon okay«, sage ich leise.
    Er fährt hoch. »Es ist nicht okay! Das hier …«, er zeigt auf mich, dann auf ihn, »… ist nicht okay!«
    Dann packt er meinen Kopf mit beiden Händen und zieht mich an sich, bis unsere Lippen sich fast – aber nicht ganz – berühren. Er atmet heftig und schnell, wie ich. Ich spüre, dass er wütend ist, ängstlich, panisch.
    »Du könntest sterben«, sagt er. »Dieser Kuss könnte dich töten.«
    Ich lächele. »Kapierst du es denn nicht, Catcher. Die Horde vernichtet doch schon die Dunkle Stadt. Und dann sind da noch die R ekruter mit ihren Käfigen. Ich sterbe ohnehin. Dieser Zufluchtsort ist nicht sicher, nirgendwo ist es sicher. Selbst wenn die Horde nicht wäre, einesTages werde ich sterben. Genau wie du einesTages sterben wirst …«
    »Aber da liegt der Unterschied, Annah! Ich – werde – nicht – sterben. Niemals.« Er lässt meinen Kopf los und entfernt sich von mir. Ich spüre die kühle Morgenluft überall, wo Catcher mich eben berührt hat. »EinesTages wird etwas passieren. Mein Herz wird nicht mehr weiterschlagen. Jemand ersticht mich. Ich ertrinke oder stürze von einer Brücke oder ein Haus bricht über mir zusammen. Und dann werde ich mich wandeln.«
    Er fährt zu mir herum. »Ich könnte heute sterben, hier, in deinem Zimmer, und dann würde ich mich wandeln.«
    »Aber das ist okay …«
    »Sag bloß nicht, dass das okay ist!«, brüllt er. Seine eigeneWut scheint ihn zu schockieren, und er wendet sich von mir ab, die Arme fest vor der Brust verschränkt. Ich nähere mich ihm langsam.
    »Sag mir nicht, dass es okay ist«, wiederholt er gefasster. »Denn das ist es nicht. Nachdem ich mich gewandelt habe, werde ich dich angreifen, wenn du in der Nähe bist.« Jetzt zittert seine Stimme. »Ist dir denn nicht klar, wie gefährlich das ist?Verstehst du denn nicht, dass dieses Ungeheuer schon in mir steckt und dass mein Herz einen Moment lang ins Stocken geraten muss, bevor es entfesselt wird?«
    Er wirbelt herum und packt mich an den Oberarmen. »Das kann ich dir nicht antun, Annah. Es geht einfach nicht.«
    Er will sich von mir lösen, aber ich hindere ihn daran. »Du hast mich gefragt, was ich machen würde, wenn ich nur noch ein paarTage vor mir hätte – und das war es«, sage ich. »Das würde ich tun. Ich würde mir keine Sorgen mehr machen, keine Angst haben und nicht länger in derVergangenheit leben. Ich würde versuchen, auf meine Gefühle zu achten. Du weißt genauso gut wie ich, was die Horde der Stadt antut. Irgendwann kommt sie über den Fluss. Und wenn nicht, werden Ox und seine Männer schon einenWeg finden, uns umzubringen. Du weißt, dass meine Zeit begrenzt ist.«
    Er schließt die Augen. »Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas passiert«, flüstert er. »Ich werde für deine Sicherheit sorgen.«
    »Und was dann?«, frage ich. »Dann überlebe ich nur, um wieder allein zu sein? Und du schleichst dich davon? Das will ich nicht. Ich will dich. Und du musst kapieren, dass du nicht kaputt bist.«
    Er presst die Lippen aufeinander. Die Stille umfängt uns. »Etwas musst du begreifen«, sagt er. Seine Stimme ist viel zu monoton, ohne Höhen und Tiefen oder Gefühl.
    »Was denn?« Mein Herz fängt an zu hämmern.
    Er streckt seine Hand nach mir aus und berührt zärtlich meineWange. »Glaubst du, du könntest dich je schön fühlen?«
    SeineWorte sind so ein Schock für mich, dass ich sprachlos bin. Ich denke an die Nacht, in der Elias mir das Gefühl gegeben hat, schön zu sein.
    Wie lange habe ich auf jemanden gewartet, der mich schön findet. Ich stoße Leute von mir, ehe sie

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