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Die Stadt der verkauften Traeume

Die Stadt der verkauften Traeume

Titel: Die Stadt der verkauften Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Whitley
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zusammen, und das Tablett rutschte ihm scheppernd aus den Händen. Verzweifelt schnappte er nach der Flasche. Wundersamerweise blieb sie ganz, rollte jedoch über den Boden. Mark fiel auf die Knie und kroch ihr hinterher, bis sie unter einem schwarzen, blank polierten Schuh zum Stillstand kam.
    »Dein Eifer in allen Ehren, mein Junge, aber ich trinke meinen Schnaps lieber aus einem Glas. Das ist ergiebiger.«
    Mark blickte auf. Aus der Dunkelheit tauchten ein neugieriges Lächeln und eine hochgezogene Braue auf, gefolgt von einer ausgestreckten Hand. Mark ergriff sie. Die Haut war rau, aber als der Mann ihm aufhalf, bemerkte Mark, dass seine Fingernägel im Licht der Lampe glänzten, als seien sie poliert worden. Zwischen zwei Fingern schimmerte etwas Goldenes.
    Mark stand auf, die Flasche fest in der Hand. Nun sah er sich genauer um und erkannte in dem Mann den dritten Besucher, den, der nichts gesagt hatte. Kein Wunder, dass Mark ihn nicht gesehen hatte: In seiner förmlichen dunklen Kleidung war er im Schummerlicht fast unsichtbar. Selbst sein Haar, schon bei normaler Beleuchtung von unauffälligem Braun, schien in diesem Dämmerlicht mit den Schatten zu verschmelzen und ließ seine grünen Augen, die den Glanz der Lampen widerspiegelten, umso heller erscheinen.
    »Vielen Dank, Sir … ich …« Mark gestikulierte hilflos in Richtung Schinken, der auf dem Boden lag.
    Der Mann lachte. »Mich musst du nicht ›Sin nennen, Junge. Ich bin nur ein Diener, genau wie du. Und mach dir keine Sorgen wegen des Essens. Soweit ich aus verlässlichen Quellen weiß, kommt der Graf tagelang ohne Essen aus. Und was seine Gäste angeht« – der Mann ließ den goldenen Gegenstand beiläufig zwischen den Fingern hin- und herwandern –, »so ist mein eigener Meister, der Ehrenwerte Mr Prendergast, ein Vegetarier und Antialkoholiker, womit du ihn vor der gesellschaftlichen Verlegenheit bewahrt hast, das angebotene Essen ablehnen zu müssen.«
    »Und was ist mit dem rothaarigen Mann?«, wollte Mark wissen.
    Der Mann lächelte. »Ich finde, Mr Laudate sollte sich gegenüber Dienern erst einmal anständiger aufrühren, wenn er von ihnen ordentlich bedient werden möchte, nicht?«
    Das Lächeln des Mannes wurde zu einem breiten Grinsen. Auch seine Zähne wirkten erstaunlich hell in dem düsteren Zimmer. Mark konnte der Versuchung nicht widerstehen und lächelte zurück. Dann bückte er sich und hob den Schinken auf.
    »Wie heißt du, Junge?«, fragte der Mann und beugte sich plötzlich vor.
    »Mark«, murmelte er, während er die Reste des Frühstücks aufklaubte. Der Mann stieß einen zufriedenen Seufzer aus.
    »Ein guter Name ist das, Mark. Kräftig, einfach. Auf so einen Namen kann man bauen. Dann verrate mir doch, Mark, weißt du, was das hier ist?«
    Mark blickte auf. Der Mann streckte ihm seine Hand entgegen, in der er noch immer den kleinen goldenen Gegenstand von einem Finger zum anderen wandern ließ. Es war so etwas wie eine Metallscheibe.
    »Nein, Sir«, sagte Mark.
    »Bitte«, erwiderte der Mann. »Was hab ich dir zu diesem ›Sir‹ gesagt? Ich heiße Snutworth.« Als er sah, dass Mark ihn ungläubig anstarrte, fugte er hinzu: »Meine Eltern waren mit Vielem gesegnet, Mark, aber Weitsicht bei der Wahl meines Namens gehörte nicht dazu. Es würde mir ja nichts ausmachen, aber er ist nun mal ein ziemlicher Brocken, und wenn man ihn abkürzt, wird es nur noch schlimmer.« Snutworth kicherte, und Mark stellte zu seiner Verwunderung fest, dass er in das Kichern einstimmte.
    »Wie dem auch sei«, fuhr Snutworth fort und hob verschwörerisch den Finger. »Ich sage dir, was das ist, Mark …« Er beugte sich dicht zu ihm und hielt die Scheibe zwischen Daumen und Zeigefinger. »Es ist eine … Marke!« Er ließ die Scheibe in Marks Hand fallen und richtete sich triumphierend wieder auf.
    Mark betrachtete das Ding in seiner Hand. Es sah aus wie die Scheibe eines Siegelrings, war aber von einer unbekannten Schrift bedeckt, die er nicht lesen konnte, und in der Mitte war ein Porträt von jemandem zu sehen, der zur Seite schaute.
    »Was ist das?«, fragte Mark.
    Snutworth nahm ihm das Ding mit einer eleganten Handbewegung wieder ab. »Dies ist ein Stück Geschichte, Mark. Eine Marke, die etwas Echtes repräsentierte. Eine Illusion. Sie nannten das damals eine Münze. Menschen hätten für solche Münzen getötet. Nun, das haben sie auch oft getan.«
    Mark sah ihn ungläubig an. »So hübsch ist sie auch wieder nicht«, sagte er und

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