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Die Stadt der verkauften Traeume

Die Stadt der verkauften Traeume

Titel: Die Stadt der verkauften Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Whitley
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hatte, wirklich gewachsen war. Einen Moment lang fragte sie sich, wie wohl die richtige Antwort auf seine Frage lautete. Und dann, als amüsiere sie sich über einen kleinen privaten Scherz, verstand sie, worauf er hinauswollte. Es spielte überhaupt keine Rolle, was sie sagte. Er wollte sehen, ob sie selbstbewusst genug war, eine eigene Antwort zu geben.
    »Das werden Sie ohnehin tun«, sagte sie und hob eine Augenbraue. »Warum also sollte ich nein sagen?«
    Der Inspektor brummte zufrieden. »Ganz recht. Lassen Sie mich also Folgendes sagen: Wenn Sie wirklich glauben, hiermit irgendetwas Gutes zu tun, dann machen Sie sich keine Vorstellung von der Menge der Schuldner oder armen Teufel in dieser Stadt.« Der Inspektor erhob sich. Seine Stimme stand vernünftig und entschlossen. »Sie werden damit scheitern und Ihren spärlichen Besitz so lange hineinstecken, bis Sie selbst zu Schuldnern werden. Wenn Sie glauben, Sie könnten etwas aus dem Nichts erschaffen, dann sind Sie Narren, Sie alle miteinander, überhebliche Narren.« Er hielt inne. Sein Blick wanderte durch den ganzen Tempel und seine Augen glitzerten im farbigen Licht, das durch die bunten Glasfenster hereinfiel. »Wie dem auch sei, als ich das letzte Mal nachgesehen habe, gab es noch kein Gesetz gegen Dummheit.« Er lächelte, aber seine Augen waren ernst. »Schreiben Sie alles auf, und leiten Sie es an mich weiter, ich werde diesen Fall persönlich im Auge behalten. Mein Ratschlag an Sie wäre, mit diesem Unsinn sofort aufzuhören. Wobei ich mir durchaus bewusst bin, dass Sie ihn nicht annehmen werden. Guten Tag, Miss Lilith.«
    Der Inspektor nickte kurz, schaute sich ein letztes Mal um und verließ den Tempel, wobei er die Tür sachte hinter sich schloss.
    Einen Augenblick sahen sich Lily und Benedikta schweigend an. Dann ließ sich Lily erschöpft auf eine Kirchenbank sinken, und Benedikta brach in schallendes Gelächter aus.
    Lily runzelte die Stirn. »Mir ist es nicht besonders lustig vorgekommen«, sagte sie.
    »Wen kümmert es schon, was er gesagt hat?« Benedikta grinste. »Er wäre doch so oder so nicht davon begeistert gewesen, oder? Wichtig ist, dass sie dich nicht daran hindern werden!«
    »Uns, Benedikta«, sagte Lily. Ein müdes Lächeln huschte über ihr Gesicht, und sie versuchte, den Gedanken in ihrem Hinterkopf zu ignorieren, der ihr aufdringlich in Erinnerung rief, dass Inspektor Greaves durchaus recht haben könnte. Aber Benediktes Begeisterung war ansteckend.
    »Nett von dir, das zu sagen, Lily, aber es war deine Idee«, sagte Benedikta verträumt. »Ich habe die Signora noch nie so glücklich gesehen. Und ich weiß, dass wir etwas bewirken werden, du, ich, mein Bruder und meine Schwester, wenn sie je auftauchen … Ich weiß es einfach! Sie sind Experten darin, etwas bekanntzumachen und anzupreisen. Du wirst schon sehen. Gib ihnen nur eine Woche und wir werden genug reiche Förderer haben, die unbedingt bei dieser Sache mitmachen wollen!«
    Lily schüttelte erstaunt den Kopf. »Das wird nicht passieren, Ben«, sagte sie. »Überleg doch mal: Dieser Ort hier … Er ist ganz anders als alles, was sie je gesehen haben. Wir können froh sein, wenn wir auf lange Sicht überhaupt den einen oder anderen Förderer kriegen. Wir haben alles, was wir haben, in diese Sache gesteckt, und wenn es schiefgeht …«
    »Dann geht es eben schief«, sagte Benedikta leise und mit ernsterem Gesicht. »Und falls es so weit kommt, werden wir auch damit zurechtkommen.«
    Es klopfte erneut an der Tür. Sofort glänzten Benediktas Augen wieder, und ihr Lächeln kehrte zurück, als ob es nie weg gewesen wäre.
    »Das sind sie!«, sagte sie, während sie davoneilte, um die Tür zu öffnen. »Ich bin mir sicher, dass du sie mögen wirst, Lily, sie sind genau das, was wir brauchen …« Sie öffnete die Tür und hüpfte vor Aufregung. »Gloria! Komm rein und mach dich mit Lily bekannt.«
    Lily sah eine ihr bekannte junge Frau den Tempel betreten. Das lockige rote Haar reichte ihr fast bis zur Hüfte, und sie wirkte blasser und dünner als je zuvor, aber es bestand kein Zweifel daran, dass es die Gestalt war, die sie durch Miss Devines Laden hatte huschen sehen – und auch nicht an der Freude, mit der sie ihre Schwester umarmte.
    Den jungen Mann, der nach ihr hereinkam, kannte sie nicht, aber auch er trug eine unverwechselbare rote Wuschelmähne. Er sah sich mit gerunzelter Stirn im Tempel um und lief direkt an Lily vorbei, als sie ihm die Hand hinstreckte.
    »Da

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