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Die Stadt der verkauften Traeume

Die Stadt der verkauften Traeume

Titel: Die Stadt der verkauften Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Whitley
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ungeduldige Stimme.
    »Mach schon auf! Der Graf hat uns pünktlich zur vierten Stunde nach Mitternacht herbestellt. Ich bin es nicht gewohnt, mich zu dieser Zeit vom Bett zu erheben.«
    Mark zog die schwere Tür auf und murmelte eine Entschuldigung. Im nächsten Augenblick wurde er von einem jungen Mann in einem dicken braunen Mantel beiseitegeschoben. Er funkelte Mark finster an, riss sich einen Dreispitz vom Kopf und schüttelte eine Mähne roter Haare aus.
    »Ist es bei dir üblich, die Gäste deines Meisters draußen in der Kälte warten zu lassen, Junge?«, erkundigte er sich und schleuderte Mark den Hut in die Hände.
    Mark verzog wegen des Huts das Gesicht, murmelte aber, dass er noch neu sei.
    Der Besucher stieß ein freudloses Lachen aus. »Mach nur so weiter, dann wirst du sehr schnell wieder irgendwo neu sein.« Er schälte sich aus dem Mantel und warf ihn in Marks Arme.
    »Kümmern Sie sich nicht um den Jungen, Laud. Wir vergeuden nur unsere Zeit, wenn wir uns mit der Dienerschaft streiten.«
    Mark fühlte zwei weitere Mäntel in seine Arme fallen, nachdem nun zwei Männer eingetreten waren, die einen winterkalten Hauch Nachtluft mit sich brachten. Der Sprecher war ein freundlich aussehender älterer Mann, der sich auf einen Spazierstock stützte, der andere, ein Mann im mittleren Alter in förmlichem Schwarz, sagte nichts. Der ältere Mann hüstelte.
    »Wir begeben uns wohl besser nach oben. Sag mal, Junge«, damit wandte er sich an Mark, »hat dein Meister zu dieser unnatürlichen Stunde ein Frühstück angefordert?«
    Mark nickte, obwohl ihm dabei das Herz in die Hose rutschte. Er hatte in seinem ganzen Leben noch nie etwas gekocht. Die Männer schienen damit zufrieden.
    »Dann bring es nur rasch hinauf«, befahl der rothaarige Besucher, ehe er sich an den älteren Mann wandte. »Kommen Sie, Sir, wir dürfen den Grafen nicht warten lassen.«
    Mark stolperte die Treppe in die Küche hinunter und wünschte, der Graf hätte ihn vorgewarnt, wie früh diese Besucher kommen würden. Für ihn war dies jedenfalls nicht »Morgen«. Er riss hastig sämtliche Schränke auf und suchte nach etwas Essbarem. Sie hatten genügend Vorräte, doch das Fleisch war noch roh, die Eier ungekocht. Als er so in der alten Küche stand, wurde Mark klar, dass er noch nicht einmal wusste, wie man den Herd anfeuerte. Das Klingeln der Glocke des Grafen riss ihn aus seinen Gedanken, und er hoffte inständig, dass Lily irgendwo, trotz ihrer Eile, ein paar Anweisungen hinterlassen hatte, auf denen vermerkt war, was der Graf am liebsten aß.
    Ein paar Minuten später warf er einen Blick auf das, was er gefunden hatte. Selbst ihn, hungrig wie er war, führte das übrig gebliebene Stück Schinken, das er in einem der dunkleren Schränke entdeckt hatte, nicht in Versuchung, auch nicht, nachdem er ringsum selbstgebackenes Brot aufgetürmt hatte. Er hoffte, dass das von der beißenden Flüssigkeit in der dicken Flasche wieder wettgemacht würde. Sie sah ein bisschen so aus wie die alte Rumflasche seines Vaters, roch aber fruchtiger und viel älter.
    Grimmig lud er alles auf ein Tablett und machte sich an den langen Aufstieg zur Turmspitze. Auf den letzten Stufen blieb er jedoch wie angewurzelt stehen. Die Tür am Ende der Treppe war nur angelehnt. Lily hatte ihm schon vom Observatorium erzählt, und eines war sicher: Der Graf ließ die Tür niemals offen stehen. Mark fröstelte. Lily hatte nie mehr zu tun gehabt, als zu klingeln und das Essen durch die Luke zu schieben. Mark hatte es ebenso tun wollen, um auf diese Weise dem Zorn des Grafen zu entgehen. Das konnte er sich nun aus dem Kopf schlagen.
    Vorsichtig, das Tablett auf einer Hand und der Schulter balancierend, klopfte Mark an. Sein Klopfen hallte dumpf, doch es kam keine Antwort. Also drückte er die Tür auf.
    Dahinter zeigte sich ein rundes Vorzimmer, das nur dürftig von zwei alten Öllampen erhellt wurde. In der Mitte des Raums wand sich eine schmiedeeiserne Wendeltreppe nach oben und durch die Decke, die mit spitzen Sternen verziert war. Von dort oben hörte Mark die grollende Stimme des Grafen, gerade so weit gedämpft, dass er nichts verstand, und dann die schneidende Stimme des rothaarigen Mannes, der ihm antwortete. Mark verließ aller Mut. Es war schwer genug gewesen, durch die Tür zu gehen, doch nun sah es aus, als müsste er dort hinaufsteigen und mitten in ihre Unterhaltung platzen. Er zögerte unschlüssig.
    »Willst du den ganzen Tag dort warten?«
    Mark zuckte

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