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Die Stadt der verkauften Traeume

Die Stadt der verkauften Traeume

Titel: Die Stadt der verkauften Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Whitley
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ausgemacht hatte, stieß ihn nun ab, er legte sich auf seinen Atem und in seine Haare, wie der Gestank des Versagens.
    Er schüttelte den Kopf und schaute auf den Streifen weißer Haut an seinem Ringfinger, den die Sonne dieses Sommers nicht berührt hatte. Er hatte nichts mehr anzubieten. Gefangene waren keine Menschen. Sie hatten keine Siegelringe mehr. Er sah auf und zwang sich, Ghasts Geplapper zuzuhören. Er würde nicht an die Vergangenheit denken. Heute nicht.
    »Wann ist ein Ende ein Anfang?«, murmelte Ghast vor sich hin und kratzte einen Kreis auf die gegenüberliegenden Wand. »Immer? Bis zum Ende der Zeiten? Nie? Weil jeder Anfang auch ein Ende ist? Oder vielleicht nur manchmal. Was meinst du?« Er hielt inne und lachte. »Immer ja, Sir. Heißt so viel wie nein. Oder manchmal ja. Verstecke jede Bedeutung in den einfachsten Worten, warum nicht? Hast du doch immer so gemacht …«
    Mark vergrub den Kopf in einem alten Stück Sackleinen und versuchte, das Licht auszublenden. Es war einfacher, wenn er schlief, dann verging die Zeit schneller.
    Er hörte das Rasseln der Schlüssel und die schweren Schritte eines der Gefängniswärter. Stimmen außer Hörweite, dann Schritte von einem weiteren Stiefelpaar. Aber leiser, entschlossener.
    Dann das forsche Klopfen eines Spazierstocks auf dem Steinboden.
    Mark schleuderte das Leinenstück weg und richtete sich mühsam auf. Eine Gestalt in einem langen schwarzen Mantel betrachtete Ghast interessiert.
    »Snutworth?«, krächzte Mark. Es war schon einige Tage her, seit er zuletzt gesprochen hatte.
    Die Gestalt drehte sich um. »Ganz recht, Mr Mark.«
    Snutworth stand fast reglos da. Das wenige Licht, das es in der Zelle gab, fiel schräg auf sein Gesicht und brach sich dumpf leuchtend auf dem silbernen Knauf seines Spazierstocks. Mark wartete darauf, dass Snutworth das Schweigen brach, aber dieser stand einfach nur da und sah ihn an.
    Schließlich war es Mark, der weitere Worte aus sich herauspresste. »Haben sie gesagt, wann meine Anhörung stattfindet?«, fragte er.
    »Mehr als das, Sir. Die Verhandlung hat in Ihrer Abwesenheit stattgefunden«, sagte Snutworth nüchtern, ohne seinen Tonfall zu ändern.
    Mark hielt sich an den Gitterstäben fest.
    »Das können sie nicht machen! Was ist mit meiner Verteidigung …?«
    »Ihnen ist eine Verteidigerin zugeteilt worden. Sie hat Ihren Fall klug und wortreich vorgetragen.«
    »Aber ich hätte selbst dabei sein müssen!«, schrie Mark, so laut es ihm sein geschwächter Zustand erlaubte. Sogar Pauldron hatte bei seinem Prozess dabei sein dürfen.
    »Die Anwesenheit des Angeklagten ist von Gesetz wegen nicht erforderlich«, erwiderte Snutworth mit ausdrucksloser Stimme. »Es sei denn, sie wird ausdrücklich von der Staatsanwaltschaft oder von den Opfern gewünscht. Ich vermute, dass Miss Lily den Sergeanten zur Bekräftigung ihres Einspruchs einsetzen wollte. Gefangene haben keine Rechte.«
    »Aber … aber …« Marks Stimme erstarb. Snutworth anzuschreien war sinnlos. Er hatte Tag für Tag in seiner Zelle verbracht und an dem gearbeitet, was er bei der Verhandlung sagen wollte, und das alles war umsonst gewesen. Jetzt gab es nur noch eine Frage, die er stellen konnte.
    »Und … das Urteil?«, fragte er.
    »Schuldig im Sinne der Anklage.«
    Mark spürte, wie seine Finger um die Gitterstäbe nachgaben. »Aber schuldig … wessen denn?«, fragte er. Die Worte brachen jetzt aus ihm hervor. »Ich habe nichts getan – jedenfalls nichts, was alle anderen nicht auch tun …«
    »Es gab da einen kleinen Kunstfehler, eine Art Amtsmissbrauch«, fuhr Snutworth langsam fort. Seine Augen bewegten sich nicht, seine Hände lagen locker auf dem Spazierstock. »Außerdem Bestechung und Korruption. Und Miss Devine legte uns Beweise für einen Fall der Behinderung des freien Verkaufs von Gefühlen vor. Das Gericht zeigte sich sehr überrascht darüber, woher Sie die Zeit für Ihre Verbrechen nahmen …«
    »Ich habe nicht … Ich …« Mark versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Hatte er das tatsächlich getan? So viele Besprechungen, so viele Entscheidungen zu treffen und Verträge abzuschließen … Verträge, die er oft kaum gelesen hatte …
    »Nachdem sich ihre schlimmsten Taten gegen das Direktorium gerichtet haben, muss keine Wiedergutmachung gezahlt werden. Deshalb war auch Ihre Anwesenheit vor Gericht nicht erforderlich.« Snutworth trat dicht vor Mark und sah ihn mit kalten Augen an. »Sie wurden zum Besitz des Direktoriums erklärt.

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