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Die Stadt der verkauften Traeume

Die Stadt der verkauften Traeume

Titel: Die Stadt der verkauften Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Whitley
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schielte noch einmal zu der Münze hinüber.
    Snutworth schloss die Finger über ihr. »Aber es ist etwas, woran man sich halten kann, Mark«, sagte er leise. »Du würdest staunen, wie wichtig das ist.«
    »Snutworth!«, rief plötzlich die Stimme von Mr Prendergast. »Ist der Diener noch nicht da?«
    »Er möchte Ihnen mitteilen, dass der Schrank leer ist, Sir«, rief Snutworth nach oben und zwinkerte Mark zu.
    Mark lächelte ihn dankbar an.
    »Spielt keine Rolle, Snutworth. Wir brauchen den Jungen für etwas anderes. Schicken Sie ihn herauf.«
    »Selbstverständlich, Sir«, sagte Snutworth. Mark machte einen Schritt zurück, aber Snutworth legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm. »Mein Herr verfügt über etwa vierhundertzweiunddreißig verschiedene Stimmlagen. Die eben war eindeutig nicht wütend. Ich würde eher auf Neugier tippen, mit einem kleinen Hauch von Selbstgefälligkeit.« Snutworth schob Mark zum Fuß der Treppe. »Und das ist ohne Frage eine seiner angenehmeren Launen. Sieht ganz so aus, als würdest du deinen Weg in der Welt machen.«
    Mark legte eine Hand auf das Geländer, spürte das kalte Eisen an der Handfläche. Noch einmal drehte er sich zu Snutworth um, der ihm ermutigend zunickte. Dann atmete er tief durch.
    Als er die Stufen erklomm, auf den Kreis aus hellem Lampenlicht in der Decke zuging, schwand sein neu gewonnenes Selbstvertrauen. Wenn er nur das Geringste falsch machte …
    Er hatte schon welche gesehen, die niemand nehmen wollte: »Ausschuss« wurden sie genannt. Sie rotteten sich in den Straßen zusammen und hofften auf irgendwelche Abfälle. Sie baten niemanden mehr um Hilfe, denn sie hatten im Gegenzug nichts zu geben.
    Das Licht wurde heller. Marks Finger schlössen sich fester um das Geländer.
    Mit einem Mal ging das düstere Zwielicht des unteren Raums in gebohnerten Glanz über. Als Mark einen ersten Blick auf das Teleskop erhaschte, wurden seine Augen größer als jemals zuvor. Der gewaltige, komplizierte Monolith aus schimmerndem Messing beherrschte die gesamte Mitte des Raums und schob sich durch die gläsernen Wände nach draußen. Und dahinter, hinter den Fensterscheiben, schienen die Sterne auf ihn niederzustürzen; so viele blinkten am klaren Nachthimmel, und alle waren sie so deutlich zu erkennen durch Hunderte miteinander verbundener Fenster.
    »Der Junge zeigt Interesse. Sehr vielversprechend.«
    Die freundliche und ermutigende Stimme von Mr Prendergast. Die Sterne strahlten noch heller.
    »Könnte mir denken, dass er ein würdiger Ersatz für das Mädchen ist«, sagte Mr Laudate, der die Härte in seiner Stimme mit einem singenden Tonfall bändigte. Mark konnte seine Blicke einfach nicht von diesem prächtigen Anblick losreißen.
    »Komm her, Mark.«
    Die Stimme des Grafen polterte durch seine Gedanken. Plötzlich waren alle Grübeleien über die Sterne und den Himmel aus seinem Kopf verbannt. Er war wieder ein armer Diener, ein Junge, der inmitten dreier mächtiger Männer stand. Er verneigte sich. Dabei fiel ihm auf, dass seine Füße nackt und schmutzig waren. Er ging mit langsamen Schritten vorwärts.
    »Was möchten Sie, Sir?«, fragte er zaghaft.
    »Sieh her, Mark.«
    Mark hob den Blick.
    Auf den Gewändern des Grafen glitzerten Goldstickereien. Wie bei einem Hexenmeister aus dem Märchen schimmerten unzählige Sterne auf seinem dunkelblauen Mantel; aber für Mark war das ein Symbol, das mächtiger war als jeder Zauber. Es war das Symbol des Grafen Stelli. Der alte Mann starrte ihn an, und die tiefen Furchen seines Gesichts wirkten im flackernden Kerzenlicht noch dunkler. Mark hatte nicht die geringste Vorstellung, wie alt der Graf sein mochte, doch trotz seiner weißen Haare und der pergamentenen Haut saß er völlig aufrecht da, ohne zu zittern, ganz so, als könnte ihn nicht einmal ein Blitzschlag des Himmels von diesem Ort fortbewegen.
    Neben dem Grafen stand ein mit Unterlagen und seltsamen Messinginstrumenten überhäufter Schreibtisch. Eines dieser Dokumente hielt der Graf ihm entgegen.
    »Lies, Junge«, sagte er mit einer Stimme wie fernes Donnergrollen.
    Mark runzelte die Stirn so konzentriert, dass die Buchstaben beinahe verschwammen.
    »Pri… Prinzipien der Astrologie«, sagte er und bemühte sich, die Worte so auszusprechen, dass man nicht gleich merkte, dass sie ihm überhaupt nichts sagten, indem er sie sich zuerst im Kopf zurechtbuchstabierte und die Silben beim Lesen langsam und gedehnt aussprach. »Das Erste Haus der Waage«, fuhr er mit

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