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Die Stadt der verkauften Traeume

Die Stadt der verkauften Traeume

Titel: Die Stadt der verkauften Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Whitley
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wachsendem Selbstvertrauen fort, »findet sich in der Kon … Konstellation des …«
    »Das genügt!« Die Hand des Grafen kam auf ihn zu. Mark zuckte zusammen, doch alles, was sein Meister ihm gab, war eine Schreibfeder, an deren äußerstem Ende noch ein paar Federflusen hafteten.
    »Zeichne das ab, Mark«, sagte der Graf und deutete auf ein Schaubild.
    Mark zögerte. Das Bild zeigte eine eigenartige, rechteckige Kiste, die um mehrere, grob kreisförmig angeordnete Punkte gezeichnet war. Mark tauchte die Feder in das verzierte Tintenfässchen, so wie er es bei Lily gesehen hatte, und setzte sie auf einen Bogen Pergament. Die Tinte trat aus, kleckste ein wenig, aber Mark schaffte es, obschon er wohl wusste, dass die Besucher sich vorneigten und ihm über die Schulter sahen. Die Zeichnung nahm bereits Formen an, als Mr Laudate ungeduldig zischte, so laut, dass Mark zusammenzuckte und das Pergament zerriss.
    »Bei allem Respekt, Graf Stelli«, sagte er und blickte Mark finster an, »das gehörte nicht zu unserer Abmachung. Ich habe mich mit dem Mädchen einverstanden erklärt, ohne es gesehen zu haben, allein deshalb, weil der Brief, den es an Sie geschrieben hat, von einiger Intelligenz zeugte. Aber diesem Jungen hier das nötigste Grundwissen beizubringen, dürfte Monate dauern.«
    »Monate, von denen wir mehr als genug haben, Laud«, erwiderte der Graf, mit einem Unterton seines üblichen Donners in der Stimme. »Wie seltsam, dass gerade die Jugend, die über so viel Zeit verfügt, immer besonders ungeduldig ist.« Er erhob sich steif aus seinem Sessel, eine Hand auf einem verzierten Stock. »Oder möchten Sie es lieber selbst tun?«
    Einen Moment lang glaubte Mark, einen ängstlichen Ausdruck in Laudates Augen zu entdecken, und er fragte sich, worauf dies alles hinauslaufen sollte. Dann wurde seine Aufmerksamkeit vom Pochen des Stocks auf dem Steinboden wieder auf den Grafen gelenkt. Die Augen des alten Mannes blickten stechend aus seinem Gesicht heraus, musterten ihn von oben bis unten.
    »Ich glaube, es ist an der Zeit, deinen Vertrag ordentlich aufzusetzen, Mark«, sagte der Graf. »Dein Abkommen mit meiner früheren Dienerin genügt nicht für einen zukünftigen Gehilfen.«
    »Hat der Junge überhaupt Talent?«, fragte Laudate mit bebender Stimme.
    Mark dachte, er sei wütend, und wollte sich umdrehen und gehen, aber Mr Prendergast trat vor und tätschelte Mark den Kopf. Seine Hand roch nach Duftöl.
    »Der Junge kann lesen, das ist schon mal eine gute Voraussetzung. Und der Graf wird nicht jünger. Er hat keine Familie, die seine ehrwürdige Aufgabe weiterführen könnte.«
    Laudate blickte jäh auf. »Ich dachte …«
    »Niemanden«, pflichtete der Graf seinem Vorredner bei und bedachte Laudate mit einem Blick, der keine Widerrede duldete.
    Der junge Mann hielt dem Blick einen Moment lang stand, dann sah er zur Seite. Mark, der so tat, als hätte er nichts davon bemerkt, widmete sich wieder seiner Aufgabe und malte die letzten Punkte in das Bild.
    »Sir?«, sagte er und hielt das Blatt in die Höhe.
    Der Graf nahm es entgegen, betrachtete es aufmerksam und hielt es dann hoch. Durch das Fenster hinter ihm sah Mark den Nachthimmel in all seiner Schwärze. Dann … sah er sie. Die fünf Sterne, fast zu einem Kreis angeordnet, irgendwo dort draußen in der Dunkelheit, die Sterne, die er gezeichnet hatte. Dass er etwas so Gewaltiges in so kurzer Zeit erfasst hatte, ließ ihn lächeln.
    »Das genügt für heute«, murmelte der Graf. »Wir machen weiter, sobald meine Gäste wieder weg sind. Jetzt geh und schlaf, bis die Sonne aufgeht.«
    Mark entfernte sich rückwärts, weg von dem strengen Blick des Grafen und dem breiten Lächeln Prendergasts. Seine Schritte wurden leichter, als er die Treppe erreichte. Snutworth, der ohne Frage am Fuß der Treppe gelauscht hatte, ergriff seine Hand und schüttelte sie, aber Mark nahm ihn kaum wahr.
    Den Kopf voller. Sterne und Visionen, ging er nach unten. Seine Gedanken bestanden nur noch aus funkelnden Lichtern. Der Graf hatte ihn – aus welchen Gründen, die nur die Sterne kennen mochten – zu seinem Gehilfen gemacht! Schon überlegte er, was er Lily schreiben würde, aber er wusste noch nicht genau, ob er ihr auch schreiben sollte, dass er an ihrer Stelle angenommen worden war. Warum sollte er die herrliche Nachricht, dass seinen Tage als Küchendiener vorbei waren, trüben, noch ehe sie so richtig begonnen hatten? Er ging beim besten Sterndeuter von Agora in die Lehre!

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